23. Jahrgang | Nummer 17 | 17. August 2020

Antworten

Thilo Sarrazin, nach 47 Jahren Mitgliedschaft von der SPD Geschasster – Es hat zehn Jahre gedauert und dreier Anläufe bedurft, bis die Bundesschiedskommission – die höchste parteiinterne Schiedsstelle – der SPD nunmehr Ihrem Ausschluss aus der Partei ihren Segen gab und diesen damit verbindlich machte. Den Anlass hatten dereinst Ihre antisemitischen und antimuslimischen sowie rassistischen Äußerungen geliefert, die, so verlautbarte über die Jahre immer wieder aus den Reihen der SPD, den Grundsätzen der Partei widersprächen und ihr großen Schaden gefügt hätten. Wir erinnern uns da noch an Einlassungen wie, dass alle Juden „ein bestimmtes Gen“ teilten. Oder dass eine große Zahl von Arabern und Türken in Berlin keine produktive Funktion habe, außer für den Obst- und Gemüsehandel. Oder dass wir durch Zuwanderer aus der Türkei, dem Nahen und Mittleren Osten sowie Afrika „auf natürlichem Wege durchschnittlich dümmer“ würden.

Nunmehr steht Ihnen noch der Rechtsweg offen, und Sie haben ja auch bereits angekündigt, zur Not bis vors Bundesverfassungsgericht zu ziehen.

Eines aber können Sie schon jetzt für sich verbuchen: Unter den SPD-Verantwortlichen für Parteiausschlüsse dürfte so mancher (mindestens heimliche) Sympathisant Ihrer Auffassungen sein. Denn wie die verfahren, wenn sie sich wirklich auf den Schlips getreten fühlen, das hatte 1977 der Fall Benneter gezeigt. Kaum war Klaus-Uwe B. zum Juso-Vorsitzenden gewählt worden, da war er auch schon hochkant aus der Partei expediert. Die offizielle Begründung lautete, dass B. die in der DDR entwickelte Theorie des staatsmonopolitischen Kapitalismus vertrete, und die sei unvereinbar mit der Programmatik der SPD.

Geht schon!

Wenn man wirklich will.

Michael Müller (SPD), Arbeitssuchender in spe – Ihren Abgang als Regierender Bürgermeister von Berlin haben Sie selbst verkündet. Dass das Ganze mit einer unappetitlichen Rochade verbunden sein soll: geschenkt. In der hohen Politik ist das Postengeschiebe üblich. Aber inzwischen meutern die Figuren auf dem Brett: Juso-Chef Kevin Kühnert schliff im Bundestagsnominierungsgezerre die Mauern Ihrer Hochburg Tempelhof-Schöneberg. Ihre Staatssekretärin Sawsan Chebli will Ihnen den Ausweichwahlkreis Charlottenburg-Wilmersdorf streitig machen. Sie wollen aber immer noch in den Ring. Warum, zum Teufel, tun Sie sich das an?

Katja Kipping (DIE LINKE), gefühlte Vizekanzlerin – Wir verfolgen Ihren Kampf um das politische Überleben Ihrer Partei seit Langem mit großer Empathie. Mit einer gewissen Verwunderung nehmen wir jetzt zur Kenntnis, dass Sie mit Ihren Getreuen die Beteiligung an der nächsten Bundesregierung als quasi oberstes Wahlkampfziel ausgeben. Haben Sie eigentlich registriert, dass der Kanzlerkandidat der SPD, ein gewisser Olaf Scholz, Ihnen bereits prä festum einen Korb auf den Katzentisch gestellt hat? Der Schritt vom Erhabenen zum Lächerlichen ist nur ein kleiner, wusste schon Aristoteles. Aber als gelernte Literaturwissenschaftlerin müssten Sie das eigentlich kennen. Vergessen?

Juan Carlos I., 82, erst emeritierter, jetzt auch noch exilierter König von Spanien – Ihre nicht ganz unbedeutende Rolle beim Übergang Ihres Landes von der faschistischen Franco-Diktatur zur bürgerlich-parlamentarischen Demokratie im Jahre 1975 und bei der Niederschlagung franquistischer Putschisten im Jahre 1981 ist seither häufig und hinreichend gewürdigt worden. Diese Verdienste werden Ihnen bleiben.

Seit etlichen Jahren jedoch treten Sie überwiegend als formidable Skandalnudel in Erscheinung, ja haben sich zum rechten Strolch (O-Ton Berliner Zeitung) gemausert. Erst waren Sie mit einer Frau, die nicht Ihre Frau war, sondern von deutschem Adel – Corinna zu Sayn-Wittgenstein – auf Elefantenjagd im afrikanischen Busch. Zu einer Zeit, als vielen Ihrer Landeskinder wegen einer schweren Wirtschaftskrise das Wasser bis zum Hals stand. Damals rangen Sie sich vor laufenden Fernsehkameras ein müdes „Tut mir leid. Es wird nicht wieder vorkommen.“ ab. Das war allerdings kein Versprechen, dass nun gar nichts mehr vorkäme. Und so war denn seither immer mal wieder von dubiosen Geldgeschäften die Rede, unter anderem mit so unappetitlichen Partnern wie dem saudischen Königshaus. 100 Millionen Euro sollen an Schmiergeld im Zusammenhang mit einem Großauftrag an die spanische Wirtschaft geflossen sein. Ein paar davon sollen Sie Ihrer deutschen Freundin rübergeschoben haben. 65 Millionen, um genau zu sein. Nach anderen Quellen gar die gesamte Summe. Je oller, je doller, fällt einem da doch nur noch ein.

Jetzt aber wurde es wohl selbst Ihrem Sohn und Nachfolger auf dem Thron, Felipe VI., zu bunt. Er hat Ihnen erst die jährliche Apanage von knapp 200.000 Euro gestrichen und Sie nun aus dem Palast gekantet, gar außer Landes getrieben.

Der Sturz war zwar tief, doch natürlich sollen Sie nicht irgendwo in den Slums landen. Von einer Luxus-Bleibe in der Dominikanischen Republik spekulierten die Medien. Zwischenzeitlich wurden Sie in Abu Dhabi gesichtet …

Werden wir demnächst trotzdem wieder von Ihnen hören?

Wir sind da ganz guter Hoffnung, denn schon bisher lautete Ihre Altersmaxime ja offenbar: Ist der Ruf erst ruiniert, …

Saskia Esken (SPD), Wortschöpferin – Es ist nicht ganz klar, ob Ihnen das Copyright gebührt, aber Sie erlangten durch den Gebrauch des Un-Wortes „Covidioten“ eine gewisse Bekanntheit. Wenn das Ihr Ziel war, so haben Sie zumindest die politikwissenschaftliche Packungsbeilage nicht gelesen. Vor dem Gebrauch von volksbeschimpfendem Wortgut werden Spitzenpolitiker dringlich gewarnt. Die Nebenwirkungen können fatal sein. Eine Ihrer Vorgängerinnen stürzte auch über solche Pöbeleien – dafür fasste sie anschließend unter tatkräftigem Zutun Ihres aktuellen Kanzlerkandidaten einen gut dotierten Posten im Management, kürzlich verzuckert mit einer netten Professur, ab. Haben Sie Ähnliches vor?