13. Jahrgang | Nummer 9 | 10. Mai 2010

ANTWORTEN

Wolfgang Thierse, Bundestagsvizepräsident – Zu Ihrer volksvertreterlichen Courage am 1. Mai fällt uns nichts anderes ein als: Bravo!!! und Respekt!!!

Rainer Wendt, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft – Sie haben den Rücktritt von Wolfgang Thierse vom Amt des Bundestagsvizepräsidenten gefordert, da dessen Teilnahme an einer Sitzblockade gegen Nazis für Sie „einfach unerträglich“ ist und Thierse als „Salon-Revoluzzer“ „die personifizierte Beschädigung des Ansehens des deutschen Parlaments“ sei. Man mag es nicht glauben, aber Sie sind wirklich ein Gewerkschafter!?! Also einer, dessen Feiertag am 1.Mai von den Nazis mißbraucht worden ist! Und das also ist Ihre Schlußforgerung! – Chapeau!

Anja Hertel, Berliner SPD-Fraktionsvize – Sie nun wieder haben Thierses Verhalten als “für einen Vizepräsidenten nicht würdig” erklärt. Vor der eigentlich folgerichtigen Forderung, Thierses parlamentarische Immunität aufzuheben und ihn nach Paragraph 21 des Versammlungsgesetzes mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe zu belegen, muß Sie irgendjemand bewahrt haben; immerhin haben Sie diese Aussage nun selbst als definitiven Fehler bezeichnet. Diesmal gilt unser Glückwunsch dem (vermutlich) Genossen, dem Sie diese schöne Einsicht verdanken. Ansonsten gilt: siehe Curt Goetz…

Curt Goetz, Multitalentierter – Das Denken sei zwar allen Menschen erlaubt, aber vielen bliebe es erspart, haben Sie dereinst eine Ihrer Wahrnehmungen ironisch resümiert. Falls Sie den Fortgang der Dinge hienieden auf Wolke Sieben verfolgen sollten, wissen Sie gewiß über die ungebrochene Gültigkeit Ihrer Beobachtung. Der hochgeschätzte Kabarettist Volker Pispers formuliert das mit Blick auf das fortwährende Verwirrungswerk von Analysten heute so: „Wissen Sie, was hier los ist? Die halten uns für genauso blöd wie wir sind.“

Elke Koller, Apothekerin in Büchel/Eifel – Sie haben vor dem Verwaltungsgericht Berlin Klage gegen die Bundesregierung eingereicht, um den Abzug der letzten ca. 20 US-Atomwaffen vom Fliegerhorst der Bundesluftwaffe in Büchel/Eifel juristisch herbeizuführen. Sie wohnen in der Nachbarschaft und fühlen sich bedroht. Ihre Rechtsvertretung, die deutsche Sektion der Internationalen Vereinigung von Juristen gegen Atomwaffen, argumentiert u.a., daß der geplante Einsatz der US-Kernwaffen mittels Tornados der Bundesluftwaffe gegen den Atomwaffensperrvertrag verstoße, der Nichtatomwaffenstaaten die Entgegennahme von Kernwaffen untersage. Vielleicht sollten Sie die Bundesregierung einfach mal an einen von Franz-Josef Strauß öfters zitierten Grundsatz erinnern. Der wollte zwar als junger Mann auch die Bundeswehr atomar bewaffnen, wußte aber in reiferem Lebensalter immerhin: „Pacta sunt servanda!“

Günther Deschner, Chefredakteur — Als ehemaliger Redakteur und auch Ressortleiter der Welt und Gelegenheitsautor der Jungen Freiheit haben Sie dem NDR auf dessen Frage, ob das von Ihnen nun geleitete Blatt Zuerst! verfassungsfeindliche Positionen verbreite, aufschlußreich geantwortet: “Wir sind ja nicht gegen das System, warum stellen Sie so dumme Fragen? Sie wissen ja, was im Heft steht. Ich und meine Kollegen haben in der Welt nicht anders geschrieben, als wir heute schreiben. Wenn man das heute möglicherweise als zu rechts empfinden sollte, kann man sagen, nicht wir haben uns weiter nach rechts bewegt, sondern das Parteiensystem und die Medienlandschaft haben sich weiter nach links bewegt.” Schön, wenn man sich so treu bleiben kann, ob in der Welt oder bei Zuerst!

Karl-Heinz-Schreiber, krimineller Waffenlobbyist – Nun gehen Sie also für gut acht Jahre in den Bau. Das ist sicher alles andere als ungerecht, schade nur, daß Ihr Prozeß so gar nichts von Ihren seinerzeit aus Kanada so vollmundig angekündigten Enthüllungen samt folgendem Köpferollen erbracht hat. War´s Bluff oder haben Sie Verzicht geübt, um sehr viel eher wieder unter uns weilen zu dürfen, als das verhängte Strafmaß dies festlegt?

Rudolf Weigell, Richter am Augsburger Landgericht – Das von Ihnen ausgesprochene Strafmaß für Schreiber haben Sie auch damit begründet, daß es in der Öffentlichkeit nicht heißen dürfe: „Die Kleinen hängt man, die Großen läßt man laufen”. Abgesehen davon, daß sich dieses putzige Vorurteil ums Verrecken – warum auch immer – nicht aus der Welt schaffen läßt möchten wir anmerken, daß im Rahmen jener Politkriminalität, um die es eigentlich ging, Schreiber ja offenbar sehr wohl ein „Kleiner“ gewesen sein dürfte – Ehrenwort!

Herman van Veen, vielgeliebter Entertainer – »Von allen Deutschen, die ich kenne, sind mir – bis auf eine Handvoll Ausnahmen – die aus dem Osten am liebsten, und das nicht, weil sie so viel weiter weg von Holland wohnen«, schreiben Sie in Ihren Erinnerungen, die unter dem Titel »Bevor ich es vergesse« im Berliner Aufbau-Verlag erschienen sind. Das lassen Sie bei jenen Deutschen, denen Sie räumlich näher sind, mal besser nicht auf der Bühne hören; Sie wollen doch nicht in leeren Sälen auftreten.

Katharina Wagenbach, Verlegerin – da ist eine der vielen schönen Editionen Ihres Verlages in unserer letzten Ausgabe so freundlich besprochen worden – die editorischen Angaben des Bandes mit Texten von Karl Kraus und Rosa Luxemburg haben wir aber versehentlich unterschlagen. Dies bedauernd, schließen wir diese Lücke also im Nachgang:

Karl Kraus und Rosa Luxemburg, Büffelhaut und Kreatur
Die Zerstörung der Natur und das Mitleiden des Satirikers.
Friedenauer Presse 2009, 32 Seiten, 9,50 Euro, Herausgegeben und mit einem Nachwort von Friedrich Pfäfflin.

Dirk Hüttemann, Berliner – Auf einem Lufthansa-Flug von Hamburg nach Frankfurt ist Ihnen und Ihren Mitpassagieren bei der Sicherheitsinformation bedeutet worden: “Bei einem Druckverlust ziehen Sie eine der Stewardessen ganz zu sich heran und drücken Sie sie fest auf Mund und Nase.” Daß der Informant die ungeteilte Aufmerksamkeit auf seiner Seite hatte, darf sicher mit Recht ebenso unterstellt werden wie ein verbreiteter Wunsch nach wenigstens einem bißchen Druckabfall, oder?