16. Jahrgang | Nummer 1 | 7. Januar 2013

Vermisst in Stalingrad. Das Kriegstagebuch des Funkers Heinz Meier

Die Schlacht um Stalingrad vor 70 Jahren war der Anfang vom Ende des Hitlerfaschismus. Von der Wolga an ging es für dessen Armeen nur noch rückwärts, bis zur bedingungslosen Kapitulation Deutschlands in Berlin. Mehr als 13 Millionen Rotarmisten haben im Kampf gegen die deutschen Aggressoren ihr Leben verloren, über drei Millionen Angehörige von Wehrmacht, SS und Polizeikräften haben die Nazis bedenkenlos und fanatisch verheizt – ganz gleich, ob diese gezwungenermaßen zu Mördern gemacht wurden oder das Töten, Vernichten und Erobern dank vorausgegangener Indoktrinierung als „Notwendigkeit“ verstanden. Zu Letzteren gehörte der Funker Heinz Meier. Aufgewachsen in der kleinbürgerlichen Familie eines Oberzollsekretärs im Anhaltinischen, dessen Mitgliedschaft in der NSDAP Standes- und Glaubenssache war und diese Haltung auch auf seinen einzigen Sohn übertragen hatte, war der damals zweiundzwanzigjährige Teilnehmer am „Russlandfeldzug“. Seine Erlebnisse und Gedanken hatte Heinz Meier – blond und blauäugig und vielleicht nur wegen eher mittlerer Körpergröße nicht bei der SS – in zwei kleinen Tagebüchern festgehalten; knappe Eintragungen, zumeist am Ende der Tage notiert. Vieles davon ist blanker Kriegsalltag und heute nur bedingt aussagekräftig. Andere Notate sind es eher, machen sie unsereinem doch auch heute noch erschreckend klar, was politische Dressur und Verhetzung in den Köpfen von Menschen anrichtet, die ohne dies mit großer Wahrscheinlichkeit der sympathische Nachbar von Nebenan geworden wäre. Heinz Meier ist dazu keine Gelegenheit gegeben worden. Seine immer kürzeren und in kaum noch lesbarem Sütterlin verfassten Eintragungen enden mit dem 7. September 1942, verfasst im Kessel des brennenden Stalingrads. Von Heinz Meier gibt es seitdem nur die beiden Notizhefte und eine Ordenslitze für die „Teilnahme am Winterfeldzug“, mit deutscher Ordentlichkeit per Post samt Beileid an die Familie des „Vermissten“ gesandt. Heinz Meier war mein Onkel. Ich habe ihn nie kennenlernen können.
Die Tagebucheintragungen sind nicht täglich vorgenommen und auch nicht einheitlich terminisiert worden. Die folgenden Auszüge haben sich an das Original gehalten. Auf begriffliche und geografische Erklärungen wurde verzichtet.

