23. Jahrgang | Nummer 11 | 25. Mai 2020

Antworten

Roland Koch, früherer CDU-Grande – Waren Sie nicht jener Spitzenkader, der, als es um zu jüdischen Vermächtnissen umgelogene illegale Parteispenden für die hessische CDU ging, erst „brutalstmögliche Aufklärung“ versprach und dann einen Parteifreund (Franz Josef Jung; wurde später mit dem Amt des Bundesverteidigungsministers abgefunden) hinhängte, um als hessischer Ministerpräsident nicht selbst zurücktreten zu müssen? Und der dann doch entnervt das Handtuch warf, weil gegen Merkel einfach kein Kraut gewachsen war? Hatten Sie hernach nicht versucht, das Traditionsunternehmen Bilfinger zu ruinieren, das sich schließlich gerade noch rechtzeitig von Ihnen trennte? Mit dieser Biographie sind Sie natürlich geradezu prädestiniert für Ratschläge in der Coronakrise! „Jetzt müssen wir die Fesseln sprengen“, legten Sie los: Die Rückkehr auf den Wachstumspfad erfordere Entlassungen, eine Absenkung der Staatsausgaben für Renten, Bildung, Verkehrswende und andere „wiederkehrende Ausgaben“, eine Deregulierung der Industrieforschung, der Banken- und Lebensmittelaufsicht und des Datenschutzes, der Genehmigungsverfahren für Automobile und Tierversuche, Steuererleichterungen für die Wirtschaft, eine Lockerung der Arbeitszeitregeln, einen Übergang zur volldigitalen Beschulung nicht nur in Seuchenzeiten.
Wow.
Mathias Greffrath kommentierte auf Deutschlandfunk Kultur: „Ein dramatischer Aufruf – mit wenig Beachtung.“
Gott sei Dank.

Der Rechtsstaat, schöne Fata Morgana – Vorbemerkung: Dass die DDR ein Unrechtsstaat war gehört zum Mantra der offiziellen Betrachtungsweise der untergegangenen SED-Republik. Dass sich dort Kombinatsdirektoren von kapitalen Fehlern, gar strafbewährten Tatbeständen hätten freikaufen können, behaupten allerdings nicht mal die eingefleischtesten Gegner der DDR. Vorbemerkung Ende.
Ihr oberster Grundsatz ist leicht zu merken: Vor dem Gesetz sind alle gleich.
Soweit die Theorie.
In der Praxis sind manche aber immer wieder etwas gleicher. Vor allem die, die es sich leisten können. Jüngstes Beispiel: Der Volkswagen-Konzern hat zwei seiner wegen Marktmanipulation angeklagten Spitzenmanager für je 4,5 Millionen Euro – zahlbar an die Staatskasse – freigekauft. Darauf haben sich laut Manager Magazin das Landgericht, die Staatsanwaltschaft Braunschweig sowie die Angeschuldigten verständigt. Konzernchef Diess und Aufsichtsratschef Pötsch sollen die Aktionäre zu spät über den Diesel-Skandal informiert haben, lautete der Vorwurf. Den nun fälligen Ablass von neun Millionen Euro zahlt der VW-Konzern aus der Portokasse. (Ja, genau der Konzern, der gerade wegen Corona um Staatsknete bettelt!) Den Nieten in Nadelstreifen bleibt ein Schuldanerkenntnis erspart, ihre bekleckerten Westen sind strafrechtlich weiterhin blütenweiß.
Da wird, so darf befürchtet werden, der Hauptangeklagte, Ex-Konzernchef Winterkorn, wohl auch in ähnlicher Weise davonkommen.
Das ist im Übrigen nur folgerichtig. Schließlich besagt der Ihr anderer Grundsatz: Die kleinen hängt man, die großen lässt man laufen.

