26. Jahrgang | Nummer 7 | 27. März 2023

Antworten

Maurice Joseph Micklewhite Jr., markanter Charaktermime zwischen Trash und Oscars Wenn man, wie Sie, zwischen 1956 und 2022 in über 160 Filmrollen zu sehen war, dann ist darunter neben Streifen wie „Hannah und ihre Schwestern“ (1986) oder „Gottes Werk und Teufels Beitrag“ (1999), für die Sie Ihre beiden Oscars, jeweils als Bester Nebendarsteller, in Empfang nahmen, zwangsläufig auch jede Menge bloß kommerzielles Zeug bis hin zum Trash gewesen. Aber immer wieder auch großes Kino – wie etwa „Der Mann, der König sein wollte“ (1975) oder „Die Brücke von Arnheim“ (1977). Und nicht zuletzt Filme mit politischer Botschaft wie „Der Honorarkonsul“ (1983) und „Der stille Amerikaner“ (2002), beide nach Romanvorlagen von Graham Greene. Nicht zuletzt hatten Sie Sinn für cineastische Kabinettstückchen – 1972 gaben Sie in dem psychologischen Kammerspiel „Mord mit kleinen Fehlern“ an der Seite von Laurence Olivier (der als reicher Kriminalautor Andrew Wyke) Milo Tindle, den Liebhaber von dessen Ehefrau. In der Neuverfilmung 35 Jahre später, 2007, waren Sie Andrew Wyke, während Jude Law den Liebhaber verkörperte. Alles in allem hat sich eine bereits Anfang der 1980er Jahre getroffene Bewertung als unkaputtbar erwiesen: „Bei jemandem wie [… Ihnen], der seit so langer Zeit in so vielen Filmen mitgewirkt hat, vergisst man leicht, welch ein herausragender Schauspieler er ist.“

Am 14. März feierten Sie Ihren 90. Geburtstag. Wir gratulieren nachträglich, Sir Michael Caine. (Wie Sie sich seit Mitte der 1950er Jahre und im Anklang an den Film „Die Caine war ihr Schicksal“ nennen, der Sie beindruckt hatte.)

 

Helge Limburg, rechtspolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion – Das Namensrecht in Deutschland soll reformiert werden. Nutzten Sie die Gelegenheit, um womöglich von anderen Problemen abzulenken? Sie schlugen vor, das sogenannte „Meshing“ (Verzahnung) zu gestatten, also das Verschmelzen von zwei Nachnamen bei Heirat. Eine Alternative zu den ellenlangen Bindestrich-Namen wie Leutheusser-Schnarrenberger oder – wer kann sich noch erinnern? – Kramp-Karrenbauer. Aus der Ehe von Herrn Braun und Frau Müller könnten künftig die Brüller hervorgehen. Also Augen und Ohren auf bei der Partnerwahl! Wir empfinden das so, wie ein mögliches Ergebnis lautet, wenn Herr Kokoschka und Frau Dolores einander ehelichen: Kokolores. Apropos Partnerwahl:

 

Christian Wulff, abgebrochener Bundespräsident, allerdings mit Hochzeits-Hattrick Hochseiläquilibristik ohne Netz und doppelten Boden – etwa 1974 Philippe Petits Spaziergang vom Dach des einen der damals noch brandneuen, nämlich erst im Jahr zuvor eröffneten Twin Towers zum anderen – ist im besten Falle breathtaking, aber nichts gegen Vom Winde verweht-Stories, die ans Herz von Millionen greifen. In dieser Liga haben Sie und Ihre Bettina gerade wieder eine Kohle nachgelegt: Erstes Ja-Wort 2008 bei standesamtlicher Hochzeit. Fünf Jahre später die Trennung. (Verständlich, weil – nach dem von Neidern und der Medienmeute herbeigehetzten Auszug aus dem Schloss Bellevue waren Sie vom Märchenprinzhimmel unsanft in Prekariatsnähe aufgeschlagen und hatten der Gattin im besten Falle nurmehr volatile Aussichten zu bieten.)

