16. Jahrgang | Nummer 5 | 4. März 2013

Bemerkungen

In memoriam

Bereits am 8. Februar starb in Berlin der Komponist und Posaunist Friedrich Schenker. Schenker war 1970 Mitbegründer der „Gruppe Neue Musik Hanns Eisler“, die sich – wie ihr Namenspatron – den Kampf gegen die „Dummheit in der Musik“ auf die Fahnen geschrieben hatte. Dass in der DDR avantgardistische zeitgenössische Musik überhaupt eine Rolle spielte, war auch Schenker zu verdanken. „Ich möchte feststellen, dass von hier kein Weg nach Bitterfeld führt.“ So tönte der konservative DDR-Musikwissenschaftler Erhard Ragwitz seinerzeit. Schenker und Kollegen setzten sich trotzdem durch. Nach 1990 waren die Angriffe nicht zu Ende. Ich habe erlebt, wie ein Kleinstadtbürgermeister anlässlich einer Vernissage, die Friedrich Schenker begleitete, erklärte, dass er die Galeristin nie in die Stadt gelassen hätte, hätte er geahnt, was da an Kunst auf ihn zukäme. Man nahm’s als Scherz, der Mann meinte es ernst. Angelegentlich einer späteren Vernissage nahm Schenker in diesem Städtchen wieder seine Posaune auseinander… Er war ein Tapferer. Seine Musik wird bleiben – auch wenn sein Publikum ihn selbst nicht mehr erleben kann. Wir verneigen uns vor ihm!
Am 18. Februar starb in Prien am Chiemsee ein Schriftsteller, der auf nimmermüde Weise Kindern versuchte die schönen Tugenden Mut und Standhaftigkeit, gepaart mit Klugheit und List – ja, das Gute muss häufig listig sein – zu vermitteln: Otfried Preußler. Viele sind mit seinen Figuren aufgewachsen. Kater Mikesch, der kleine Wassermann, der Räuber Hotzenplotz… Hoppla, werden jetzt einige sagen, das kenne ich doch aus dem Tschechischen! Das stimmt, Mikesch, Woditschka und Rumcajs sind wunderbare böhmische Figuren, und Preußler stammt aus Reichenberg. Das heißt heute Liberec und Otfried Preußler hat in einem guten Sinne das betrieben, was man so schön theoretisch „Kulturtransfer“ nennt. Auch sein großes „Krabat“-Buch zeugt davon. Und egal, ob man Jurij Brězans Version der alten sorbischen Legende oder Preußlers Buch bevorzugt: In jedem Falle ist es eine tolle Geschichte darüber, dass man gegen die „schwarzen Müller“ – wo immer sie stecken – Widerstand leisten muss.
Am 15. Februar verstummte Dietrich Kittner. Er starb in Österreich, wo er seit Anfang der neunziger Jahre lebte. Wie andere linke Künstler wurde auch Kittner vom Fernsehen ignoriert. „Wer denkt, kriegt Beulen“, sagte er einmal. Denn: „Wer denkt ist links. Und wer links ist geht auf die Straße und demonstriert…“ Gegen Fahrpreiserhöhungen zum Beispiel, da gab es einmal den „roten Punkt“. Oder gegen Kernwaffen und ihre Trägersysteme. Gegen „Maden in Germany“ und und und… Alles gute Gründe, die sich mitnichten erledigt haben. Wir bedauern, dass er nie für Das Blättchen schrieb – und wir trauern mit den Kollegen vom Ossietzky, dessen Mitherausgeber Dietrich Kittner war.
In der Nacht zum 27. Februar starb in Paris Stéphane Hessel. Hessel hat Geschichte gemacht. Der Resistance-Kämpfer der, von den Faschisten gefasst, der Hölle Dora nur durch die Hilfe seiner Mitgefangenen entkommen konnte, setzte sich nachdrücklich für Entkolonialisierung, Frieden und Demokratie ein – mithin für eine nachhaltige Umsetzung der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ der Vereinten Nationen, an deren Entstehung er beteiligt war. 2010 zog er das Fazit eines langen, immer politisch eingreifenden Lebens: „Empört Euch!“ In Spanien, Griechenland, Frankreich und Portugal zeigt seine Aufforderung, sich den Verursachern der Finanzkrise und ihren politischen Lakaien zu widersetzen, Wirkung (siehe bebes „Medienmosaik“ in diesem Heft). In Deutschland ist der Höhepunkt von Bürger-Protest immer noch eine Demo gegen einen Bahnhofsumbau… Hessels Stimme wird sehr fehlen.