Heinz Jakubowski

5.11.41
Nach den schönen Tagen in Königshütte verdichtete sich immer mehr das Gerücht, daß es nun bald wieder „losgehen“ sollte. Zunächst glaubten wir alle, der Einsatz gegen England sei gekommen, bis uns schließlich einige Maßnahmen zu anderer Ansicht zwangen. Noch wurde viel darum gestritten und ein großer Teil behauptete man wolle nur durch Rußland zum Iran – Rußland habe den Weg freigegeben. Doch das konnte nicht sein.
In der Stadt wurden Luftschutzmaßnahmen getroffen, die sonst für dieses Gebiet nicht vonnöten waren. Wir mußten schließlich eine Bereitschaftskompanie für den Fall einer Landung feindlicher Fallschirmjäger stellen.
Ich war schließlich überzeugt, daß es nur gegen Rußland gehen konnte. Trotz der Gewißheit, daß diese Auseinandersetzung einmal kommen mußte, kam die plötzliche Gewißheit überraschend.
Die letzten Vorbereitungen für den Abmarsch wurden getroffen. Obgleich ich noch keinen Führerschein besitze, vertraut man mir doch ein Krad an. Als Chefkradmelder ziehe ich mit der Abteilung an einem grauen, diesigen Morgen gen Osten. Schließlich sind wir in polnischsprachigem Gebiet. Gegen Mittag kommen wir in das Übernachtungsquartier. Es ist ein Holzbarackenlager, das in einer reichlich trostlosen Umgebung liegt. Zum ersten Mal wieder der gewohnte Strohsack. All die kleinen „Abenteuer“ beginnen wieder wie auf dem Balkan. Bei früher Morgensonne wird weitermarschiert. Durch Reifenpanne falle ich etwas zurück und zuckele hinterdrein. Ich nehme die Gelegenheit wahr, um mir Land und Leute zu betrachten. Bislang bot das ehemalige Polen keine landschaftlichen Reize. Überraschend kam für mich der Anblick einer alten Ritterburg. Ab und an trifft man Juden. Die Polen sonst finster. Viele Dörfer tragen noch das Bild des Polenfeldzuges. Soldatenfriedhöfe stehen als einsame Horte deutscher Größe im Land.
Die Fahrt jetzt durch einen sehr schönen Teil Polens. Vor uns liegen riesige Wälder. In Krasnik, einer Stadt, die zum großen Teil aus Juden besteht, kommen wir in einer alten russischen Kaserne unter, die in ihrer Anlage noch so primitiv und alt ist wie früher. In alten, muffigen Buden verleben wir einige ruhige Tage mit Sport und Sacheninstandsetzen. Außerdem belehrt man uns über sämtliche russische Flugzeugtypen und macht uns mit der Kampfesweise der russischen Soldateska vertraut.
In Krasnik bestehe ich auch die Führerscheinprüfung und übernehme ein Krad. So angenehm die Tage der Ruhe auch sind, so froh sind wir, als es weitergeht.
Zunächst verbringen wir noch wunderbare Tage in einem Barackenlager mitten im Wald. Der Tag ist eingeteilt in Sport, Mußestunden, Singen, Unterricht. Am letzten Tage will man uns noch mit einer gepfefferten Exerzierstunde ärgern. Dann hören wir die Kriegserklärung in Rußland. Dabei machen wir zum erstenmal Bekanntschaft mit einem russischen Aufklärer, der eine MG-Salve auf unsere ausgestellten MG-Posten abschießt. Einen Tag später lagern wir ein paar Kilometer vor der deutsch-russischen Grenze in Zelten im Wald. Dieser ist mit Mücken verseucht. Ich habe nachts Wache. Nach den 2 Stunden ist man wegen der brütenden Hitze und dem Mückenschwarm zerschlagen und zerstochen. Bemerkenswert ist auch unsere Fahrt hierher. Bei glühender Hitze geht es mit dem Krad durch eine ungeheure Sand- und Staubwüste. Hinter jedem Fahrzeug liegt eine hundert Meter lange Staubwolke, sodaß man die Hand vor Augen nicht sieht und schließlich die Augen anfangen zu tränen, brennen und schmerzen. Die Räder fassen keinen Grund und man droht dauernd zu stürzen, so schlenkert man.
Schließlich am Ziel angekommen, sehen wir aber auch wie die Dreckschweine aus.
Ein Fahrzeug trifft ein, daß uns von den ersten Erfolgen der Panzer und Infanterie erzählt und dringend Munition braucht. Endlich kommt auch für uns der Befehl zum Vormarsch. Im grauen Morgennebel fahren wir durch zerschossene Dörfer, vorbei an durch Artillerieschläge zerwühlte Panzergräben, zurückgelassenen Fahrzeugen. Die ersten bolschewistischen Gefangenen und Toten. Überall die Spuren eines harten Kampfes.

Sonntag, den 17.11.41
Gestern sind wir nun wieder an die Front, von Golodajewka aus, gefahren. Die Fahrt war toll, bei Nacht, Nebel und Kälte. Kaum im Quartier, ringsrum rollende russische Fliegerangriffe. Heute Eintreffen im neuen Unterkunftsort für die gesamte Kompanie, nachdem wir uns  zum III. AK verfahren hatten. (L.A.H.)
Starkes Arifeuer in 2 km Entfernung auf die Stellung SS Wiking.

Montag, den 18.11.41
Der Gegner ist in der Nacht durchgebrochen und liegt nur noch 2 km von uns in einem deutschen Dorf. Immer stärker werdendes russisches Arifeuer, das 500 Meter vor uns liegt. Einsatz des Reihenwurfgeräts (48 Schuß auf einmal)  von russischer Seite. Schwere Panzerangriffe. Nachmittags russische Tieffliegerangriffe mit neuesten Flugzeugtypen. Flugblätter mit der Rede Stalins vom 7. November. Schwere Verleumdung des Nationalsozialismus. Hoffnung auf Bündnis Moskau-London-Washington

20.11.41
Alexandrowka. Jetzt liegen wir seit einigen Tagen in „Ruhe“. Der „sture Otto“ badet in der Umgebung ab. Sonst nichts.
Es beginnen wieder geregelte Dienste mit Appellen. Heute Gewehrappell. Haben wieder Vermittlung. In Krutorja trafen zur größten Überraschung und Freude die ersten 1-Kilo-Päckchen ein.
Jetzt wieder einigermaßen mit Post und Marketenderwaren versorgt. Frage: „Wie werden wir Weihnachten im Kriegsdienst verleben?“ Das erste Weihnachten im Felde. Es ist schade, daß wir an unserem schönsten Festtage hier sein müssen, doch er wird auch in Rußland seine Bedeutung nicht verlieren. Außerdem: „Die bolschewistische Pest muß vernichtet werden!“ Hoffentlich klappt es mit den Päckchen von zuhause. Ich habe nur den einen Wunsch für das kommende Jahr, daß zuhause alles gesund bleibt und daß ich alles gut überstehe.

