von Thomas Behlert
Zwei Große des Jazz haben sich endlich noch zusammen gefunden, um für ihre Fans ein Album mit persönlichen Songs aufzunehmen. Für „Auserwählt“ standen Manfred Krug und Uschi Brüning in den geschichtsträchtigen Räumen der Berliner Rundfunkstudios in der Nalepastraße vor den Mikrophonen.
Manfred Krug, der unbedingt in die Neuauflage des „Lexikons des Jazz“ (Jürgen Wölfer) gehört, hat sich von an Beginn seiner Karriere, nicht nur mit Schauspielerei beschäftigt, sondern auch mit Musik. Er nahm in der DDR und später in der BRD wunderbare Alben auf, die eine gesunde Mischung aus Jazz und intelligentem Schlager präsentieren.
Am 8. Februar 1937 in Duisburg geboren musste der kleine Manfred schon früh das Chaos des 2. Weltkrieges miterleben. Sei Vater, ein Stahlwerker, ging mit der Familie nach Hennigsdorf vor den Toren Berlins, um als Oberingenieur im dortigen Stahlwerk zu arbeiten. Seine Mutter schickte ihn nach Duisburg zurück zur Oma, wo er eigentlich vom Krieg abgeschirmt sein sollte, aber einen Bombenangriff auf die Industriestadt miterlebte. Nach dem Krieg zogen sein Vater und er, die Eltern waren mittlerweile geschieden, nach Brandenburg an der Havel, wo er eine Lehre als Stahlschmelzer absolvierte. Schon früh zog es Manfred Krug zur Schauspielerei. Er spielte zunächst im Betriebsensemble mit und konnte schließlich an der Staatlichen Schauspielschule Berlin studieren.
In der Hauptstadt lebte er in einer Wohngemeinschaft mit dem Schriftsteller Jurek Becker, der später einige Drehbücher für seinen engen Freund schrieb. Ab 1957 drehte Krug unter anderem für die DEFA und den Fernsehfunk viele Kino- und Fernsehfilme, wie den Kriegsfilm von Frank Beyer „Fünf Patronenhülsen“, das Märchen „König Drosselbart“, den ersten Trucker-Film der DDR „Wie füttert man einen Esel?“, „Auf der Sonnenseite“ und den später durch die Staatsführung verbotenen Streifen „Spur der Steine“. Neben der Schauspielerei versuchte sich Krug erfolgreich als Jazz-Sänger und trat in Berlin in der George Gershwin-Oper „Porgy & Bess“ auf, unternahm Tourneen mit Uschi Brüning und spielte einige Langspielplatten mit Günther Fischer ein, der komponierte und die Fäden des Begleitorchesters in der Hand hielt. Ende1976 erhielt der Schauspieler und Sänger dann Teilauftrittsverbot, weil er gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns protestierte und seine Unterschrift dazu nicht zurück nahm. Um arbeiten zu können und um seine Familie vor Repressalien zu schützen, stellte Manfred Krug den Ausreisantrag. Die damaligen Geschehnisse, die er heimlich auf Band aufzeichnete, kann man im Buch „Abgehauen“ nachlesen.
In der Bundesrepublik angekommen, versuchte Manfred Krug wieder in der Filmlandschaft Fuß zu fassen. Er trat in der Sesamstraße auf und drehte von 1972 bis 1992 die mehrfach ausgezeichneten abenteuerlichen Geschichten des LKW-Fahrers Franz Meersdonk. „Auf Achse“ ist in Ost und West bis heute ein Begriff. Dann gab er den eigenwilligen Rechtsanwalt Robert Liebling in der gleichnamigen Serie, für die sein Freund Jurek Becker viele Drehbücher (die 1. bis 3. und die 5. Staffel) verfasste. Unvergesslich ist Manfred Krug besonders als „Tatort“-Kommissar Stoever, der an der Seite von Charles Brauer (Brockmöller) von 1984 bis 2001 Mordfälle auflöste und sogar am Ende ein Liedchen trällerte.
Neben den „Tatort“-Songs auf CD gibt es die in der DDR geschaffenen Alben als Wiederveröffentlichung, einige „Best-of“-Zusammenstellungen, Tonträgeraufnahmen mit seiner Tochter Fanny, mehrere Hörbücher, wunderbare Jazz- und Schlager-CDs, das Album „Der Weihnachts-Krug“ und jetzt ganz neu „Auserwählt“ mit Uschi Brüning. Die 1947 in Leipzig geborene Sängerin ist Absolventin der Musikschule Berlin-Friedrichshain. Schon in frühen Jahren arbeitete sie mit verschiedenen Bands zusammen und nahm mit dem Günther Fischer Quintett einige erfolgreiche Alben auf. Bis heute bevorzugt Uschi Brüning Blues-, Soul- und Jazztitel, nimmt immer wieder an Jazz-Festivals (so gemeinsam mit ihrem genial Saxophon spielenden Lebensgefährten Ernst Ludwig Petrowsky) teil und spielte bisher nur unvergessliche und hörenswerte Album ein. Nun traf sich Uschi Brüning mit Manfred Krug, um sich wohl auch an die „alten“ Zeiten zu erinnern. In der DDR war Uschi Brüning oft mit „Manne“ Krug und Günther Fischer unterwegs, nahm aber leider nie mit diesen gemeinsam eine LP auf.
Nun endlich von Krug & Brüning internationale Klassiker, Standards und persönliche Lieblingslieder und nicht zuletzt eigene Songs mit deutschen, hörenswerten Texten (Manfred Krug). Abnutzungserscheinungen sind nicht zu erkennen, da wunderbar swingende Musiker dabei sind, die mit Leichtigkeit und Leidenschaft spielen und Krug und Brüning nichts von ihrer Kunstfertigkeit verloren haben. Der großartige Schlagzeuger Wolfgang „Zicke“ Schneider, der beinahe alle Krug-Alben mit einspielte, ist dabei, wie auch der geniale Produzent Andreas Bicking. Die Musik pendelt zwischen Jazz, Swing, Chanson und Bossa. Die Stimmen kommen immer noch faszinierend, unverwechselbar und mit dem nötigen Timbre daher. Alles, von „Somewhere Over the Rainbow“ über „Wenn du schläfst mein Kind“ bis hin zu „Son of a Preacher Man“, klingt frisch, vital und kein bisschen alt – einfach „Auserwählt“ anhören und mit allen Protagonisten Spaß haben!
Uschi Brüning & Manfred Krug, „Auserwählt“, Edel.
Schlagwörter: Jazz, Manfred Krug, Thomas Behlert, Uschi Brüning