6. und 9. August 1945:
US-Atombombenabwürfe auf
Hiroshima und Nagasaki
von Herbert Bertsch
„Allmächtiger Vater, der Du die Gebete derjenigen erhörst, die Dich lieben, wir bitten Dich, denen beizustehen, die sich in die Höhen Deines Himmels wagen und den Kampf bis zu unseren Feinden vortragen. Behüte und schütze sie, so bitten wir Dich, wenn sie ihre befohlenen Einsätze fliegen. Mögen sie, so wie wir, von Deiner Kraft und von Deiner Macht wissen, und mögen sie mit Deiner Hilfe diesen Krieg zu einem schnellen Ende bringen. Wir bitten Dich, daß das Ende dieses Krieges nun bald kommt und daß wir wieder einmal Frieden auf Erden haben. Mögen die Männer, die in dieser Nacht den Flug unternehmen, sicher in Deiner Hut sein, und mögen sie unversehrt zu uns zurückkehren. Wir werden im Vertrauen auf Dich weiter unseren Weg gehen, denn wir wissen, daß wir jetzt und für alle Ewigkeit unter Deinem Schutz stehen. Amen.“
So klang […] das […] Gebet, das auf allen amerikanischen Flugplätzen gesprochen wurde, so auch, wenn die Bomberverbände der amerikanischen Luftwaffe zum Angriff auf Berlin und Hamburg, auf Dresden und Heidelberg starteten.
Am Morgen des 6. August, 02.45 Uhr, hoben sich von den […] Pisten drei Superfestungen. Um 09.15 Uhr lag die Aioi-Brücke im Zentrum von Hiroshima unter der „Enola Gay“. Bombenschütze Major Thomas W. Ferebee tat den gewohnten Handgriff. Die Vereinigten Staaten begannen den Atomkrieg.
Lassen Sie mich nur noch nachtragen, daß der amerikanische Präsident Truman die erste Atombombe mit dem Decknamen „Hilda” bezeichnen ließ – dem Namen seiner Frau. Solche Ahnengalerien lassen sich unschwer weiter fortsetzen. Und man ist sehr geneigt, an das Wort von Karl Kraus aus dem Jahre 1915 zu erinnern, der da sagte: „Pater noster heißt ein Lift, Bethlehem ist ein Ort in Amerika, wo sich die größte Munitionsfabrik befindet.“
Das mag vor gut 70 Jahren schon als Ungeheuerlichkeit empfunden worden sein. Aber wenn man weiß, daß eines der ersten U-Boote, der derzeit modernste Nuklearwaffen an Bord führenden amerikanischen schwimmenden Abschußrampen, auf den Namen „Corpus Christi“ getauft wurde – vom jetzigen amerikanischen Präsidenten! –, so weiß man nicht mehr, ob hier Gotteslästerung im klassischen Sinne oder eine Art moralische Zusatzaufrüstung vorliegen. Jedenfalls ist nicht einmal auszuschließen, daß mit der Wahl solcher Bezeichnungen auch die Vorstellung suggeriert werden soll, daß mit Dingen, die so christliche Namen haben, auch christliches Werk getätigt werden soll.
Wir sprechen manchmal von Spuren, die schrecken. Wir haben allen Anlaß dazu, auch in unserem Zusammenhang darauf aufmerksam zu machen.
* – Überschrift von der Redaktion. Der Beitrag – hier unwesentlich gekürzt – erschien zuerst in Horizont, der außenpolitischen Wochenzeitung der DDR, Ausgabe 28/1982.
Der Autor beging am gestrigen 21. Juli 2019 seinen 90. Geburtstag.
Die Redaktion gratuliert ein wenig verspätet, doch sehr herzlich und wünscht alles Gute,
zuvorderst – Gesundheit, Gesundheit, Gesundheit.
Der ganze Rest findet sich dann schon.
Irgendwie und in aller Regel.
Schlagwörter: Atombombe, Herbert Bertsch, Hiroshima, Nagasaki