Der Löwe war in zurückliegenden Zeiten nicht nur das beliebteste Wappentier, gern gewählter Namenszusatz („Heinrich der Löwe“), Abbild auf Orden und Ehrenzeichen sowie häufiger Fabelgegenstand. Da er als „König der Tiere“ Mut, Kraft und Königlichkeit symbolisiert, wurde er auch gern plastisch dargestellt, als Steinskulptur oder Metallguss – so auch in Putbus, der einstigen fürstlichen Residenz.
Am 15. August 1817 wurde der Grundstein für ein wichtiges Gebäude gelegt – das 1819 fertiggestellte Badehaus in der Goor, einem Waldgebiet bei Putbus-Lauterbach. Nach baulichen Veränderungen 1820 und 1824, bei denen die ursprüngliche Dreiflügelanlage erweitert und mit einem Vorbau samt 18 hölzernen Säulen versehen wurde, erschien das spätere Friedrich-Wilhelm-Bad jetzt wie aus einem Guss. Bald reparaturbedürftig, wurde 1831 bis 1834 für circa 28.000 Reichstaler die zweite Fassung des Badehauses nach Plänen – wahrscheinlich – von Johann Gottlieb Steinmeyer geschaffen, teils durch Rekonstruktion, teils durch Umbau. So wurden die hölzernen Säulen durch 18 dorische aus Stein ersetzt, drei Freitreppen führten nun in die Kolonnade. Die mittlere der Treppen schmückten zwei liegende Löwen aus Zinkguss nach Entwürfen von Christian Daniel Rauch.
Zwei ebenfalls nach Entwürfen von Rauch geschaffenen Zinkgusslöwen zierten darüber hinaus die 1836 fertiggestellte, zum Schlossteich zeigende Westfassade des Putbusser Schlosses. Sie befanden sich auf dem offenen Hof über dem Sockelgeschoss. In der Rügen-Literatur wird angenommen, dass diese Löwen mit denen am Badehaus „in enger Verbindung“ standen, sie waren also ähnlich oder identisch. Über ihren Verbleib im Wandel der Zeitläufte ist allerdings nichts bekannt.
Nach einem Brand des Schlosses im Dezember 1865 wurde 1867 der Wiederaufbau begonnen und 1872 abgeschlossen. Zur „Bewachung“ der zum Säulenvestibül des Schlosses führenden Rampe an der Parkseite wurden nun zwei Löwenskulpturen aus italienischem Carrara-Marmor aufgestellt. Nach 1945 verschwanden die Löwen; sie sollen eine Zeitlang vor der russischen Kommandantur in Greifswald gestanden haben. Da sie für den dortigen Standplatz zu groß waren, soll man ihnen – wie heute noch zu sehen – kurzerhand die Schwänze „gekürzt“ haben. Schließlich wurden sie im Garten des Krankenhauses der Grenzpolizei in Greifswald aufgefunden. Nach einem Ersuchen des Putbusser Gemeindevertreters an das Kommando der Grenzpolizei in Königs Wusterhausen erfolgte die Rückführung im September 1965. Zunächst im Schlosspark für den nördlichen Zugang zur Kastanienallee vorgesehen, standen sie zeitweise vor der Gartenseite der 1824 erbauten, 1853 neu gestalteten Orangerie. Letztlich fanden sie unter Mitwirkung des Berliner Restaurators Carlo Wloch ihren Platz als Leihgabe der Familie von Putbus vor dem 2007 als Vier-Sterne-Hotel eingeweihten ehemaligen Badehauses in der Goor.
Laut Carlo Wloch können die Löwen keinem konkreten Bildhauer zugeordnet werden. Vermutlich wurden sie „im Paket“ mit anderen Steinmetzprodukten über einen Vermittler preiswert in Italien gekauft.