Wolfgang Brauer

Verlogenes Scheitern

In den Nachrichten ist dies als „peinlicher Fehler“ apostrophiert worden: das ISAF-Kommando hat Zahlen zurückziehen müssen, denen zufolge es in Afghanistan 2012 sieben Prozent weniger Taliban-Anschläge gegeben habe als zuvor. Womit belegt gewesen sei, dass der Einsatz der „Befriedungsmächte“ ebenso planmäßig wie vor allem segensreich vor sich gehe und der geplante Rück- oder gar Abzug der nichtafghanischen Militärs folgerichtig sei.
April, April ruft es aber bereits Ende Februar – es hat einen solchen Attentatsrückgang gar nicht gegeben. Alles war im Vorjahr als wie zuvor. Nun lassen sich erfolgreiche Militärs von Tatsachen nur solange nicht beeindrucken, wie diese sich von der Öffentlichkeit weitgehend unkontrolliert vollziehen – ein Blick in diverse Kriege zuvor belegt das auf schaurig-eindrucksvolle Weise. Der Kabarettist Georg Schramm hat vor drei Jahren einmal aufgefordert, eine Kultur des Scheiterns Einzug halten zu lassen: „…Wir hier versuchen, dem Tod des Einzelnen einen Sinn zu geben. Aber geben wir der Wahrheit die Ehre: Ein sterbenswerter Sinn für das, was wir in Afghanistan tun, ist nicht mehr erkennbar. Die Kinder winken nicht mehr, wenn wir auf Patrouille gehen. Für jeden erschossenen Zivilisten melden sich zehn Freiwillige bei den Taliban, die mittlerweile als das kleinere Übel gelten. Selbst der von uns gekaufte Präsident Karsai sieht unseren Abzug lieber heute als morgen. Wir sind nur noch dort und kämpfen, weil wir nicht den Mut haben zuzugeben, dass wir gescheitert sind. Eine Kultur des Scheiterns ist in unserem westlichen moralischen Wertekatalog nicht mehr vorgesehen. Vielleicht hat Clausewitz deshalb geschrieben: Nichts ist schwerer als der Rückzug aus einer unhaltbaren Position. Deshalb lassen Sie uns mutig sein und das Schwere tun. Lassen Sie uns das Kühne wagen. Lassen Sie uns das Scheitern eingestehen. Denn nur wer das Scheitern eingesteht, ist der wirklich Starke. Und wenn wir dann nach draußen gehen mit diesem Gedanken – dann hat der Tod dieser Männer vielleicht doch noch einen Sinn gehabt.“ Nein, über solcherart Kühnheit verfügen Militärs bis heute nicht. Lügen ist ja auch viel einfacher.

HWK

Congratulazioni, Beppe Grillo!