1.12.41
Wir sind enttäuscht, denn wieder geht eine Hoffnung zunichte. Wieder müssen wir türmen. Zwar nicht so übereilt wie letzthin, aber zurück müssen wir doch. Ich verstehe den Laden nicht mehr. Wir hatten uns schon gefreut hierzubleiben. Wieder einmal Scheiße – es ist zum Kotzen. Wer weiß, in welche Bruchbude wir jetzt einquartiert werden, um dort zu allem Überfluß vielleicht auch noch längere Zeit zu bleiben. Das ewige Wandern hängt einem bald zum Halse heraus, zumal wenn es noch rückwärts geht. Ich bin gespannt, wie sich die Lage hier entwickeln wird. Augenblicklich scheint ja eine Zurücknahme der ganzen Front zu erfolgen. Der Feind muß ungeheure Kräfte hier angesammelt haben. Nun, es wird schon einen Sinn haben, was unsere Führung macht. Lieber wäre es mir aber jedenfalls, wenn es vorwärts ginge, dann hätte man jedenfalls das Gefühl, mit jedem Schritt näher dem Kriegsende gekommen zu sein. So sehr man das Ende nicht ab. Hoffentlich ist es bald Schluß hier. Wir haben die Schnauze voll von diesem verdammten „Paradies“.

9.12.
Gestern waren wir von Mittag bis abends 10 Uhr bei der schnellen slowakischen Division und haben dort eine Leitung gebaut. Dies geschah unter Einsicht des Feindes, der auf der gegenüberliegenden Höhe in dem von uns geräumten Golodajewka liegt. Zur Zeit fand gerade wieder ein Artillerieduell statt. Orgelnd rauschen die „Koffer“ über uns hin, daß wir zunächst doch den Kopf einzogen und froh waren, daß die Dunkelheit einbrach, als wir mit dem Bau begannen, dem Feind blieb auch die kleinste Bewegung nicht unbemerkt. Das Dorf und die umliegenden Straßen liegen schon tagelang unter russischem Arifeuer. Dann ging es bei stockfinsterer Nacht querfeldein. Ein Wunder, daß wir überhaupt richtig angekommen sind. Währenddes fand ein russischer Fliegerangriff auf Uspenskaja statt. Zunächst hörten wir nur das Surren der Motoren, plötzlich standen mehrere Leuchtfallschirme in rund 200 Meter Höhe, die alles taghell beleuchteten und schon setzte ein höllisches Konzert ein. Unaufhaltsam und andauernd das Wumpsen schwerer Bomben. Habe die armen Kerls bedauert, die wieder in diesem Orkan lagen. Dann das Knattern der leichten Flak. Unzählige leuchtende Finger griffen in die dunkle Nacht, enden irgendwo in der Wolkenwand. Da, das Feuer wird von den russischen Bordkanonen erwidert. Ein wahrer Feuerregen setzt ein. Ein interessantes Schauspiel, aber wehe dem, der drinnen sitzt.

12.12.
Heute fanden bei Tag wie üblich wieder Fliegerbesuche statt. Zum ersten Mal waren es Tiefflieger, die entlang der 200 Meter von uns entfernten Straße brausten und auf unser Dorf abdrehten mit höllischem MG-Geknattere und Motorenheulen. Wieder dadurch Leitung gestört. Beim nächsten Mal waren es 13 Stück, die tief über uns hinwegflogen.
Eben sind die Schweine wieder da. – Wieder macht die Flak einen ohrenbetäubenden Lärm. Es ist zum Kotzen und kein deutscher Jäger da.
Gottseidank, daß es da nicht gebumst hat. Es ist ein elendes Gefühl, wenn die Brüder seelenruhig über einen hinwegziehen, da macht man immer ein kleines Testament und hofft eben, daß es schief geht. Hoffentlich nimmt das bald mal ein Ende.

(?)
Mit besonderer Genugtuung hat wohl jeder Landser hier draußen im Osten die Nachricht von der Kriegserklärung Japans an die U.S.A. und England aufgenommen. Jeder von uns hat mit Ingrimm die andauernden Hetzen und Verleumdungen der Feindmächte gegen uns „Barbaren“ verfolgt. Jeder von uns hätte diesen Protektoren des Schweinehundes Stalin mit Begeisterung in die Fresse geschlagen, als sie uns von den goldenen Zuständen im kirchlichen Rußland erzählten. Wir haben die Zeitungsberichte genau verfolgt, und wir wünschten, wir hätten dieses Lügenpack mal unter uns.
So waren wir begeistert, daß sich jemand fand, dem diese Zwangsjacke auch lästig wurde. Wie wird diese Auseinandersetzung verlaufen. Das kleine, rohstoffarme Inselreich und die mit allen Rohstoffen begüterten U.S.A. Wie werden die ungeheuren Entfernungen überbrückt werden? Oder wird diese Auseinandersetzung einmal in einer gegenseitigen Blockade versanden. Entscheiden wird aber der höhere Mut und das tapfere Herz. Und darin ist Japan der Stärkere.
Wir jedenfalls wünschen Japan alles Gute im Kampf gegen diese Blutsäufer.

14.12.
Wenn man manchmal junge, lebensfrohe Kameraden, die eben vielleicht noch lachten und scherzten plötzlich blutend, verstümmelt oder tot liegen sieht, und man muß sich sagen, daß sie fallen, nur weil wahnsinnnige Kriegshetzer, die in Ohnmacht fallen, wenn sie sich die Haut ritzen, unserem Volk die primitivsten Lebensrechte verweigern, dann dreht sich einem nicht nur das Herz im Leibe um sondern (man) möchte vor Wut diese gesamte Brut lebendig zerfleischen.

