25. Jahrgang | Nummer 15 | 18. Juli 2022

Zur konventionellen Überlegenheit der NATO gegenüber Russland
nebst einigen Anmerkungen für den Kriegsfall

von Wolfgang Schwarz

Ist Polen Russlands nächstes Ziel?
Der Spiegel, 25.03.2022

Steht das Baltikum als Nächstes auf Putins Liste?
n-tv.de, 03.04.2022

Drohung mit Angriff auf Deutschland
t-online.de, 21.06.2022

Seit Beginn des Ukraine-Krieges am 24. Februar 2022 wird die Öffentlichkeit hierzulande ein ums andere Mal damit erschreckt, dass im Falle einer militärischen Niederlage Kiews der Untergang des Abendlandes quasi besiegelt sei. Außenministerin Annalena Baerbock hat beschworen, es ginge „in diesem Krieg nicht nur um die Ukraine, nicht nur um Europa, sondern um uns alle“. Einschlägige Medien (siehe oben) und Experten sekundieren, so etwa der Historiker Karl Schlögel: „Wer der Ukraine zur Kapitulation rät, bereitet auch die Kapitulation Europas oder des Westens vor.“

An vorderster Front ebenfalls prominent mit dabei – Rolf Fücks (siehe auch Antworten in dieser Ausgabe): „Wenn Putin & Co jetzt erfolgreich sind, wird es vermutlich in ein paar Jahren zu einer nächsten Attacke kommen – vielleicht sogar gegenüber den baltischen Staaten. Wenn wir jetzt zurückweichen, weshalb sollte Russland nicht bei nächster Gelegenheit die Nato testen?“

Und NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg stellte im Umfeld des jüngsten Pakt-Gipfels in Madrid klar: „Russland ist kein strategischer Partner mehr. Es stellt die größte unmittelbare Bedrohung unserer Sicherheit und unserer Werte dar.“ Und: „Es darf keinen Raum für Zweifel in Moskau geben. Die Nato verteidigt jeden Quadratzentimeter ihres Bündnisgebiets.“

Um die reale Substanz derartiger Bedrohungsbefürchtungen möglichst hieb- und stichfest, mindestens der eigenen Annahme oder gar Überzeugung nach, zu untermauern, wurde während des Kalten Krieges in der politischen wie militärischen Wissenschaft, von Politik sowie Medien auf beiden Seiten mit militärischen Kräftevergleichen operiert. Zahlenmaterial dafür stand seitens des Ostens infolge der dortigen strikten Geheimhaltung fast bis Ende der 1980er Jahre nicht zur Verfügung, daher wurde – wiederum auf beiden Seiten – gern auf die Angaben der jährlichen Military Balance des Londoner IISS (International Institute for Stratigic Studies) zurückgegriffen. Der Autor weiß, wovon er spricht, hat er doch im damaligen Institut für Internationale Politik und Wirtschaft der DDR (IPW) selbst auf diese Weise gearbeitet.

Die Military Balance erscheint unverändert, auch wenn das IISS inzwischen Mondpreise für deren Erwerb aufruft. (Die aktuelle Taschenbuchausgabe von 2022 schlägt bei Amazon mit knapp 710,00 Euro zu Buche.) Militärische Kräftevergleiche zum Nachweis der russischen Bedrohung hingegen sind im Westen völlig aus der Mode gekommen. Und der Grund dafür liegt auf der Hand: Das Instrument wäre heutzutage völlig ungeeignet, der zuständigen Politik oder auch nur dem öffentlichen Publikum den realen Horror der russischen Bedrohung in Form eines qualifizierten Überlegenheitsnachweises vor Augen zu führen, denn während im nuklearstrategischen Bereich nach wie vor von einem annähernden Gleichgewicht zwischen Moskau und den drei westlichen Atommächten gesprochen werden kann, ergibt sich bei konventionellen Streitkräften ein völlig anderes Bild: In dieser Hinsicht hat sich, wie Richard K. Betts in der aktuellen Ausgabe von Foreign Affairs konstatiert, „das Kräfteverhältnis seit dem Kalten Krieg umgekehrt“. Im Falle eines direkten militärischen Konfliktes mit dem westlichen Bündnis, so Betts, würde „Russland mit der Aussicht konfrontiert […], gegen eine NATO zu kämpfen, die in Bezug auf nichtnukleare Streitkräfte wesentlich überlegen ist“. Wie überlegen, davon vermittelt die diesjährige Ausgabe der Military Balance folgendes Bild:

NATO

Russland

Verhältnis

Landstreitkräfte:

1.550.000

280.000

5,5 : 1

Luftstreitkräfte:

647.000

165.000

3,9 : 1

Seestreitkräfte:

608.000

150.000

4,1 : 1

andere Streitkräfte:

429.000

275.000

1,6 : 1

Kampfpanzer:

9.032

3.387

2,7 : 1

Schützenpanzer:

10.068

6.570

1,5 : 1

Artillerie:

24.901

5.899

4,2 : 1

Kampfflugzeuge:

4.965

1.391

3,6 : 1

Kampfhubschrauber:

1.283

407

3,2 : 1

Flugzeugträger:

16

1

16,0 : 1

Kampfschiffe:

283

73

3,9 : 1

taktische U-Boote:

119

38

3,1 : 1

(Zur Übersicht im Einzelnen hier klicken.)

Erläuterungen:

  • Die Zahlen für Russland stammen aus der Zeit vor dem Ukraine-Krieg. Offizielle Angaben zu den russischen Verlusten gibt es nicht. Von ukrainischer Seite – nicht unabhängig überprüfbar – wurden mit Stand vom 6. Juli 2022 unter anderem folgende Verluste des Gegners geltend gemacht: Truppen – 36.500, Panzer – 1600, Schützenpanzer: 3789, andere Fahrzeuge und Tankwagen – 2648, Flugzeuge – 217, Hubschrauber – 187. Von ukrainischer Seite versenkt wurde das Flaggschiff der russischen Schwarzmeer-Flotte, der Lenkwaffenkreuzer „Moskwa“.
  • Die USA verfügen neben ihren regulären Streitkräften über knapp 1,4 Millionen Mann Nationalgarde (Land, Luft). Einsätze erfolgten sowohl im Ersten Weltkrieg (zwei Fünftel der in Frankreich kämpfenden US-Amerikaner) als auch im Zweiten (190.000 Mann) sowie im Korea-Krieg (140.000 Mann).

Bereits seit der Krim-Annexion von 2014 unternimmt die NATO konzentrierte Anstrengungen, um ihrer konventionellen Überlegenheit gegenüber Moskau im Bereich der zu erwartenden Frontlinie an der NATO-Ostflanke im Falle des Falles möglichst rasch zu operativer Wirksamkeit zu verhelfen. Waren es neben vorgeschobenen amerikanischen Einheiten zunächst nur vier multinationale NATO-Battlegroups von je etwa 800 Mann in den drei baltischen Staaten sowie in Polen, so sollen diese jetzt Brigadestärke (3000 bis 5000 Mann) erreichen und überdies in vier weiteren Ländern (Slowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien) stationiert werden. „Damit stehen in der Region jetzt 40.000 Soldaten unter Nato-Kommando“, so nahm Stoltenberg dieser Tage im Präsens die vorgesehene Zukunft vorweg. Überdies soll die sogenannte schnelle Eingreiftruppe der NATO (NATO Response Force), die seit 2014 von ursprünglich 5000 Mann bereits auf 40.000 aufgestockt worden ist, nunmehr auf bis zu 300.000 Mann gebracht werden – mit Einheiten, die zum Teil binnen zehn Tagen verlegebereit sein sollen, andere binnen 30 oder spätestens binnen 50 Tagen. Noch ist unklar, wie die praktische Umsetzung erfolgen wird, doch die grundsätzlichen Weichen sind gestellt.

Darüber hinaus hat die NATO auf ihrem jüngsten Gipfel in Madrid ein neues „Strategisches Konzept“ beschlossen, dem zufolge wieder eine operative militärische Planung für das gesamte Bündnisgebiet entwickelt werden soll – bis hin zum Einsatz von Großverbänden mit Zuweisung von festen Kräften für einzelne Regionen „vom Nordmeer bis zum Schwarzen Meer“, wie die FAZ vermerkte. „Das war im Kalten Krieg üblich“, rief das Blatt zugleich die Richtung in Erinnerung, in die die Post offenbar abgegangen ist.