Italien feierte am vergangenen Wochenende den dritten V-Day seiner Geschichte. Der V-Day ist eine Erfindung Giuseppe Piero („Beppe“) Grillos und heißt eigentlich „Vaffanculo-Day“. Das heißt soviel wie „Leck mich am Arsch!“ und ist die berühmte Aufforderung des Götz von Berlichingen, die in deutschen Schulbuchausgaben gerne mit drei Sternen gekennzeichnet und ansonsten weggelassen wird. Man kann „Vaffanculo“ aber auch im Sinne von „Verpiss Dich!“ gebrauchen. Der Sinn ist derselbe und die Zielgruppe auch: das korrupte italienische Polit-Establishment von „links“ bis ziemlich weit rechts. Und denen hat Grillos „Movimento 5 Stelle“ es jetzt gezeigt. Im Abgeordnetenhaus wurden die „Fünf Sterne“ mit 25,55 Prozent der Stimmen stärkste Einzelpartei, im Senat kamen sie mit 23,79 Prozent auf Platz drei. Vor den Wahlen warnten die Medien des Verlagshauses Springer vor einer Wiederwahl Silvio Berlusconis, gehorsam rutschten selbst die Börsenkurse nach unten. Nach den Wahlen waren sich Berlusconi und Springers Welt einig: Grillo sei ein Politik-Clown. Ausgerechnet Bunga-Bunga-Silvio… Gleichsam zum Beleg wird dieser Tage gerne ein Pamphlet Grillos zitiert, das die ZEIT 2008 bekannt gab: „Italien appelliert an die deutschen Brüder: Erklärt uns den Krieg! Wir ergeben uns gern. … Ihr seid unsere letzte Hoffnung. … Schon jetzt schicken wir euch jeden Tag den Müll aus Kampanien – bitte nehmt uns auch die Politiker ab! Wir bezahlen euch gut. … Ihr bekommt auch keine Staatsanleihen…“ Grillos Partei ist allerdings eine reale Gefahr für die verkrusteten Politik-Strukturen der EU. Die „Fünf Sterne“ fordern ein Referendum über den Verbleib Italiens in der Euro-Zone. Sie wollen die Rüstungsausgaben auf Null fahren und den Verzicht auf Großprojekte wie die Expo 2015 in Mailand und die Hochgeschwindigkeitsbahntrasse Lyon-Turin. Sie wollen mehr direkte Demokratie und vor allem jeden, aber auch jeden korrupten Politiker aus Parlamenten und Regierungsbüros entfernt wissen. Einzig gegen die zielt auch ihre Forderung, Vorbestraften – welch ein Protestschrei ginge durch den deutschen Blätterwald! – das passive Wahlrecht zu entziehen. Das macht jede Regierungsbildung im Rom jetzt schwierig. Aber immerhin: Ein Viertel aller Italienerinnen und Italiener hat die Nase voll vom grotesken Marionettentheater der anderen – das sizilianische Teatri dei pupi ist ein durchaus treffendes Symbol dieser Zustände – und zog stattdessen die Partei eines leibhaftigen Schauspielers vor. Es kann nur besser werden. Den deutschen Linken, die sich augenblicklich mit großer Leidenschaft über den „Medienboykott“ ihrer Partei beklagen, zum Nachdenken auf den Weg gegeben: Beppe Grillo wurde bereits 1993 aus allen Fernsehsendern Italien rausgeworfen. Die „Movimento 5 Stelle“ hat auf jeden Fernsehauftritt zu den Wahlen verzichtet.