(?)
Um 15 Uhr hören wir die Führerrede vor dem deutschen Reichstag. Endlich wird dem Amerikaner die richtige Antwort auf seine andauernden Einmischungen in europäische Verhältnisse und Beleidigungen gegeben. Den von ihnen gesuchten Krieg haben sie.
Und wer von uns ist nicht froh, daß der Beleidigung und Einmischung die Faust antworten wird. Gewiß, für uns bedeutet das wieder ein paar Jahre länger im Dienst sein. Es wird wieder Opfer kosten. Doch es muß sein. Und praktisch besteht dieser neue Krieg nicht erst seit heute sondern schon lange. Der Unterschied ist nur der, daß wir heute die gebührende Antwort geben können. Der Führerrede nach sollen die Operationen im nächsten Sommer weitergeführt werden. Ob wir dann Urlaub bekommen, bin gespannt

17.12.
Keine besonderen Ereignisse

(?)
In den Tagen inzwischen hat sich nichts von Bedeutung ereignet.
Gestern haben wir endlich Verpflegung wenigstens für die Weihnachtstage erhalten. Als Zusatzverpflegung, sicher als Weihnachtsgeschenk gedacht, gab es eine Tafel Schokolade und für 7 Mann ¼ Liter Rum. Dann soll es noch 70 Zigaretten und vor allen Dingen Post in Massen geben. Letzteres ist ja die Hauptsache.
Einen Weihnachtsbaum haben wir auch noch gekriegt. Es ist ein ungefähr 30 cm hoher Stiel, in den wir Zweige eingebohrt haben. Es ist wenigstens eine kleine Erinnerung daran, daß Weihnachten ist, sonst würde man es ja gar nicht merken. Hoffentlich läßt uns der Russe in Frieden. Er kennt ja kein Weihnachten. Wie es heißt, plant er auch gerade zu Weihnachten einen Vorstoß und hat dafür starke Kräfte angesammelt. Daher erhalten wir wohl auch nur solche geringfügige Menge Alkohol. Wollen aber nicht hoffen, daß etwas dran ist.

Heiligabend!
Heute ist nun der langersehnte Abend hereingebrochen, den wir eigentlich in Deutschland zu feiern wünschten und hofften. Die Vorstimmung ist ganz plötzlich hereingebrochen. Waren die Tage ernst mit der alltäglichen Arbeit angefüllt, so machte sich eine gewisse Spannung bemerkbar, als eine Nachricht lautete, daß 3½Waggon Post, die Weihnachtspost, in Wassiliewka eingetroffen sei.
Unserem Wunsch entsprechend traf auch schon gestern die erste Post ein. Für mich war das Buch von Fräulein Hoppe dabei. Meine Hoffnung, von meinen Eltern Post zu erhalten, wurde auch leider heute, am heiligen Abend, enttäuscht. Unsere Spannung stieg, als wir heute zu den allgemeinen Vorbereitungen, Schmückung des Weihnachtsbaumes, usw., stiegen. Wir haben einen selbstgezimmerten „Baum“ von mal 30 cm Höhe. An einen Ast haben wir Tannenzweige eingebohrt und ihn mit Zigarettenpapier und kleinen Kartoffeln behängt. Auch einige kleine Bissen waren vorhanden. Dann kamen die ersten Glückwünsche und nebenbei einige Fragen, ob ob uns der Russe in Frieden läßt, denn vom ihm wurde in den letzten Tagen erhöhte Tätigkeit an unserem Abschnitt gemeldet. Es wäre mehr als peinlich, wenn wir zu Weihnachten ähnliche Tage wie in Denissowo erleben müßten.
Mehr beschäftigte uns aber die Frage, ob wir den zweiten Teil der Post erhalten würden. So ist ein Kamerad mit einem Schlitten nach Uspenskaja gefahren, um sie abzuholen. Es schneit, und wir warten ungeduldig, da es ein großer Teil sein soll.
Von der Kompanie erhalten haben wir erhalten

1 Tafel Schokolade
1 Flasche Likör
Bohnenkaffee
je ½ Topfkuchen
20 Zigaretten
5 Zigarren

Wir waren befriedigt. Nach einem köstlichen „Frühstück“ mit Bohnenkaffee und Milch dann die Post.
Ich erhielt ein Päckchen von Neubauers mit einem schönen Stück Speck und Kuchen. Zunächst war ich enttäuscht, daß von den Lieben daheim nichts dabei sein sollte und bin ersteinmal ein bischen rausgegangen. Anschließend haben wir aber noch ganz nett gefeiert. Und die Post muß auch eintreffen, sehr schön war die Rundfunksendung.

(?)
Während der Feiertage haben wir ein köstliches Essen, wie erst seit kurzem.