In den Kontext der NATO-Vorbereitungen auf einen militärischen Konflikt mit Russland ist nicht zuletzt auch die deutsche Zielsetzung einzuordnen, die Bundeswehr mit einem 100-Milliarden-Sondervermögen sowie „Jahr für Jahr mehr als 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts“ fürs Militär (O-Ton Bundeskanzler Olaf Scholz) wieder deutlich kriegstauglicher zu machen, als sie derzeit ist. Bis 2032 sollen drei mechanisierte Heeresdivisionen mit zusammen 60.000 Mann einsatzbereit sein (siehe ausführlicher Das Blättchen 1/2019).

Hinzu kommt die Erweiterung der NATO um Schweden und Finnland, womit sich die direkte Grenzlinie zwischen Nordatlantikpakt und Russland um etwa 1340 Kilometer verlängert und insgesamt mehr als verdoppelt. Man muss darob nicht gleich euphorisch hyperventilieren wie Kollege Michael Thumann in der ZEIT: „Die beiden Länder verdreifachen die Schlagkraft der Nato in Nordeuropa und verwandeln die Ostsee in ein Nato-Meer.“ Doch bescheinigt die Military Balance 2022 etwa dem kleinen finnischen Heer (13.400 Mann) „eine Mobilisierungsstärke von etwa 285.000“ Mann.

*

Dass die eigene gravierende konventionelle Unterlegenheit gegenüber der Bündnisstärke der NATO in Moskau erkannt ist, darf vorausgesetzt werden. Jedenfalls sind Putins wiederholte Hinweise auf das nukleare Potenzial wie auf Hyperschallwaffen Russlands – Mitte Juni in Sankt Petersburg: „[…] alle sollen wissen, was wir haben und was wir gegebenenfalls einsetzen werden, um unsere Souveränität zu schützen“ – ein sicherer Hinweis darauf, wie Moskau im Falle des Falles seine konventionellen Defizite auszugleichen gedenkt. Auch die Androhung, im Falle eines NATO-Beitritts von Finnland und Schweden russische Atomwaffen auf vorgeschobenen Positionen zu stationieren – für Helsinki und Stockholm quasi in Reichweite „des eigenen Hauses“, so der frühere russische Präsident und jetzige stellvertretende Vorsitzende des Sicherheitsrates der Russischen Föderation, Dmitri Medwedew, – ist in diesem Kontext zu sehen. Ausreichend taktische Kernwaffeneinsatzmittel – das „Nuclear Notebook: How many nuclear weapons does Russia have in 2022?“ der US-amerikanischen Experten Hans M. Kristens und Matt Korda weist eine Anzahl von „1912 nichtstrategischen Gefechtsköpfen […] für operative Streitkräfte“ aus – stehen den russischen Streitkräften jedenfalls zur Verfügung.

*

Exkurs: Der Ansatz als solcher, konventionelle Unterlegenheit nuklear zu kompensieren, ist allerdings ein ganz alter Hut, quasi ein Spiegelbild dessen, was die NATO im Kalten Krieg vorexerziert hatte. Um nochmals Betts zu zitieren: „Heute […] ahmt die derzeitige russische Doktrin […] das Konzept der ‚flexiblen Reaktion‘ der NATO aus dem Kalten Krieg nach.“ Seinerzeit waren mehrere Tausend Kernwaffeneinsatzmittel allein der USA in der BRD disloziert, um die damals wahrgenommene konventionelle Überlegenheit der Sowjetunion und des Warschauer Paktes in Zentraleuropa auszugleichen und um dem Ostblock im Kriegsfall durch frühzeitige Atomwaffeneinsätze einen Sieg zu verwehren. Die zugehörige Militärstrategie hieß Flexible Response.