Günter Hayn

Blätter aktuell

In Israel die Wahlniederlage von Ministerpräsident Netanjahu, in den USA die keineswegs als Hardliner geltenden neuen Minister John Kerry (Äußeres) und Chuck Hagel (Verteidigung): Vieles scheint derzeit für Entwarnung im Konflikt zwischen dem Iran und dem Westen zu sprechen. Michael Lüders geht dieser Frage in seinem Beitrag „Iran-Konflikt: Das Jahr der Entscheidung“ in der jüngsten Ausgabe der Blätter für deutsche und internationale Politik nach.
Antisemitismus, Sexismus, Rassismus: So kurz das Jahr bisher ist, so viele Empörungswellen sind bereits über die Republik hinweggegangen, von den alltäglichen Erregungsschüben ganz zu schweigen, ob über Pferdefleisch in Lasagne oder ein Kanzler-Duell mit Stefan Raab. Albrecht von Lucke analysiert „Die getriebene Politik“.
Um Ungarn ist es in den vergangenen Monaten erstaunlich ruhig geworden. Dabei hatte die Europäische Union die dortige Regierung noch vor einem Jahr scharf für ihre neuen Mediengesetze gerügt und Korrekturen angemahnt. Im Lande selbst regt sich Widerstand, wie Helga Trüpel und Robert Hodonyi aufzeigen: „Gemeinsam gegen Orbán: Ungarns neue Opposition“.
An der französischen Intervention in Mali wird sichtbar, was sich schon seit längerem abzeichnet: Die relative Schwächung der USA hat auf europäischer Ebene zu einer Renaissance der Geopolitik geführt, wie Hauke Ritz in seinem Beitrag „Die Rückkehr der Geopolitik“ meint.
Weitere Beiträge befassen sich unter anderem mit folgenden Themen: „Demokratie durch Widerstand: Der Staatsbürger als Rebell“, „Von Heidenröslein bis Herrenwitz“, „Deutschland, Deine Banken“ und „Der Kult um den Colt“ (Teil 2).

am

Blätter für deutsche und internationale Politik, Berlin, März 2013, Einzelpreis: 9,50 Euro, Jahresabonnement: 79,80 Euro (Schüler & Studenten: 62,40 Euro). Weitere Informationen im Internet: www.blaetter.de

Erfurt vor einem halben Jahrhundert

Als 20-Jähriger streifte Günter Blutke mit der Kamera durch Erfurt und hielt so ziemlich alles fest, was ihm vor die Linse kam. Das einzigartige Ensemble von Dom St. Marien und Kirche St. Severi gehörte ebenso dazu wie das von großen Blumenkohlköpfen ausstaffierte Markt- sowie das (von vermutlich ehrlich begeisterten) Pionieren geschmückte 1.-Mai-Treiben auf dem Domplatz. Zwischen 1945 und 1959 lebte Günter Blutke in der am Flüsschen Gera gelegenen Stadt. Heute ist er ein bekannter Architektur- und Naturfotograf, der unter anderem in Wort und Bild aus dem Leben des die Nähe des Menschen suchenden Weißstorches berichtete. Was zum Zeitpunkt der Entstehung allenfalls beliebige Schnappschüsse vom Tage gewesen sein mögen, erweisen sich gut fünf Jahrzehnte später als historisch wertvolle Schwarz-Weiß-Dokumente, die von der baulichen Verfasstheit Erfurts in den Nachkriegszeit ebenso künden wie vom öffentlichen Leben in den ersten Jahren der Ulbricht-DDR. Erfurts Substanz kam, wie auf Günter Blutkes Fotos zu sehen ist, im Zweiten Weltkrieg glimpflich davon. Das gilt sowohl für den Domplatz wie für die Krämerbrücke, die exemplarisch für das pittoreske Erfurt stehen, als auch für Klein-Venedig und Kreuzsand, Comthurgasse und Horngasse. So viel Glück hatte das Augustinerkloster nicht: Blutke zeigt uns die Ruine der 1945 teilweise zerstörten Architektur, in der der nachmalige Reformator Martin Luther einst als Mönch lebte. Die kriegsbedingten Brachen dienten seinerzeit als Bolzplatz und Ort der Propaganda, wie ein hinter spielenden Kindern angebrachtes Transparent zeigt, dass sich an die „Arbeiterjugend der Bundesrepublik!“ richtete und mithin in Erfurt gewiss denkbar schlecht platziert war. Das Faszinierende an jenen Fotos, die Straßenbauarbeiten zeigen, ist weniger die Tatsache, dass hier ein Wasserrohr geplatzt ist und dort ein Zebrastreifen neue Farbe erhält, sondern der Umstand, dass die Baustellen von Kindern umstanden sind, die dem Tun der Arbeiter mit solch großer Konzentration folgen, die man heute fast nur noch vor PC und Konsole erlebt.
Zeitlos ist der Bratwurststand, der, wie uns der Bildautor informiert, auch in den fünfziger Jahren zu jedem Markttag gehörte. Zum Glück sind die Menschenschlangen, die wegen der thüringischen Köstlichkeit anstehen, heute selbst in Spitzenzeiten erheblich kürzer. Liebenswert sind die Aufnahmen von dem immer lächelnden Postboten, dem Mitropa-Mitarbeiter, der am Erfurter Busbahnhof aus dem Bauchladen heraus Zigarren verkauft, und der in schwarz gekleideten alten Dame, die nach dem Gottesdienst den Dom so würdevoll verlässt, als ginge sie nicht heim, sondern zurück in einen Roman von Thomas Mann. Eine wunderbare kleine Sammlung mit historischen Aufnahmen des früher als Blumen- und heute auch als Kika- und Universitätsstadt bekannten Ortes, die lieben wird, wer Erfurt mag. Jüngst erschien in identischer Gestalt übrigens auch ein Bildband, der Günter Blutkes Leipzig-Fotos enthält, die der Jugendliche zwischen 1956 und 1959 zusammengetragen hat.

