von Ulrich Busch
Ein Präsidentschaftskandidat wie Donald Trump hätte in Belgien, Deutschland, Frankreich oder einem anderen europäischen Staat kaum eine Chance, demokratische Wahlen zu gewinnen und dadurch an die Macht zu kommen. In den meisten europäischen Staaten wäre er nicht einmal als Kandidat denkbar. In den USA dagegen schon. Amerika ist eben nicht Europa und weder die Kandidaten noch der Wahlkampf in den USA lassen sich mit europäischen Maßstäben messen. Erschreckend sind jedoch die Niveaulosigkeit und der Niedergang der politischen Kultur im Kampf um das Weiße Haus in Washington. Dies gilt besonders für die Republikanische Partei. Dachte man schon 2012, als Newt Gingrich und Mitt Romney als die damals aussichtsreichsten Kandidaten der Republikaner ihre Wahlkampfreden im ordinärsten Stammtischjargon hielten, die Untergrenze an Geschmacklosigkeit sei damit erreicht, so belehrt uns der diesjährige Präsidentschaftskandidat Donald Trump eines Besseren, indem er seine Vorgänger an Dummdreistigkeit und Primitivität klar übertrifft. Dies gilt nicht nur für sein Vokabular, das dem eines Fünftklässlers entspricht, sondern auch für die von ihm vorgetragenen außen- und innenpolitischen, moralischen und weltanschaulichen Überzeugungen. Nicht zuletzt betrifft dies aber auch seine ökonomischen Grundsätze, Prämissen und Ansichten. Wer wählt so einen Mann? Umfragen zufolge vor allem weiße Männer jenseits der 60 mit geringem Bildungsniveau.
Donald Trump präsentiert sich den Wählern und der Weltöffentlichkeit vor allem als „erfolgreicher Unternehmer“ und protzt mit seinem Milliardenvermögen. Das zählt in den USA viel und würde ihm im Wahlkampf etliche Pluspunkte verschaffen, wenn es denn zutreffen würde. Aber gerade hier, auf diesem sensiblen Feld, gibt es erhebliche Zweifel an der Richtigkeit seiner Behauptungen. So beziffert er zum Beispiel sein privates Vermögen – als „Beweis“ für seine unternehmerische Leistungskraft – auf mehr als zehn Milliarden US-Dollar. Laut einer Schätzung des Magazins Forbes aber ist es nicht einmal halb so hoch und beträgt höchstens 4,5 Milliarden Dollar. Die nicht unbeträchtliche Differenz ließe sich durch eine Offenlegung seiner finanziellen Verhältnisse bereinigen. Eine solche Praxis ist in den USA durchaus üblich und dabei bekannt werdende größere Summen, selbst Milliardenbeträge, die in Europa Misstrauen hervorrufen würden, finden bei Wählern in Chicago und Los Angeles bewundernde Anerkennung. Trump verweigert jedoch jegliche Offenlegung seiner Finanzen. Warum wohl?
Jetzt meldete eine Nachrichtenagentur, sein Firmenimperium hätte zuletzt nicht nur ohne Gewinn, sondern sogar mit Verlust, die Rede ist von mehr als 600 Millionen Dollar, gewirtschaftet. Damit würde sich die oben genannte Differenz überzeugend begründen lassen, aber das wäre selbstredend nicht im Sinne des Kandidaten. Also schweigt er dazu und vermeidet jegliche seine Behauptungen möglicherweise Lügen strafende Auskunft.
Ein anderer Punkt betrifft seine Steuerehrlichkeit und seinen Beitrag zum Gemeinwohl. Da zeigt sich ein ähnliches Bild. 2012 musste der republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney einräumen, dass er, obwohl Multimillionär, im Jahr zuvor auf sein Millioneneinkommen nur 14 Prozent Steuern entrichtet hatte. Das schadete seinem Ruf erheblich. Donald Trump wird keine besseren Zahlen vorweisen können. Er hat deshalb schon mal vorgebeugt und öffentlich erklärt, alle (legalen) Möglichkeiten der Steuervermeidung ausgeschöpft zu haben, so dass letztlich nicht allzu viel an den Fiskus geflossen ist. Aber wie viel war es wirklich? Darüber verweigert er jede Auskunft.
Seine Kontrahentin, Hillary Clinton, hat inzwischen ihre Steuererklärung veröffentlicht und damit nicht nur die Höhe ihres Einkommens, sondern auch den Umfang der von ihr und ihrem Gatten gezahlten Steuern und die Höhe der geleisteten Spenden für karitative Zwecke offengelegt. Das war im Wahlkampf natürlich ein schlauer Schachzug, denn dadurch hat sie ihren Gegner unter Zugzwang gesetzt und dessen Diskretion in Sachen Finanzen verdächtig gemacht. Trump aber weigert sich bis heute, überprüfbare Nachweise sowohl über die Höhe seiner Einkommen als auch über gezahlte Steuern und Spenden vorzulegen. Er wird seine Gründe dafür haben. Kurioserweise sind sie weniger darin zu suchen, dass die verheimlichten Beträge unanständig hoch wären, als vielmehr im entgegengesetzten Tatbestand. Ein geringeres Einkommen als angenommen würde als Indiz für sein Versagen als Unternehmer, für fehlenden unternehmerischen Erfolg, gewertet werden. Und geringere Steuerzahlungen möglicherweise als Weigerung, seinen staatsbürgerlichen Pflichten nachzukommen. Dies würde ihn als Kandidat erheblich beschädigen.
Zugleich könnte seine Zurückhaltung in Sachen Datentransparenz ein Hinweis darauf sein, dass er bei der Darlegung seiner Spendenbereitschaft geflunkert hat. Im Wahlkampf hat er nämlich behauptet, mehr als 100 Millionen US-Dollar an karitative Organisationen überwiesen zu haben. Das wäre beachtlich, aber inzwischen mehren sich die Hinweise darauf, dass diese Zahl sein wahres Spendenaufkommen erheblich überzeichnet und er seine Rolle als Wohltäter der Nation geschönt habe. Glaubwürdigkeit kann man so nicht gewinnen.
Was ist von einem Präsidentschaftskandidaten zu halten, der deutlich weniger verdient als er vorgibt, aber immer noch ein Vielfaches davon, was der Durchschnittsbürger am Monatsende nach Hause bringt. Der trotzdem weniger Steuern zahlt als dieser und dennoch damit angibt, Millionen für soziale Zwecke gespendet zu haben, die Beweise dafür aber schuldig bleibt?
Je mehr Amerikaner sich diese Fragen stellen, umso geringer werden die Chancen Donald Trumps, gewählt zu werden. Auf diese Weise könnte ihm seine Steuererklärung, die fehlende gleichermaßen wie die vielleicht doch noch von ihm verspätet präsentierte, zum Verhängnis werden. Hoffentlich!
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