Mit den steinernen Schloss- und späteren Badehaus-, respektive Hotel-Löwen ist eine amüsante Geschichte verbunden: Der Historiker Ernst Wilhelm Joachim Bruchmüller schildert in seinen 1899 bei Julius Abel in Greifswald erschienenen „Erinnerungen an Rügen und die Ostsee“ den Besuch von Putbus, das ihn auf den ersten Blick ein wenig enttäuschte. Aus dem einst führenden Badeort Rügens mit vielköpfigem Badepublikum aus allen Gegenden Deutschlands sei ein stiller Ort geworden, der nicht mehr mit anderen an der See gelegenen neueren Badeorten wetteifern könne. Das Sehenswerteste in Putbus seien nun der Park und das Schloss, „aber dies allein belohnt auch schon reichlich für den Besuch“. Bei der Annäherung an das Schloss bemerkte Bruchmüller am Eingang drei junge Damen, die sich bei ihrer mit Eifer und wohl auch erfolgreich betriebenen Arbeit nicht stören ließen. Während sich ihr Gebaren aus der Ferne kaum erklären ließ, wurde es beim Näherkommen bald verständlich: „Alle drei schlagen mit kleinen Hämmerchen Locken aus der Mähne der Löwen heraus, es sind reisende Engländerinnen, sie – ‚sammeln‘.“ Tatsächlich kann man in den Marmor-Mähnen der beiden Löwen kleine Fehlstellen bemerken. Ob es sich dabei um das „Arbeitsergebnis“ der drei souvenirsüchtigen Engländerinnen handelt?
Wie schon erwähnt, geriet das Schloss zu Putbus am 23. Dezember 1865 in Brand, angeblich durch Defekt oder Fehlbedienung der nachträglich eingebauten Heißluftheizung. Von Tischler- und Bademeister Johann Christian Katter ist dagegen in seinem Tagebuch zu erfahren, dass in der Küche des Schlosses ein Jahr zuvor gerodetes und zerkleinertes harzreiches Kienholz zum Einsatz kam. Von dessen Flammen habe sich Ruß abgesetzt, „der mit der Zeit wieder in Brand gerät und so das Feuer weiterleitet; und so muß schließlich der ganze Schornstein von unten bis oben gebrannt und schließlich die Hitze den Plafond [die Decke – D.N.] oberhalb der Küche nebst der Dachverschalung in Brand gesetzt haben“. Wäre nicht ein so ungewöhnlich dichtes Nebelwetter gewesen, hätte man den Schornsteinbrand wahrscheinlich schon früher bemerkt, obgleich die Entzündung der Esse von außen nicht zu sehen gewesen sei. Die Putbusser Feuerwehr existierte damals noch nicht, und obwohl laut Stralsundischer Zeitung „aus Putbus und den benachbarten Ortschaften bald viele Mannschaften und Spritzen zur Stelle waren“, wurde das Schloss bis auf das gewölbte Erdgeschoss und die Säulenhalle in großen Teilen zerstört. Ein Arbeiter wurde zwischen den beiden Flügeln des Schlosses durch herabstürzende Teile eines Schornsteins getötet, viele der etwa 150 wertvollen Gemälde, einige Skulpturen, darunter vom dänischen Bildhauer Albert Berthel Thorwaldsen geschaffene Marmorstatuen, Handschriften sowie große Teile der Bibliothek (sie soll zehn- bis zwölftausend Bände umfasst haben) fielen den Flammen zum Opfer. Etwas makaber die Bemerkung von Katter, der Verlust der durch den Brand zuerst zerstörten Schlosskapelle sei nicht zu bedauern, da sie für die Gemeinde ohnehin zu klein und wegen der schmalen Wendeltreppe mit 36 Stufen für Ältere und Gebrechliche auch schwer begehbar gewesen sei.
Die Version Katters zur Brandursache wird durch eine Notiz in der Stralsundischen Zeitung vom 30. Dezember 1865 gestützt, wonach „an dem aus der Küche führenden Schornsteine […] etwa um 3 Uhr Nachmittags zuerst Rauch und Flammen bemerkt“ wurden.
Angeblich, so die Stralsundische Zeitung, hätte es im Jagdschloss Granitz noch am gleichen Tag fast zu einer ähnlichen Katastrophe kommen können: Da man die fürstliche Familie wegen des Brandes hier erwartete, waren hektischen Vorbereitungen zu deren Empfang getroffen worden, bei denen in einem Raum „wahrscheinlich nicht auf den Ofen gehörig geachtet und Kohlen aus demselben gefallen, so daß die Teppiche angebrannt und schon die Tapeten ergriffen waren“.
Der ab 1867 begonnene und 1872 abgeschlossene Wiederaufbau des Schlosses unter Fürst Wilhelm Malte II. zu Putbus wurde unter anderem mit der ausgezahlten Versicherungssumme der Münchener Aktien- und Feuerversicherung in Höhe von 200.000 Talern finanziert.
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