(?)
Heute gegen Abend waren ein Kamerad und ich dann noch bei einem Dorfabend der Russen. Es wurden echt russische Volkslieder und Tänze gespielt und getanzt. Es war äußerst interessant und wohl nirgends als gerade bei dieser Gelegenheit habe ich das Wesen des russischen Menschen besser kennengelernt als bei dieser Gelegenheit

0.35 Uhr
Vorgestern früh stiegen die ersten Vorbereitungen für unsere Sylvesterfeier. Da uns die beiden Weinbrandpullen nicht ausreichten, die uns die Kompanie zur Verfügung stellte, weil wir Großes planten, gingen wir betteln. Und tatsächlich brachten wir es zustande, noch drei Pullen Schnaps, Doppelkümmel, Aquavit und ein Weinbrand zu erhalten. Dazu noch eine Flasche Wein nebst 140 Zigaretten. Die Grundlage einer gemütlichen Stimmung war geschaffen, die auch eintrat, als wir die ersten Glas Punsch und Schnaps intus hatten.
Es wurde bunt und lustig. Gegen 12 Uhr gab es draußen ein lautes Geknalle, an der ganzen Front entlang, bei uns und über Uspenskaja stiegen Leuchtkugeln hoch, jagte Leuchtspurmunition der Flak und Panzer in die Luft und malte leuchtende Figuren in die Sternklare Frostnacht. Ein wunderbares Bild, dieser Silvestergruß der Front. Dann läuteten Glocken das neue Jahr im Radio ein und unsere Gedanken galten der Heimat und diesem jungen Jahr, dem alle unsere Wünsche und Hoffnungen gelten. Mögen alle Lieben daheim gesund und lebensfroh bleiben und möge uns 1942 bald, recht bald nach Hause bringen, den Frieden mit uns…
Und dann, daß wir gesund nachhause kommen. Im Frühjahr geht es hier ja genauso weiter, wie es im vorigen Sommer begonnen hat, genauso hart und schwer. Wenn das alles doch nur mal ein Ende hätte!

9.1.
Die Öde wird immer drückender. Man steht auf, macht ein bißchen Kram, legt sich wieder hin. Ohne jedes bißchen Abwechslung, ohne ein bißchen geistige Beschäftigung laufen die Stunden öde und traurig in den elenden Hütten dahin. Es ist zum Verzweifeln. Wie gerne möchte man sich wieder einmal in eine Sache vertiefen, lesen, studieren. – nichts, nichts! Und wie gerne möchte man auch wieder einmal eine kleine Entspannung haben. So sitzt man nur und grübelt. Mit der Zeit kann einen das wahnsinnig machen. Wenn wir doch bloß bald aus diesem verfluchten Rußland rauskommen.

31.1.42
Gestern Führerrede. Wir übertragen sie über die Leitung an unsere Dorfanschlüsse. Trotzdem überfüllt sich unser knapper Raum mit 20 Mann dermaßen, daß niemand umfallen kann. Wir waren wieder begeistert. Neben den allgemeinen interessierenden Fragen war es besonders die ruhige Gewißheit der großen Zukunft unseres Volkes, die Gewißheit des Sieges, die uns bannte. Mich fesselt am meisten die persönliche Tapferkeit des Führers, sein Kämpfertum, seine selbstlose, aufopfernde Hingabe an sein Lebenswerk und seine Bescheidenheit. Fast muß man statt Lebenswerk Überlebenswerk schreiben, denn was er erkämpft, wer wollte das gleiche erkämpfen.

4.3.42
Herrliches Frühlingswetter. Laufende Luftangriffe der russischen Luftwaffe. Am 3.2. habe ich 20 RM für das Winterhilfswerk gespendet, einer sogar 100.
Allein in unserem Trupp sind mit 8 Mann 320 RM herausgekommen. Das sind etwas über 20 RM mehr, wie die Kompanie, die hinten liegt, insgesamt gespendet hat.
Von 6 Trupps, die mit uns im Einsatz sind, wurden rund 500 RM gespendet.

30.3.
Nun hat ein plötzliches und „fabelhaftes“ Tauwetter eingesetzt.
Matsch – nichts als Matsch. Abenteuerliche nächtliche Verpflegungsfahrt. Pferde sacken reihenweise selbst in Uspenskaja Ort bis zum Bauch ins Wasser ein (weitere Sturzbäche) und der Wagen versinkt bis zu den Achsen im Schlamm. Sämtliche russischen Brücken überschwemmt. Die mobile deutsche Pioniertruppe kann nur dadurch gerettet werden, daß Sturmgeschütze in das sich stauende Eis schießen (rund 100 Schuß) und die Pioniere Sprengungen vornehmen. Der Kommandierende General und General Steiner (Brigadeführer SS Wiking) sind dabei selbst anwesend. Ohne diese Brücke ist uns der Rückzug vollkommen abgeschnitten. Die sogenannte „Krutka“ hat ja teilweise eine Breite von 220 Metern erreicht, der keine Brücke mehr gewachsen war, weit und breit bleibt nur dieser eine Übergang.
Unser Ort Ulani wird jetzt zur Verteidigung gegen jede Überraschung eingerichtet. In die nach Osten gelegenen Häuser werden in die Steinmauern Schießscharten für MGs eingelassen und einige Nester ausgehoben. Man macht sich also auf alles gefaßt. Auch unsere Vermittlung ist ein MG-Nest geworden. Selbst die Dachböden dienen dafür.
Wie die Wikinger erzählen, sollen von uns aus Gartenpflanzen gebaut werden.
Wenn das wahr ist, bleiben wir wahrscheinlich noch eine ganze Weile in diesem verfluchten Scheißland.