Kai Agthe

Günter Blutke: Erfurt – Fotografien 1953-1959. Mitteldeutscher Verlag, Halle 2013. 79 S.,  12,95 Euro

Medien-Mosaik

Der französische Filmemacher Tony Gatlif weiß, was es bedeutet, nicht willkommen zu sein. Geboren wurde er in Algerien, der damaligen französischen Kolonie, als Sohn eines kabylischen Berbers und einer andalusischen Roma. Er kennt die Unterdrückung in verschiedenen Varianten. Seit fast 40 Jahren greift Gatlif sozial engagierte Themen auf und ist daher wohl nicht zufällig bei uns weitgehend unbekannt geblieben. Im vergangenen Jahr hat er Stéphan Hessels Streitschrift „Empört euch!“ zum Anlass genommen, die verfehlte Europa-Politik, die der Wirtschaft alle Rechte einräumt, diese aber den Lohnabhängigen versagt, in einem Filmessay zu beleuchten. An Hessel orientiert bezeichneten sich die Teilnehmer der Bewegung, die in 58 spanischen Städten Demos organisierte, auch als „Indignados“, Empörte. Gatlif, deutlich vom Neorealismus beeinflusst, greift die Odyssee einer Einwanderin auf. Er zeigt nur ärmliche Schuhe am Strand, und man erahnt das Schicksal derer, die sie getragen haben, die primitiven Schlafmatratzen der Flüchtlinge. In überraschend eindrucksvollen Bildern lässt er in seiner Heldin Betty Erkenntnisse reifen: Solidarität, Zusammenschluss – nur so kann man etwas er reichen. Immer wieder beschwört er Assoziationen herauf: die Apfelsinen, die eine nasse Gasse hinabrollen, der Stacheldrahtverhau des Lagers, der in der Sonne trügerisch wie Kirschblüten leuchtet. Er geht mit Betty nach Griechenland und Tunesien, aber die Umstände von Ausweisung und Flucht interessieren ihn nicht so sehr wie die Umstände, unter denen die Menschen leben müssen. Die Kraft der Gewaltlosigkeit der Demonstranten in verschiedenen Ländern steht der Polizeigewalt gegenüber.

