22. Jahrgang | Nummer 10 | 13. Mai 2019

Antworten

Norbert Röttgen (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag – „Morgenstund’ hat Gold im Mund“ mochte meinen, wer Sie im ZDF-Morgenmagazin vom 9. Mai gehört hat. Zum aktuellen Agieren der USA gegenüber dem Iran und den eigenen Verbündeten ein erfrischend klares Wort: „Das ist eine weitere Umdrehung in der Eskalationsspirale, die von den USA in Gang gesetzt worden ist.“ Washington hätte von seiner „Macht Gebrauch gemacht, dieses Abkommen in seiner wirtschaftlichen Dimension im Wesentlichen zu zerstören“. Dabei würden auch europäische Unternehmen, die mit Iran Handel treiben, mit Sanktionen bedroht.
Auch an Ihrer Schlussfolgerung haben wir nichts auszusetzen: „Wir haben eine grundlegende Differenz mit den USA, und darum müssen wir es selber in die eigenen Hände nehmen. Das muss jetzt glaube ich die Botschaft sein. Und wir wollen das auch mit Russland und China tun.“
Weiter so!

Kevin Kühnert, Juso-Chef und Noch-SPD-Mitglied – Da pfeift Ihnen ja ganz schön der Gegenwind um die Ohren, seit BILD sie auf dem Kieker hat: „SPD-Kühnert will BMW enteignen.“ Andrea Nahles, Ihre Partei-Chefin, reagierte zwar zunächst verhalten: „Man kann richtige Fragen stellen und trotzdem falsche Antworten geben.“ Doch Siegmar Gabriel, politisch als ebenso notorischer wie ubiquitärer Untoter unterwegs, seit es ihn aus Amt und Macht getragen hat, griff gleich zum ganz großen Knüppel und attestierte Ihnen „das Ignorieren von Fakten und Empirie, das Mobilisieren populistischer Sehnsüchte und die Inkaufnahme der Beschädigung der eigenen Partei“; das sei „übrigens die Methode Donald Trump“. Da war es nur konsequent, dass Michael Frenzel, Präsident des SPD-Wirtschaftsforums, gleich Ihren Parteiausschluss forderte.
Zugegeben, von Sozialdemokraten hat man dergleichen schon längst nicht mehr erwartet – also Vorstellungen wie „Kollektivierung von Unternehmen wie BMW“, um die „Verteilung der Profite […] demokratisch“ zu kontrollieren. (Für DIE ZEIT, hört! hört!, die „klassische Definition“ für „Vergesellschaftung von Produktionsmitteln“!)
Oder im Hinblick auf Immobilienkraken: „Ich finde nicht, dass es ein legitimes Geschäftsmodell ist, mit dem Wohnraum anderer Menschen seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.“ Ob es denn gar keine privaten Vermietungen mehr geben sollte, fragte Sie daraufhin konsterniert DIE ZEIT. Und Sie: „Das wäre der Optimalfall […].“
Apropos Parteiausschluss: Für diesen Fall können wir Ihnen leider nur wenig Hoffnung auf politisches Asyl bei der Partei Die Linke machen, denn aus deren Reihen hat man Begriffe wie „Kollektivierung“ und „Vergesellschaftung“ auch schon länger nicht mehr gehört. Außer vielleicht von der Kommunistischen Plattform …

Andreas Dresen, Gundermann-Lieder-Fan und Regisseur – In diesem Jahr haben Sie nach zwölf Jahren Kampf um die Finanzierung Ihren Gundermann-Film in die Kinos bringen können. Gerhard Gundermann, Baggerfahrer, begnadeter Lyriker, Sänger und eben auch IM – ein Beispiel für notwendige Differenzierungen, wenn man der Wahrheit näher kommen will. Nun wurde dieser Kampf mit der Lola für den Besten Film geehrt. Wir gratulieren!

Anja Karliczek, unbekannte Fehlbesetzung, Synonym für Inkompetenz oder beides? – In einschlägigen Quiz-Shows müsste mancher Rater bei der Nennung Ihres Namens und der Frage, wer Sie sind – a) deutsche Boccia-Meisterin, b) ein früheres Top-Modell oder c) Meisterin vom Stuhl einer Freimaurerloge vornehmlich tschechischer Einwanderer – wahrscheinlich zum Joker greifen. Zum Running Gag wurde ihre Standard-Floskel, wenn Sie mal wieder irgendwo aufgeschlagen waren: „Vielen Dank für den Einblick!“ Und: „Da ich ja nicht aus diesem Bereich komme, muss ich mir das alles erst mal aneignen.“ So viel Souveränität im Umgang mit der eigenen Inkompetenz ist in Ihrem Milieu – hier lüften wir schon mal die eine Hälfte des Vorhangs: in der Politik – ja eher die Ausnahme. Aber da das nun seit über einem Jahr so geht, ist die Sache längst zur Peinlichkeit geraten: „hochgradig unseriös“, wie jetzt in der Süddeutschen Zeitung zu lesen war. „War Karliczeks Nominierung ein Fehler?“, hatte DIE ZEIT bereits im November gefragt. Denn Sie als CDU-Führungskader sind eben nicht a, b oder c, sondern seit März 2018 Bundesministerin für Bildung und Forschung und verfügen mit über 17 Milliarden Euro immerhin über den viertgrößten Etat in der Bundesregierung. Was in Ihrem Bereich heute verpennt wird, das manifestiert sich morgen in sinkendem Wirtschaftswachstum und steigender Arbeitslosigkeit. Da wäre es doch besser, die verantwortliche Ministerin wirkte nicht, so ein für seine Sottisen berüchtigtes Hamburger Nachrichtenmagazin, „wie aus den Fünfzigerjahren ins Amt gebeamt“ und hätte ein paar Kernkompetenzen mehr als nur „Frau, katholisch und kommt aus Nordrhein-Westfalen“.
Aber natürlich Glück für Sie, dass in unserem System im Falle des Falles die Quote die Besetzung bestimmt.
Pech halt nur für den Rest von Deutschland …

Charlie Chaplin, Gesamtkunstwerk – Sie waren dabei, als die Bilder laufen lernten, und auch schon damals gab es unter vorsätzlichem oder kollateralem Missbrauch des technischen Fortschritts jede Menge gefilmten Schrott. Daher hinterließen Sie die Warnung: „Filmemacher sollten bedenken, dass man ihnen am Tag des Jüngsten Gerichts all ihre Filme wieder vorspielen wird.“
Genutzt hat das bekanntlich nichts.
Vielleicht hätten Sie besser das Publikum ins Auge gefasst: „Kinogänger sollten bedenken, dass sie am Tag des Jüngsten Gerichts alle grottigen Filme, denen sie mit ihren Eintrittskarten zu wirtschaftlichem Erfolg verholfen haben, noch einmal ansehen müssen.“
Heute wäre eine solche Warnung dringlicher denn je. Gerade hat die Cinemascope-Saga „Avengers: Endgame“, 22. Superhelden-Aufguss von Disneys Marvel-Studios, am Startwochenende weltweit 1,2 Milliarden Dollar in die Kassen gespült …