*

Für den Ausbruch einer direkten militärischen Konfrontation zwischen der NATO und Russland im Kontext des Ukraine-Krieges sind verschiedene Szenarien denkbar, deren jeweilige aktuelle Wahrscheinlichkeit durchaus kontrovers diskutiert werden mag:

  • (vorsätzlicher) Überraschungsangriff (wie im Falle der russischen Aggression gegen die Ukraine);
  • Eskalation des russisch-ukrainischen Kriegsgeschehens (etwa wenn die Ukraine mittels von den USA gelieferter Mehrfachraketenwerfer, für die zum Beispiel Polen ballistische Flugkörper mit bis zu 300 Kilometern Reichweite zur Verfügung stellte, Ziele in der Tiefe Russlands angriffe und dieses, wie für einen solchen Fall angedroht, mit Gegenschlägen gegen amerikanische Ziele antwortete, oder wenn Russland auf eine Zerstörung der Brücke von Kertsch – wie ukrainischerseits debattiert – mit einem Kernwaffeneinsatz à la USA gegen Japan überreagierte, um Kiews Kapitulation zu erzwingen),
  • für Russland besonders provozierende Nadelstiche seitens einzelner NATO-Staaten (wie im Falle der von Vilnius im Juni 2022 verhängten Blockade eines Großteils der russischen Warenlieferungen per Eisenbahntransit über litauisches Gebiet in die Exklave Kaliningrad),
  • ein aus dem Ruder laufender militärischer Zwischenfall (wie der Abschuss eines russischen Kampfjets durch türkische Streitkräfte über Syrien im Jahre 2015 respektive als Folge eines Crashs westlicher und russischer Marine- oder Luftstreitkräfte im Nordpolarmeer, in der Ostsee oder im Schwarzen Meer)
  • und nicht zuletzt, wovor der Politologe Johannes Varwick kürzlich in der FAZ gewarnt hat, dass „Russland aufgrund immer mehr westlicher Waffenlieferungen die Staaten, die dies tun, als Kriegspartei betrachtet und wir, ob gewollt oder nicht, am Ende doch in einen Krieg mit Russland hineingezogen werden“. Gerade berichtete WELT+ zum Beispiel darüber, dass die USA die Ukrainer auch mit Aufklärungskoordinaten zur Bekämpfung hochwertiger russischer Ziele für die von ihnen gelieferten Himars-Mehrfachraketenwerfer versorgen.

Unabhängig davon allerdings, wie ein Krieg zwischen Nordatlantikpakt und Moskau ausbräche, eines würde in jedem Falle gelten: Angesichts der bestehenden konventionellen Unterlegenheit Russlands – wobei die astronomische Diskrepanz in den wechselseitigen Militärausgaben (NATO, 2021: 1.175 Milliarden US-Dollar; Russland, 2021: 65,9 Milliarden US-Dollar), die (kriegs-)wirtschaftlich relevanten Potenzialunterschiede zwischen der NATO und Moskau (BIP: NATO, 2021 – 39.544 Milliarden US-Dollar; Russland, 2021 – 1.756 Milliarden US-Dollar) sowie die gravierend auseinander klaffenden Human-Ressourcen beider Seiten (NATO, ohne Jahr: 949,08 Millionen Einwohner; Russland, 2018: 144,53 Millionen) hier gar nicht mitthematisiert werden – müsste Moskau, wollte es nicht von vornherein auf verlorenem Posten stehen, alles daransetzen, die Entfaltung der konventionellen Bündnisüberlegenheit der NATO vor allem im Bereich von deren Ostflanke gar nicht erst zuzulassen.

Ein solcher Ansatz implizierte die Notwendigkeit einer nicht bloß temporären Zerstörung einer Reihe von militärischen und logistischen, infrastrukturellen Schlüsselzielen in der Tiefe des westeuropäischen NATO-Raumes zu einem möglichst frühen Zeitpunkt des Konfliktes, denn, wie es DER SPIEGEL kürzlich so unnachahmlich ausdrückte, „wenn von hinten nichts kommt, kann vorn nicht geschossen werden“. Zu den in dieser Hinsicht neuralgischen Zielen zählen zuvorderst:

  • zentrale Kommando-, Kommunikations- und Kontrollstäbe sowie -einrichtungen wie etwa das United States European Command in Stuttgart-Vaihingen*;
  • die Ramstein Air Base als Luftdrehkreuz und Hauptquartier der United States Airforces in Europe;
  • alle größeren Luftwaffenstützpunkte, um die überlegenen Luftstreitkräfte der NATO zu dezimieren;
  • große zivile Flughäfen (wie Frankfurt/M., München, BER), um die Zuführung von Unterstützungskräften aus Übersee auf dem Luftweg zu blockieren;
  • Hafenanlagen (wie in Rotterdam, Bremen/Bremerhaven, Hamburg, Rostock, Danzig), um die Anlandung von Truppen und Nachschub aus den USA zu erschweren;
  • Haupteisenbahn- und -straßenverbindungen in West-Ost-Richtung sowie die wenigen schwerlastfähigen Brücken über Elbe, Oder und Weichsel, um Militärtransporte an die NATO-Ostflanke zu behindern;
  • Großdepots für schwere Waffen, Munition, Treibstoff und andere Nachschubgüter in Deutschland und anderenorts;
  • die US-Raketenabwehrstützpunkte in Rumänien und Polen;
  • jene Luftwaffenstützpunkte in Belgien, Deutschland, Italien, den Niederlanden und in der Türkei, auf denen taktische US-Kernwaffen lagern, um nichtstrategische Atomwaffeneinsätze der USA gegen Russland zu verhindern.

Ob Russland allerdings in der Lage wäre, eine solche Zielpalette ausschließlich mit konventionellen Mitteln auszuschalten, oder ob Moskau angesichts der umfassenden konventionellen Überlegenheit der NATO im Falle eines direkten militärischen Konfliktes mit dem Nordatlantikpakt nicht von vorn herein davon ausginge, dass die Existenz des russischen Staates auf dem Spiel stände – was nach der geltenden russischen Militärdoktrin einer von lediglich zwei Fällen wäre, für die sich Moskau den Einsatz von Atomwaffen ausdrücklich vorbehält –, das ist eine ebenso existenzielle wie offene Frage. Man mag die zweite, die atomare Variante für wenig wahrscheinlich halten – angesichts des Risikos, dass jede Verwendung von Kernwaffen in einem Konflikt zwischen Nuklearmächten zu einem unbegrenzten, apokalyptischen Schlagabtausche eskalieren könnte. Doch, da ist Richard K. Betts unzweifelhaft zuzustimmen: „Wenn es […] um Atomwaffen geht, sind sehr niedrige Wahrscheinlichkeiten nicht gut genug.“

Daher wäre es unter dem Aspekt der deutschen wie der westlichen Sicherheit höchst fahrlässig, nicht zu begreifen, dass alles, was der Nordatlantikpakt an konventioneller Zurüstung im Allgemeinen und an Verstärkung seiner Kräfte an der NATO-Ostflanke im Besonderen in den letzten Jahren auf den Weg gebracht hat und noch bringen will, die Aussicht auf einen katastrophalen Konfliktverlauf im Falle eines Versagens der Abschreckung nur noch erhöht hat, respektive weiter erhöhen wird.

Eine militärische Lösung für dieses Dilemma gibt es nicht.

P.S.: Zum vielfach kolportierten Menetekel, dass, wäre die Ukraine rasch gefallen, Putin mit dem Baltikum weitergemacht hätte, meinte Johannes Varwick kürzlich: „Diese Annahme halte ich für falsch. Die Balten sind Nato-Mitglieder, das ist ein völlig anderes Spiel. Für die Ukraine gab es keine Beistandsgarantie. Der Glaube, dass Putin nach der Ukraine mit dem Baltikum und Polen weitermacht und übermorgen dann in Westberlin steht, ist komplett abwegig.“ Ein Blick auf das konventionelle Kräfteverhältnis zwischen der NATO und Russland bestätigt Varwicks Diktum.

* – Russland verfügt über die militärtechnischen Mittel, Kommando-, Kommunikations- und Kontrolleinrichtungen der NATO-Streitkräfte in Europa (wie auch deren zivile Pendants im Bereich der sogenannten kritischen Infrastrukturen), die allesamt überwiegend nicht gegen die Zerstörungswirkung elektromagnetischer Impulse geschützt sind, flächendeckend auszuschalten; siehe dazu ausführlicher Blättchen 3/2016.