19. Jahrgang | Nummer 4 | 15. Februar 2016

Antworten

Václav Havel, verstorbener Hoffnungsträger – Von Ihnen stammt diese Definition: „Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass eine Sache gut ausgeht. Hoffnung ist die Gewissheit, dass eine Sache Sinn hat, egal wie sie ausgeht.“ Kann man, so gesehen, im Hinblick auf den Flüchtlingszustrom Hoffnung in eine Willkommenskultur ohne jegliche Obergrenzen setzen?

Frank-Walter Steinmeier, Bundesaußenminister – Kaum hatten Sie gesagt, die NATO könne „keine Rolle bei der Steuerung der Flüchtlingsmigration spielen“, da beschloss der Militärpakt auf Drängen der Bundesregierung das Gegenteil. Ihr SPD-Parteifreund Rolf Mützenich hatte sich gar „überrascht“ vom diesbezüglichen Vorstoß der Bundeskanzlerin gezeigt. Mit Verlaub: Überraschen konnte der wahrlich nicht. Als in den Neunzigern Journalisten aus dem deutschen Osten zu Dutzenden zur „Umschulung“ ins NATO-Hauptquartier geflogen wurden, erfuhren sie von neuen Herausforderungen, denen sich die Allianz nach dem vermeintlichen Ende des Kalten Krieges stellen wollte. „Migrationsströme von Süd nach Nord und von Ost nach West“ gehörten dazu. Damals waren manche Zuhörer in der Tat überrascht: Flüchtlingsströme mit Militärgewalt aufhalten?
Inzwischen darf sich eigentlich niemand mehr wundern. NATO-Schiffe wurden zwar nicht mit dem ausdrücklichen Auftrag zur Flüchtlingsabwehr in die Ägäis beordert, wohl aber sollen sie den Kampf gegen „kriminelle Schleuser-Netzwerke“ unterstützen. Selbst ZDF-Moderator Claus Kleber fragte, ob die Flüchtenden den feinen Unterschied wohl verstehen werden.

Frauke Petry, AfD-Chefin mit An- und Aufregungspotenzial – Sie entstammen der DDR, da liegt die Idee, gegen Flüchtlinge an Grenzen gegebenenfalls von der Schusswaffe Gebrauch zu machen, wie Sie gerade vorschlugen, natürlich nahe. Dass Medien wie etablierte Politik darob reflexartig in den Betroffenheitsmodus verfallen sind – geschenkt. Wenn aber ein Qualitätsblatt wie die Berliner Zeitung in ihrer Ausgabe vom 2. Februar auf der Titelseite fragt: „Wird die Partei ein Fall für den Verfassungsschutz?“, dann fragen wir uns: „ Ja geht’s noch, Kollegen? Habt ihr die Vorgänge um Thüringer Heimatschutz und NSU komplett verpennt?“ Denn im Zweifelsfalle sind Sie doch schon seit den Anfängen der AfD V-Frau und ist Ihre jetzige Äußerung Teil einer sorgfältig orchestrierten Strategie, Ihrem Haufen noch mehr dumpfen Bodensatz zuzutreiben. Dann hat man den wenigstens unter Kontrolle!

Bernd Löhrmann, Chefredakteur Die Politische Meinung, Hauspostille der Konrad-Adenauer-Stiftung – Der Deutschlandfunk zertifizierte Ihr Blatt zum „intellektuellen Flaggschiff im christdemokratischen Umfeld“. Was man sich darunter vorzustellen hat, macht folgender Vorgang deutlich. Ihre Redaktion bestellte vor dem Hintergrund der Kontroverse um die Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin bei einem Historiker einen Beitrag über den „Untergang des Römischen Reiches“. Als Hauptursache identifizierte der Autor Überfremdung durch unkontrollierten Ausländerzuzug. Daraufhin lehnten Sie die Veröffentlichung mit der Begründung ab: „Gerade auch unter dem Eindruck der Ereignisse zu Sylvester in Köln ist mir deutlich geworden, dass Ihr sachlicher geschichtswissenschaftlicher Text, den Sie dankenswerterweise für uns vorbereitet haben, von böswilliger Seite im Kontext unserer politischen Zeitschrift missinterpretiert werden könnte. Aus meiner Perspektive besteht die Gefahr, dass isolierte Textstellen missbräuchlich herangezogen werden könnten, um allzu einfache Parallelitäten zur aktuellen Lage zu konstruieren, die wir uns nicht wünschen können.“
Nun mag man an der Sinnhaftigkeit eines Ansatzes, im Kontext der Flüchtlingsdebatte den Untergang des Römischen Reiches zu bemühen, oder auch am Befund des Autors zweifeln. Keinen Zweifel hingegen gibt es hinsichtlich Ihres Verhaltens. Das ist so was von kein Arsch in der Hose – eine Charakterschwäche, die pandemisch geworden ist, seit eine Erscheinung namens political correctness jedes vernünftige Maß hinter sich gelassen hat, – dass es längst an der Zeit wäre, letztere in ihrer vorherrschenden Form endlich als das zu diagnostizieren und zu therapieren, was sie ist: eine Geistesschwäche.