15. Jahrgang | Nummer 21 | 15. Oktober 2012

Europäischer Wohnungstausch

von Ove Lieh

Wenn ich 7.000 Euro übrig hätte, würde ich sie nicht für einen Vortrag von Peer Steinbrück ausgeben. Natürlich ist es üblicherweise keine Einzelperson, die für seine Vortragskunst zahlt, sondern irgendeine Gruppe oder Organisation. Und ich gehöre keiner von diesen an. Geld hat für mich einen so hohen Stellenwert, dass ich es niemals auf diese Art verplempern würde. Nicht dass wir uns falsch verstehen, ich bin nicht geldgierig, aber, da ich für fast jeden Euro, den ich ausgeben kann, vorher irgendeine Arbeit verrichtet habe, frage ich mich, ob ich für den Gegenstand oder die Dienstleistung, die ich bekommen kann, arbeiten würde. Das gilt für Peer Steinbrück-Vorträge nun eben nicht. Dennoch mache ich mir über ihn Gedanken, aber nicht um ihn. Ein erster Gedanke widmet sich der Frage, wie ihn Urban Priol in die Anstalt integrieren wird, falls er Mutti Merkel ablösen sollte. Vati ist er nicht, nicht Onkel, nicht Bruder, er ist keiner aus der Familie, vielleicht eher der vortragende Schulmeister, und wenn er den Entschlossenen mimt, auch Zuchtmeister. Eine kleine, wenn auch harte, Sparmaßnahme hat noch keinem geschadet, wäre sein pädagogisches Credo. Damit man nicht immer tiefer sinkt, muss die Talsohle gehärtet werden. Darauf kommt eine Steinbrück in die Zukunft. In einer harten Talsohle kann man zwar Rettungsschirme nicht so einfach verankern, aber dafür dauerhaft. Dann halten sie ewig, jedenfalls unten, oben können sie immer mal ausfransen, dann hängt man eben ein neues Fähnlein darüber und fertig.
Er ist kein Mann aus dem Volk, kein Mann des Volkes und keiner für das Volk. Mal ehrlich, würden sie diesem Mann ihre Betriebskostenabrechnung anvertrauen? Nein? Aber genau darum geht es. Die Betriebskosten für das Haus Europa sind aus dem Ruder gelaufen und nun drohen Nachzahlungen für alle Bewohner, die man höchstens noch durch Zwangsräumungen vermindern kann. Eine Ausgliederung einer verschuldeten Wohnung aus dem Haus hilft nicht und geht vor allem gar nicht richtig. Es hilft nur, die Bewohner nicht als Eigentümer, sondern als Mieter zu betrachten, denen man die Wohnung kündigt und diese anschließend neu vermietet. Weil man natürlich nicht ganze Völker obdachlos machen kann, müsste das Ganze als Wohnungstausch laufen, der übrigens nicht das ganze Volk treffen müsste, sondern nur die, die an der Überschuldung schuld sind. Man erkennt sie daran, dass man nun bei ihnen besonders hart spart. In der Vielzahl kleine Leute, denen die Wohnung bisher nicht allzu viel zu bieten scheint, wie ihre Proteste und ihr Gemecker beweisen. Man zieht also Teile der Wohnung frei und bestückt sie mit neuen Mietern. Vorzugsweise solchen, von denen ein absolut vernünftiges Wirtschaften zu erwarten ist. Von denen wimmelt es bekanntlich in Deutschland. Dazu kämen die vielen Menschen, vor allem aus Afrika, die gerne nach Europa wollen. Sie kommen in die freien Gegenden und lernen von den dort vorhandenen Deutschen, wie man wirtschaftet. Sie päppeln die Gegend mit ihren geballten Fähigkeiten und ihrem Wissen, welches keine einfaches, sondern sogar Besserwissen ist, wieder auf. Die Griechen werden derweil in der Unterhaltungspflege blühender Landschaften geschult, ähnlich, wie wir das mit den Ostdeutschen machen, bei denen ohne Wohnungstausch, weil man deren Bruchbude niemandem zumuten konnte. Die umziehenden Griechen könnten gleichzeitig in Afrika erleben, wie ein wirklich schlechtes Leben aussieht und später in Zuwanderungswellen nach Europa, bevorzugt Griechenland, integriert werden. Dann würden die Afrikaner dort mal sehen, wie es ist, wenn jemand zuwandert, dem man unedle Motive zuschreiben kann. Damit sind wir wieder bei Peer Steinbrück. Solange der seine Vortragshonorare nicht vollständig für wohltätige Zwecke, wie es die Honorarausschüttung an Blättchen-Autoren wäre, spendet, wird man edle Motive bei ihm nicht vermuten dürfen. Ganz im Gegenteil. Gerade vor dem Mutti-Stil der Kanzlerin wird klar, dass mit Steinbrück die  Wende zur autoritären Regierung erfolgt. Während Angela uns noch bei den Händen nimmt, vor allem um dieses ewige Winken in Richtung Helmut Kohl zu unterbinden, wird uns Peer eher aufs Händchen klopfen. Er spaltet die systemrelevanten Bausteine unserer Gesellschaft ohne zu wissen, ob danach ein relevantes System entsteht. Wir wollen in Deutschland nicht schon wieder einen Spalter. Haarspalter sind allerdings weiter willkommen.
Was wir brauchen ist einer, der Europa wirklich zu einem gemeinsamen Haus machen kann, in dem jeder schon mal in jeder Wohnung gewohnt hat und danach weiß: zu Hause ist es doch am schönsten, vorausgesetzt, man hat sein Zuhause dort, wo es am schönsten ist. Dann würden wir nicht mehr von irgendwelchen Problemen faseln und jammern, sondern sie lösen, meinetwegen auch in einer gemeinsamen Kraftanstrengung (Merkel).

PS: Sollte jemand für diesen Vortrag eine nennenswerte Geldsumme zahlen wollen, bitte ich um Überweisung an das Blättchen.