(?)
In den letzten Tagen wieder häufiger Tieffliegerangriffe der Russen. Kommen sehr tief über unser Dorf und belegen Uspenskaja mit Bomben. Meist sind es 2 oder 3 Schlachtflieger und 6-8 Ratasals Jagdschutz.
Neulich haben sie das Soldatenheim in Uspenskaja zerschmissen. 3 Tote und einige Verletzte. Da die schwere Flak gezwungen ist, so tief dazwischen zu halten, muß man sich vor ihren Geschossen beinahe mehr in Acht nehmen als vor den Fliegern. In dichten Lagen liegen die Flakwolken in 30-40 m über unserem Dorf. Wie Bomben kommen sie angerauscht und machen beim Detonieren auch solchen Krach.
Neulich hat sich ein in Uspenskaja arbeitender russischer Gefangener Pistolen geklaut und damit 3 SS-Männer niedergestreckt. 1 Feldwebel tot, 1 Mann schwer verletzt, einer leicht. Mit dem Seitengewehr haben sie ihn erschlagen. 3 flüchtige Russen wurden eingefangen und an die Mauer gestellt.

10.5. 42
Heute zum Sonntag Regenwetter. Das Fischkotelett zum Mittag hat herrlich geschmeckt. Als Marketenderware haben wir heute 60 Zigaretten empfangen. Überhaupt kriegen wir jetzt bei der Flak wieder menschenwürdige Verpflegung, und die Zeit des Hungerns scheint, Gott sei Dank, endgültig vorbei zu sein.
Was wird uns der kommende Einsatz bringen? Und vor allem, wohin wird er uns bringen? Das sind die Gedanken, die heute jeden beschäftigen. Zuvor geht die SS Wiking einer allgemeinen Auffrischung entgegen und ist zu diesem Zweck außer geringen Stellungstruppen zusammengezogen, sonst merkt man aber fast gar nicht, daß es weiter gehen soll. Die SS Wiking soll jetzt auch endlich Panzer erhalten. Ohne diese schweren Waffen waren ihre Verluste sehr schwer, gab es doch Kompanien, die bei Rückverlegung der Linie 9 Mann zurückkamen.
Ob wir zum Don marschieren werden? Wer weiß das? Und wann werden wir wieder einmal nach Hause kommen?
Am 1.6. werde ich zum Gefreiten befördert, neben dem Winkel gibt es noch 2.50 RM mehr als bisher
Sehr wichtig!

20.6.42
Keine besonderen Ereignisse. Feindliche Fliegertätigkeit hat etwas nachgelassen. Nur selten Bombenangriffe auf Nikolajewka in den letzten 2 Tagen. Heute reger Betreib am Klappenschrank. Man kommt ins Schwitzen dabei.
Sonst nichts von Bedeutung.

22.6.42
Warum mußte W…… fallen?! Es ist mir, als hätte ich einen Teil meiner selbst verloren. Armer, guter Kamerad!

1.7.
Sewastopol gefallen. Wieder ein Schritt vorwärts. Es erfüllt uns mit Genugtuung, daß es nun an der Mittel- und Südfront wieder vorwärtsgeht.

16.7.
Das XIV. AK hat heute V.P. hergeschickt mitsamt Vermittlung. Unsere Vermittlung „Belowodsk“ wird damit wohl auffliegen.
Soeben wird schon eine Leitung zur Korpsvermittlung durchgeschaltet.
Die Panzerspitze muß schon sehr weit sein. Man hört und sieht nichts mehr von ihr. Im vorigen Jahr war das anders.
Hoffentlich klappt in diesem Jahr alles, damit wir endlich aus diesem verfluchten Drecksrußland rauskommen. Davon habe ich wirklich die „Schnauze gestrichen voll“. Man verliert in diesem verfluchten Land sämtliche Maßstäbe. Es ist ganz schön, wenn man auch mal die dreckige Seite im Leben kennenlernt, aber wir haben uns schon so dran gewöhnen müssen, daß es uns garnicht mehr auffällt und wir viel „choroscho“ finden, was wir zutiefst verabscheuen würden. Und das ist gefährlich. Wie gerne opfere ich meine jungen Jahre unserer großen und gerechten Sache. Aber in Rußland verliert man nicht nur Zeit, man verblödet auch. Und das ist schon wesentlich schlechter.

…42
Wegen des durchweichten Bodens schlafe ich in diesem Nest im Wagen. Die Häuser sind zu verheerend. Heute Ruhe. Bald tatsächlich Kalendersonntag. Vor uns sollen ein paar Hundert russische Panzer liegen. Diesen gelten wohl auch die großartigen Stukaangriffe. Das Bild des Kampfes ist in diesem Jahr anders. So etwas gab es voriges Jahr nicht, Stukaangriffe in dieser Massierung. Außerdem hat das Korps jetzt 4 Div. Die 16. Und 3. Panzerdiv., die 60. I.D. mot. Und die bespannte 113. I.D. Rund 400 km sind wir nun schon vorgestoßen und sind augenblicklich allen anderen weit woran nach Osten. Der Don muß in seinem äußersten Bogen bald erreicht sein. Hoffentlich ist Dreck-Rußland bald erledigt.

