15. Jahrgang | Nummer 25 | 10. Dezember 2012

Antworten

Angela Merkel, mit über 97 Prozent Wiedergewählte – Da freuen wir uns aber mit Ihnen, dass dieses Traumergebnis auf einem CDU-Parteitag erzielt wurde und nicht bei einer DDR-Kommunalwahl. Wenn man allerdings auf Ihre Politik schaut, dann ist dieses Ergebnis auch in seiner Höhe nahegerade zwangsläufig! Und Kurt Tucholsky wusste bereits: „Kausalität, mein Junge, ist, wenn man daran glaubt.“

Philipp Rösler, Bundeswirtschaftsminister, FDP-Chef & more – Sie haben dem jüngsten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung „alle Zähne“ ziehen lassen, bescheinigt Ihnen der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider. Nachdem der erste Entwurf des Berichtes im September vorgelegen habe, hätten Sie – „offenbar aus parteipolitischen Gründen“ – massiv interveniert. Im Ergebnis dessen fehlt in der Endfassung des Berichtes folgende Aussage: „Die Privatvermögen in Deutschland sind sehr ungleich verteilt.“ Vergeblich sucht man nun auch den Hinweis, wonach die Regierung prüfen werde, „ob und wie über die Progression in der Einkommensteuer hinaus privater Reichtum für die nachhaltige Finanzierung öffentlicher Aufgaben herangezogen werden kann“. Ebenfalls rausretuschiert wurde die Bemerkung: „Stundenlöhne, die bei Vollzeit zur Sicherung des Lebensunterhalts eines Alleinstehenden nicht ausreichen sowie eine einseitige und polarisierende Lohnentwicklung generieren, verschärfen Armutsrisiken und schwächen den sozialen Zusammenhalt.“ In der Wirtschaft wäre mit derartigen Manipulationen womöglich der Tatbestand der Bilanzfälschung erfüllt. Aber Sie sind ja nur Politiker, und uns wundert Ihr Verhalten schon gar nicht. Was sollte denn von einer Partei, die vornehmlich Apotheker, Anwälte und Hoteliers zu ihrer Klientel zählt und deren strategischer Horizont sich auf das Mantra von der Steuersenkung beschränkt, anderes zu erwarten sein?

Martin Kind, Chef des gleichnamigen Hörgeräteherstellers – Sie haben geäußert „Die Gier einiger weniger Manager hat dem Ansehen unserer Sozialen Marktwirtschaft mehr geschadet als das gesammelte Werk von Karl Marx.“ Wir haben dem nichts hinzuzufügen – allenfalls, dass Sie damit den Marx vielleicht etwas unterschätzen …

Rachida Dati, französische Ex-Justizministerin – Sabine Leuthäuser-Schnarrenberger, Annette Schavan, Angela Merkel – diese Damen assoziiert man mit manchem. Sexappeal gehört nicht unbedingt dazu. Ganz anders bei Ihnen. Sie waren so etwas wie die Königin der Nacht in Sarkozys Kabinett und brachten eine Art erotisches Hintergrundrauschen in die Tristesse der alltäglichen Politik. Jetzt schreibt die Journaille, Sie hätten zu Ihrer Zeit als Ministerin Beziehungen zu sieben bis acht Männern unterhalten. „Mehr oder weniger gleichzeitig“, wie ein Hamburger Nachrichtenmagazin nicht ohne Bigotterie vermerkte, „bei laufenden Regierungsgeschäften“. Mit einem der Herren sollen Sie gar ein Kind gezeugt haben, was der jedoch bestreitet, weswegen Sie jetzt Vaterschaftsklage eingereicht haben. Wir Boches haben für dergleichen Situationen ein Sprichwort: „Vater werden ist nicht schwer …“

Dr. Gregor Gysi, MdB und Rinderzüchter a.D. – Sie seien der Meinung, so äußerten Sie dieser Tage bei der Vorstellung neuer Bundestagskandidaten Ihrer Partei, dass Leute, die nicht melken können, nicht in die Politik gehörten. Nun wissen wir alle, dass niemand in Deutschland bislang das Volk so gut melken konnte, wie die derzeitig regierende Politikerriege – egal welchen Geschlechtes, welcher Religion oder sonstiger Bekentnisse. Und das wollen Sie mit Ihren Leuten noch toppen?