Andrea Nahles, Ex-SPD-Chefin – Länger nichts von Ihnen gehört. Doch nun dieses: Ab August sollen Sie neue Präsidentin der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation werden. Die verschlafene Behörde mit Sitz in Bonn, die sich um ehemalige Postbeamte kümmert, liegt unterhalb des Wahrnehmungspegels der Öffentlichkeit. Doch immerhin ist der Job mit 150.000 Euro pro Jahr durchaus nicht unüppig dotiert. Zwar hatten führende Parteigenossen Sie von der SPD-Spitze weggemobbt, aber natürlich lässt man eine Ex danach nicht im Regen stehen. Olaf Scholz, Ihr Genosse und amtierender Finanzminister („Ich kämpfe um jeden Job.“), sorgte nun für die angemessene Apanage, äh, Anschlussverwendung. Und im Hinblick auf gehässige Kommentare – wie den im Handelsblatt unter der Überschrift „Pöstchenpartei“ („Dieser Vorgang, so er vollzogen wird, würde sich in eine schier unendliche Geschichte von SPD-Versorgungsfällen einreihen.“) – sollten Sie es einfach mit Reinhard Mey halten: „[…] dann tue ich, was ein Baum tut, wenn ein Schwein sich an ihm kratzt.“

Bundesverfassungsgericht, Notbremse vom Dienst – Dass der Gesetzgeber hierzulande gern mal Sachen beschließt, deren Rechtfertigung selbst bei großzügigster Auslegung Buchstaben und Geist des Grundgesetzes überstrapaziert ist ja ein alter Hut. Spätestens seit dies in jüngerer Vergangenheit mit einer solchen Regelmäßigkeit vorgekommen ist, dass sensible Kritiker dahinter bereits Methode vermuten. Sie haben daher, von diversen Klägern angerufen, dem Gesetzgeber schon mehrfach auf die Finger geklopft und ihn seine Hausaufgaben gründlicher machen lassen.
Gerade war es mal wieder soweit. Stein des Anstoßes – das neue BND-Gesetz, das den Schlapphüten nunmehr gesetzlich gestatten sollte, was sie illegal schon seit Jahrzehnten betreiben und euphemistisch strategische Fernaufklärung nennen. Gemeint ist damit nichts anderes als das, was man früher ganz ordinär Abhören nannte. Nur dass dies heute elektronisch passiert. Ohne konkreten Verdacht durchschnüffelt der BND große Datenströme nach interessanten Informationen. Deutsche Bürger dürfen jedoch auf diese Weise nicht ausgeforscht werden. Auch nicht im Ausland. Daher haben Sie dem neuen BND-Gesetz und damit auch der gängigen BND-Praxis einen Riegel vorgeschoben: Der deutsche Staat müsse das Fernmeldegeheimnis und die Pressefreiheit auch im Ausland wahren. Das BND-Gesetzmüsse entsprechend geändert werden.
Leider ist der Riegel nur ein halber: Sie haben das Abhören nicht generell untersagt, sondern praktisch lediglich darauf gedrungen, dass nur noch die Richtigen belauscht werden.
Doch sei’s drum!
Wie heißt es noch mal so schön am Schluss von „Manche mögen’s heiß“?
Nobody is perfect.

Harald Martenstein, Schandmaul vor dem Herrn – Dass die Kanzlerin in Sachen Corona derzeit nicht mehr ganz so häufig öffentlich den Ernst der Sache, respektive der Lage beschwört, scheint Ihnen offenbar Signal genug, wieder richtig die Sau rauszulassen: „Unter den angeblichen Wundermitteln zur Covid-19-Abwehr rangieren Zwiebeln ganz oben. Man muss sie nicht mal essen, es reicht, wenn sie zahlreich herumliegen. Man tue Knoblauch hinzu, und man ist womöglich auch gegen die Vampirzähne von Prinz Charles gefeit. Vor dem ebenfalls verbreiteten Rat, zum Schutz Bleichmittel zu trinken, sei gewarnt. Da lobe ich mir das Kamasha-Institut in Fulda, das nach Rücksprache mit dem Erzengel Michael dazu aufruft, überall Zettel mit der Zahl 537354 aufzuhängen. Diese Zahl möge das Virus gar nicht. So ein Rat ist wenigstens harmlos. Die Idee, dass Alkohol immun macht, ist mir übrigens die sympathischste. Das glaube ich sofort.“
Ob allerdings der Spruch, den ganzen Corona-Zirkus könne man ja nur im Suff ertragen, auch von Ihnen stammt, das müssen wir erst noch überprüfen.