…42
Noch am selben Ort. Soll wahrscheinlich noch 4-5 Tage dauern. Hoffentlich geht’s bald weiter. Die Zeit vergeht ja so wahnsinnig schnell. Sonst nichts Neues. Heute Impfung. Gespannt bin ich, was es auf sich hat, daß sämtliche Abiturienten aufgeschrieben worden sind. Der Befehl soll von höchster Stelle kommen. Die tollsten Vermutungen tauchen auf. Entweder: Beurlaubung zum Studium, Stelle in der Heimat usw. Am wahrscheinlichsten halte ich, daß man die geeignetsten zum K.O.A. macht und auf Kriegsschule und anschließend zur Infanterie schickt. Oder umgekehrt. Neuen Bestimmungen nach sollen ja alle Offiziersbewerber zunächst zur Infanterie, was ich sehr richtig finde. Neulich ist einer unserer Uffz. zur Infanterie versetzt. Warten wir ab, was wird.

9.8.42
Sonntag. Von 2.00-4.00 Uhr Dienst. Anschließend bis 6.00 Uhr allmählich Abbau der Vermittlung und Abmarsch 3 km zurück nach Buchanowski, dort Einrichten der gleichen K.V. Soll aber auch heute schon wieder auffliegen. Heute sind – wie ich mithörte – alle Beurteilungen der Abiturienten der Kompanie an die Abteilung gegangen. Zu gern möchte ich wissen, was eigentlich mit uns werden soll und wie die Beurteilung ausgefallen ist.
Sonst friedlicher Nachmittag. Gemütliche Stimmung bei Brausepulvergetränk und Quetschkommodenmusik.
Geheimbefehl Stalins gefunden, daß Russen keinen Schritt zurück gehen sollten und sich lieber totschlagen lassen sollten, da sonst Rußland verloren wäre. Zugabe der beträchtlichen Verluste der Bolschewisten. Und tatsächlich lassen sich hier die Russen eher und lieber totschlagen, als daß sie sich gefangen geben.

12.8.42
Tagsüber herrliche Ruhe. Sondermeldung unserer Kesselschlacht. Morgen früh wieder abrücken. Die Beurteilung der Abiturienten ist jetzt an die Abteilung gegangen. Unser Korporal mußte sie abgeben an Oltn. Balke. Hätte sie gern gesehen, da wir ein paar Stunden vorher (ich den ersten) Krach mit ihm hatten. Ein Kamerad hat sie aber flüchtig gesehen und sagt, sie wären gut ausgefallen. Was hat man nun eigentlich mit uns vor?

22.8.
Nachts stärkere feindliche Flugtätigkeit und Bombenabwurf. Sonst aber Ruhe. 6.00 Uhr wecken. Abfahrt zum Don. Brücke noch nicht ganz fertiggestellt. Russenari verhält sich noch ruhig, obgleich der gebildete Brückenkopf erst wenige km, ich schätzt 2-3, jenseits liegt. Auf dem wüsten Sandstreifen vorm Fluß liegen zerschossene deutsche Boote und dazwischen einige Kameraden, auch zwischen den Resten der zerstörten Russenbrücke noch einige. Zum Eingraben blieb noch keine Zeit. Arme Kameraden. Sie gaben ihr letztes und bestes. Am jenseitigen Ufer sieht das Kampfgelände wüst aus. Einschläge aller Art, feld- und Bunkerstellungen, Tote und vernichtete Russenhaufen. Jetzt, als wir am Ortsrand sind, belegt diesen Russenari. Es heult und pfeift ganz nett. Wüster Kampflärm.

23.8.
Hauptziel Brücke.
Dabei Oltn. Ackermann verwundet. Am nächsten Morgen trifft Kompanie und Tross ein. Ari schießt wieder ins Dorf. Gegen Mittag Abfahrt hinter 16. Pz her, die aus dem Brückenkopf durchgestoßen ist zur Wolga. Russischer Durchstoß auf einer Straße. Recht und links auf anderen Wagen noch Russenkolonnen. Ungeheure Angriffe von Schlachtfliegern, Stukas, Bombern und Jägern. Der Himmel schwarz von Explosionswolken und Flakwolken der Russen. … linie nach Stalingrad bald erreicht, nun entlang. Am Abend beim Korps in einer Balka.
Nachts noch Ruhe.

24.8.
Wir sind abgeschnitten und ziemlich eingeschlossen. Der Russe schießt mit Schrapnell über unsere Stellungen. Einschläge von Ari und Mg auf den Kuppen. Ein anständiges Heulen, Pfeifen und Krachen. Gegen Mittag müssen wir uns 2 km nach Nordosten verduften. Russische Ari und Flak beharken anständig Eisenbahnlinie. Als wir gestern an der entlang fahren wollten, kriegten wir auch von der sofort Beschuß, daß die Splitter weiße Wolken um den Wagen aufwirbelten. Panzer sind schon an der Wolga. 2 Mann der 1. Komp. Gestern durch Russenpanzer gefallen, einer schwer verwundet. 4. Komp. 1 Toter. Jetzt beschießen die Russen die Straße 200 m neben uns.
Russenflieger belegen Straße ringsum mit Bomben. Russen schießen mit Aufprallern. Verdammte Sache. Nachmittags sind endlich unsere Stukas da und beschießen die Russen, die den Ring um uns geschlossen haben. Nachts Alarmbereitschaft. Angezogen mit Gewehr und Handgranaten schlafen. Starker feindlicher Flugverkehr.

