16. Jahrgang | Nummer 22 | 28. Oktober 2013

Antworten

Peter Schaar, Bundesdatenschutzbeauftragter, Ungehörter – Sie haben nun entschiedene Schritte der neuen Bundesregierung gegen die überbordende Überwachung angemahnt. „Der Bericht, dass auch das Mobiltelefon der Bundeskanzlerin durch US-amerikanische Geheimdienste abgehört wurde, belegt, wie absurd der politische Versuch war, die Debatte über die Überwachung alltäglicher Kommunikation hierzulande für beendet zu erklären“, erklärten Sie. Angesichts der neuen Enthüllungen sei es geradezu verantwortungslos, die Aufklärung nicht entschiedener vorangetrieben zu haben. Wir haben dem nichts hinzuzufügen – außer einem Dank an Edward Snowden!

Angela Merkel, Abhöropfer der NSA – Solange nur Millionen deutscher Normalbürger vom Schnüffelkraken NSA bespitzelt wurden, ließen Sie den Ball flach halten, die Affäre bagatellisieren und dem großen Bruder in Washington ungebrochenes Vertrauen attestieren. Nun aber, als auch Ihr Handy nicht sakrosankt war, ließen Sie flugs Ihren Sprecher „einen gravierenden Vertrauensbruch“ erklären. Sie hätten dies „unmissverständlich missbilligt“, und auch von „völlig unakzeptabel“ war die Rede. Ihre Empörung, liebe Frau Bundeskanzlerin, hat unser vollstes Verständnis. Doch fühlen Sie sich dadurch bitte nicht genötigt: Wir hegen in diesem Zusammenhang keineswegs die Erwartung, Sie könnten sich mit vergleichbarer Verve demnächst auch für andere Handy-Besitzer ins Zeug legen wollen.

Cornelia Pieper, als Staatsministerin ins Auswärtigen Amt entsorgte Ex-FDP-Generalsekretärin – Ob im auf polnischem Territorium gelegenen KZ Sobibor 170.000 oder eher 250.000 Juden ermordet worden sind, ist später nicht genau zu ermitteln gewesen. Jedenfalls handelte es sich um ein reines Vernichtungslager; nach einem Häftlingsaufstand im Oktober 1943 wurde es von der SS aufgegeben und dem Erdboden gleich gemacht. Gerade wurden Konzepte für eine neue Gedenkstätte an diesem Schreckensort vorgestellt. An deren Finanzierung wird sich die Bundesrepublik allerdings nicht beteiligen. Sie haben das von Amts wegen begründet – nein, nicht mit einem undifferenzierten „Da könnte ja jeder kommen“, sondern ganz konkret: Dort seien keine deutschen Juden vergast worden. Das stimmt zwar nicht, zeugt aber von einer moralischen Perversität, der zufolge es für die Wahrnehmung historischer Verantwortung nicht hinreichend sei, wenn die Deutschen bloß die Mörder waren. Eine solche „Denke“ wäre unseres Erachtens allein Grund genug gewesen, die FDP aus dem Bundestag zu kegeln.

Internationale Atomenergieorganisation (IAEO), Lobhudelnde – Der das Kernkraftwerk Fukushima betreibende Tepco-Konzern und die japanische Regierung konnten durch die Strahlkraft Ihres Lobes eine Auszeit nehmen von den Berichten über verstrahltes Wasser und verseuchte Böden. Vermutlich wissen auch Sie nicht, wie weiter mit den Folgen des Gaus zu verfahren ist, da lobt man lieber… und hofft auf – ja wen oder was? Wir hatten auf Ihre Expertise gehofft.

Obama, Drohnenkrieger – Ihre Sprecher verteidigen die Drohnenangriffe als „präzise, rechtmäßig und effektiv“. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sieht dagegen durch Ihre Drohnenangriffe das Völkerrecht gebrochen. Nach unbestätigten Angaben sollen schon mehr als 2500 Menschen durch Drohnen getötet worden sein, darunter viele Zivilisten.
Vielleicht sollte man künftig lieber auf Friedensnobelpreise verzichten, wenn die Ehrung solche Folgen zeitigt. Offenbar sah sich Obama veranlasst, seinen „Patriotismus“ unter Beweis stellen.

Kurt Flasch, emeritierter Skeptiker – Als Philosophie-Professor waren die christlichen Denker der Spätantike und des Mittelalters Ihre Spezialität. Der katholischen Kirche haben Sie, ohne je religiös oder anderweitig von dieser Seite belästigt worden zu sein, bereits vor 40 Jahren den Rücken gekehrt – aus rein rationalen Gründen, aus Zweifeln daran, ob „das Christentum wahr“ sei. Während heute nicht nur Katholiken die Hoffnung hegen, Papst Franziskus möge in der Lage sein, den vatikanischen Augiasstall endlich auszumisten, meinen Sie: „Ja, wollen wir mal sehen. Lassen Sie ihn erst einmal zehn Jahre lang werken. Ich glaube, der Laden, damit meine ich den Vatikan, ist nicht zu retten. Ratzinger, also Benedikt XVI., ist vermutlich am Intrigenspiel darin zerbrochen. Am Ende konnte er nicht mehr. Über das Papsttum sage ich nur: Lasst die Toten ihre Toten begraben. Es ist kein Leben mehr drin.“ Wir stimmen Ihnen zu – und sei’s nur darum, weil uns illusionsfreie Skepsis allemal lieber ist als ein Wolkenkuckucksheim aus schon viel zu oft vergeblichen Hoffnungen.