Peer Steinbrück (SPD), Möchte-gern-Kanzler – Den Gazetten war zu entnehmen, dass Sie als Kanzlerkandidat bei Frauen, respektive Wählerinnen nicht hinreichend gut ankämen. Gibt es also doch noch guten Geschmack, unter Umständen auch Sachverstand, im Lande? Das ließe hoffen …

Claudia Roth, Kandidatin fürs Politbüro – Erst unlängst hatte die Parteibasis von Bündnis 90/Die Grünen Ihnen in der Urwahl der Spitzenkandidaten zur nächsten Bundestagswahl mit nur 26 Prozent eine so rauschende Klatsche verpasst, dass allein der politische Anstand geboten hätte, den Hut zu nehmen. Aber ein „Candystorm des Zuspruchs“ habe Sie, wie es in einem hauptstädtischen Medium hieß, „bewogen“, doch wieder für den Parteivorsitz zu kandidieren. Nach Ihrer jüngst erfolgten Wiederwahl sollten Sie nun ganz schnell für die Bildung eines Politbüros in Ihrer Partei sorgen und dort dann bis zum physischen Ableben wie Candy an Ihrem Stuhl kleben. Natürlich gäbe es zumindest einen markanten Unterschied zum gewesenen SED-Politbüro – dank Ihres üblicherweise sanguinisch-farbenfrohen Outfits.

Landtagsfraktion der Linken Brandenburg, Wettbewerbshüterin und Freundin des Flugwesens – Natürlich sind Sie allesamt für die Stärkung „plebiszitärer Elemente“ in unserer Vertreterdemokratie. Elemente wohlgemerkt! Dass das Volk, der große Lümmel, aber mitzuentscheiden hat, das geht nun wirklich nicht! Das Volksbegehren für ein Nachtflugverbot auf dem schicken neuen Großflughafen BER – über den wir in diesem Zusammenhange einmal nicht lästern wollen – hat immerhin mit 106.000 Unterschriften das Quorum deutlich überschritten. Macht nichts, Sie bleiben stur an der Seite Ihres Koalitionspartners, der die gestressten Anwohner eh nur für eine Minderheit der Brandenburger (und Berliner…) hält, die man getrost übergehen könne. Die Linke hingegen versucht sich in der Quadratur des Kreises: Nachtflugverbot in Schönefeld nur, wenn auch in Hannover – sagt Fraktionschef Christian Görke. Wohl wissend, dass in Hannover die CDU nein sagt. Er hat vergessen, Palermo, München und Leipzig-Halle einzubeziehen. Die Verkehrsexpertin Kornelia Wehlan will zwar das Nachtflugverbot in Schönefeld, aber „aus ökologischen Gründen“ keine Flieger in Sperenberg – und lehnt deshalb (!) das Nachtflugverbot in Schönefeld ab. Das verstehe wer kann. Ihre Wähler werden das nicht verstehen. Und Sie werden Ihr nächstes Wahlergebnis nicht verstehen. Da wird es Ihnen wohl ergehen, wie dem berühmten Grigori Kossonossow: Bruchlandung nennt man so was im Flugwesen.

Norbert Lammert, Bundestagspräsident, Warner wider die Reflexe – „Man soll es besser lassen“, ließen Sie jüngst in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung verkünden. Das sei alles nur „Reflex“ auf die NSU-Morde und „nicht durchdacht“. Sie argumentierten wider das (endlich!) von den Innenministern der Länder beschlossene NPD-Verbotsverfahren: Der politische Einfluss der NPD sei „selten so gering wie heute“ gewesen, eine „akute Bedrohung der Demokratie“ nicht nachweisbar. Der Respekt vor der Würde Ihres Amtes verbietet uns die geharnischte Antwort, die hier eigentlich nötig wäre. Allerdings dachte Ihr de facto Amtsvorgänger, Reichstagspräsident Paul Löbe, ähnlich. Auch der sah lange keine akute Bedrohung der Demokratie durch die NSDAP, bis er am 30. August 1932 von Hermann Göring abgelöst wurde. Göring allerdings ließ sich erst wieder, wie allgemein bekannt, durch die vollständige militärische Zerschlagung des Reiches seitens der Vereinten Nationen aus dem Amte entfernen. Wir appellieren an Ihre Lernfähigkeit!