25.8.
Noch am selben Ort. Kampfhandlungen entfernen sich. Gegen Stalingrad äußerst starke Rauchwolken. Scheißerei wird besser. Aus der Versetzung wird doch scheinbar nichts. Eben wieder Panzer- oder Granatwerferbeschuß auf den Kolchos, neben dem wir stehen.
Über Stalingrad steht schon den ganzen Tag eine Rauchwolke ungeheuren Ausmaßes. Da muß ja alles brennen. Nachts ist der Himmel glutrot.

(SKIZZE „Rauchwolken über Stalingrad“)

In der Nacht äußerst heftige feindliche Fliegerangriffe auf Kolchos und Umgebung. Wir müssen die ganze Nacht in unseren Splittergräben schlafen.

26.8.
Gegen morgen wieder sehr heftige feindliche Luftangriffe. Rund 30 Flieger auf einmal. Russenpanzer schießen auf unseren Kolchos. Man will unsere Stellung eindrücken. Zum Überfluß knallt jetzt auch noch die Stalinorgel mit ihren 48 Schuß herüber. Heute scheint allerhand los zu werden. Lassen uns von einigen Russen aus dem Gefangenenlager im Kolchos (2000 Mann) Schlafbunker buddeln.
Plötzlich Abrücken ein paar hundert Meter links zum Korpsgefechtsstand. Gute Deckung in einer kleinen Balka. Kaum Platz gewechselt, rasselt Stalinorgel in unseren alten Platz am Kolchos. Das Gefangenenlager geht in Flammen auf. In großen Rudeln hasten die Gefangenen über das Gelände. Nachmittag müssen wir auf einem östlich gelegenen Hügel und Feldstellungen ausbauen. Wird unterbrochen durch Abmarschbefehl (Man hat Munitionsbomben und Verpflegung durch die Luft bei uns abgeladen) Außerdem ist durch Geleit von Panzern, Jägern und Schlachtfliegern großer Nachschub, darunter auch unser Verpflegungswagen durch die Russen geschleust. Nun will man einen Teil von uns nach hinten befördern. Da ich als Wagenbegleiter hierbleiben muß bei Vermittlung, fahren wir dorthin.
Kaum angekommen fährt Stalinorgel über uns. So etwas habe ich noch nicht erlebt. Man glaubt, die Welt ginge unter. 48 Schuß auf einmal ist doch happig. Es gibt Schwerverletzte und Wagenausfälle. Wie durch ein Wunder bleiben wir unverletzt und rauchen aus Dank gleich eine kostbare Zigarette. 2 Mann der Kompanie Schwerverwundet. Im Verlauf dieser Kämpfe haben wir bisher leider 4 Tote, drei Schwerverletzte und drei Vermißte, von denen jede Nachricht fehlt. Plötzlich Änderung des Befehls. Alles bleibt hier. Wir gehen auf dem Berg in Stellung. Nachts frieren wir höllisch in Schützenlöchern. Wenig Russenflieger.

5.9.42
Russen greifen nördlich von uns an. Starker Einsatz der Stalinorgel. Heftiges Kampfgetöse. Russen ist ein teilweiser Einbruch gelungen. Hoffentlich schneiden die Schweine uns nicht wieder den Rücken ab. Urlaubern, die heute nach hinten sollten, ist es verboten, da Straßen wegen Feuerbeschuß nicht mehr befahrbar. Feldwache ist wieder aufgezogen.
Der Angriff der Russen muß gewaltig sein, denn der Kampflärm wird immer stärker und starke Kräfte werden von uns vorgezogen. Plötzlich fängt russische Ari wieder an, in unsere Balka zu schießen. VerfluchteSchweine. Obltn. Jansen, der Chef der 2. Kp., fällt dabei. Unsere Stukas greifen wieder laufend an.

6.9.42
Gegen 02.00 Uhr beginnen russische Fliegerangriffe auf unsere Batterie in stärkstem Ausmaße. Nicht mehr feierlich, am laufenden Band. Hören gegen 3.30 Uhr erst auf. 03.00 Uhr wecken. 04.00 Uhr Abmarsch zur 295. I.D. Fahrt – Gott sei Dank – ruhig, ganz im Gegenteil zur letzten. Nun warten, bis das A.K. kommt, das ungefähr 5 km südlich sein soll. Vormarschstraßen unter starkem feindlichen Aribeschuß.
Wetter diesig.
Gegen Mittag abrücken zum neuen Korpsgefechtsstand 4 km südlich Balka. Unerfreuliches Hin- und herfahren. Schließlich gute Deckung. Auf seitliche Vormarschstraßen starke feindliche Luftangriffe, einmal mit 50-60 Maschinen. 3 Abschüsse. Nachts ruhig.

7.9.42
Wieder Luftangriffe auf Straßen. 2 Abschüsse. 3.ter Zug und Chef treffen ein. Aber wieder feindlicher Luftangriff. Es werden schon wieder weniger Flugzeuge. Wieder sind unsere Jäger dazwischen. Ein deutlich sichtbarer Abschuß. Vier weitere Wolken, wahrscheinlich auch Abschüsse.