Empört euch!, DVD bei absolut MEDIEN, 9,90 Euro

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Aus Planitz bei Zwickau in die Welt! Das ist die Geschichte von Gert Fröbe, der spätestens mit der Titelrolle des 007-Films „Goldfinger“ in jedem Winkel des Erdballs bekannt wurde. Sein bleibendes theaterhistorisches Verdienst ist aber (zumindest für den deutschen Sprachraum) ungleich größer. Nach dem Krieg, als er mit Werner Lierck in München Kabarett machte, entdeckte Fröbe die skurrilen Gedichte Christian Morgensterns für sich. Seine ins Expressionistische zielenden Interpretationen dieser Texte entwickelte er über Jahrzehnte weiter und trug viel dazu bei, Morgenstern als unbestrittenen Klassiker der Kleinkunst zu etablieren. Da Fröbe dieser Tage 100 Jahre alt geworden wäre und im Herbst sein 25. Todestag begangen wird, hat Michael Strauven ein Buch über ihn geschrieben, in dem er nach Befragung von Zeitzeugen und gründlichem Aktenstudium Legenden als solche benennt und kleine Geheimnisse verrät. Dazu gibt es im Anhang noch eine umfangreiche, allerdings von Strauven recht geschmäcklerisch kommentierte Filmografie, die zudem nicht zuverlässig ist. So gibt er in Wolfgang Staudtes Satire „Ganovenehre“ (1966) den Franzosen Daniel Gélin als Hauptdarsteller an, der hier nicht mitspielte, wogegen er auf das bemerkenswerte einmalige Zusammenspiel Fröbes mit Curt Bois nicht eingeht. Ähnlich ist es mit Fröbes anderem Staudte-Film „Die Dreigroschenoper“ (1962), von dem viele Rezensenten schrieben, dass gerade seine Partnerschaft mit Hilde Hildebrand als Ehepaar Peachum viele Szenen gerettet hätte, aber Strauven qualifiziert den Film ab. Trotz der Einschränkungen ist es jedoch eine lesenswerte Biografie geworden.

Michael Strauven: Jedermanns Lieblingsschurke, Rotbuch-Verlag, Berlin 2012, 304 S., 19,95 Euro

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Bei der Bilderzeitschrift Mosaik spielt die Zahl 47 derzeit eine große Rolle. Gerade ist das 447. Heft erschienen, in dem ein neues Abenteuer beginnt, das die Abrafaxe ins Jahr 1847 führt. Sie haben ja gerade den australischen Kontinent erforscht und bleiben nach einem geheimnisvollen Zeitsprung auch hier. Gerade war 1847 das Aufsehen erregende Tagebuch erschienen, in dem Ludwig Leichhardt von seiner Australien-Expedition berichtet. Der Deutsche aus der Lausitz, den im Südkontinent jedes Kind kennt, ist in seinem Heimatland ein weitgehend Unbekannter. Anknüpfend an seine große Tradition schickt das Mosaik, das schon den Bildungshunger von Generationen von DDR-Jugendlichen anfeuerte, die Abrafaxe auf Leichhardts Spuren, und das nicht zufällig im Jahr seines 200. Geburtstages. Die Abrafaxe gehen wieder mal auf Schatzsuche, so dass sich Spannung und Komik in dieser Comic-Reihe wieder trefflich mischen.

Mosaik – Die Jagd nach Sinclairs Schatz, März-Heft 2013, 3,30 Euro

bebe

Was wird fehlen?

„Wenn ich nicht mehr bin, oh ihr traurigen
Tröpfe! Mit mir geht das Haus und die
Scheune zu Grund!“ ER fehlt! – Ja, was fehlt
denn bei Kindern und Enkeln? Die Welt
bemerkt kaum, dass er hier einmal war.

Die Tränen der Seinen versickern im Boden,
so schnell wie der Tau an der Sonne verdampft.
Unsterblich er meinte zu sein. Doch man fragt
jetzt: Wer war der Großvater in unserem Haus?

P. Alexander Lozza (Übersetzung aus dem Rätoromanischen: Duri Loza)

Wirsing

Wer hätte gedacht, dass gleichgeschlechtlich liebenden Bundesbürgern von Gerichts wegen neue, unbequeme Auflagen gemacht werden! Zumindest, wenn man der WDR-Reporterin Katrin Brand glauben darf, die im Sender PHOENIX erklärte: „Das Bundesverfassungsgericht hat gefordert, dass gleichgeschlechtliche Paare auch Kinder aufziehen müssen.“ Offenbar wieder eine Maßnahme aus dem Hause Christina Schröder, um das Bevölkerungswachstum zu stoppen!

Fabian Ärmel