Doch 2015 – war der Spatz auf dem Dach womöglich doch noch besser als die Taube jwd? – das zweite, diesmal kirchliche Jawort als Ausdruck einer reanimierten Beziehung.

Dies war zweifelsfrei bereits beachtlich. Wurde jedoch getoppt durch die nächste Volte – Scheidung 2020.

Damit alles Vom Winde verweht? Mitnichten: Am 18. März 2023 feierten Sie, lieber Christian, und Ihre Bettina im kleinen Rahmen die dritte Hochzeit.

Chapeau!

Sie haben den alten Sponti-Spruch – weiß Gott – zum Ritterschlag geadelt: „Wer zweimal mit derselben pennt, gehört schon zum Establishment.“

Und wenn wir – in aller Bescheidenheit – einen Wunsch äußern dürften, dann wäre es dieser:
Bitte unbedingt weiter so!

 

Armin Papperger, Rüstungsprofiteur – Am 20. März läuteten Sie die Glocke zur Handelseröffnung an der Frankfurter Börse. Die Aufnahme von Rheinmetall, deren Chef Sie sind, in den deutschen Leitindex DAX bescherte Ihrem Rüstungskonzern einen Kurssprung. Allein am ersten DAX-Börsentag waren es 5,4 Prozent. Sie waren an der Spitze der Gewinner, denn Sie zählen zu den drei größten Herstellern von Militärfahrzeugen der sogenannten westlichen Welt. Vom Munitionsgeschäft ganz zu schweigen. Sie schaffen gerade Tausende neue Arbeitsplätze. Analysten erhöhten das Kursziel kräftig, denn Sie sind „der Hauptprofiteur der üppigen Munitionslieferungen an die Ukraine“. Inzwischen werden die ersten Forderungen nach Zahlung einer Übergewinnsteuer für die Rüstungsindustrie laut. Zu Ihrer Beruhigung: Die FDP hat dies sogleich abgelehnt. Das führt uns direkt zur folgenden Antwort:

 

Marie-Agnes Stramm-Stillgestanden, pardon: Strack-Zimmermann (FDP), Bedrohungssirene vom Dienst – Der Verlauf des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hat zur Überraschung nahezu aller einschlägigen Experten demonstriert, dass Moskaus Streitkräfte statt der erwarteten Überlegenheit eher über die Kampfkraft der aus der Augsburger Puppenkiste hinlänglich bekannten Blechbüchsenarmee verfügen. Das darf sich natürlich nicht herumsprechen, wenn jemanden, wie Ihnen, an einer Vervielfachung der nationalen Wehrhaftigkeit und des diesbezüglich verfügten 100-Milliarden-Sondervermögens gelegen ist. Daher rühren Sie unverdrossen die Trommel – jüngst in der Neuen Zürcher Zeitung: „Auf russischen Panzern steht ‚nach Berlin‘, und der tschetschenische Präsident und Moskaus Verbündeter Kadyrow droht offen mit der Besetzung von Ostdeutschland.“

Sehr gut, dass Sie den pathologisch russophilen Ossis mal klarmachen, was denen demnächst und völlig zu Recht droht. Zumal offensichtlich jede Menge der im letzten Weltkrieg notorisch siegreichen Russenpanzer vom Typ T-34 (das waren die mit der Aufschrift „на Берлин!“) bereits wieder reaktiviert worden sind.

Werte Agnes-Marie, halten Sie Kurs! Unsererseits sind Sie nach dem Endsieg fürs Bundesverdienstkreuz vorgemerkt – mindestens in der Ausführung als Großkreuz 1. Klasse am Schulterband, Adler maschinengestickt, sechspitziger Bruststern links. Den Materialwert können Sie zwar vergessen, aber Sie wären damit immerhin unsterblich eingereiht in eine Phalanx von Trägern wie etwa António de Oliveira Salazar (faschistischer Despot Portugals), Hans Globke (Kanzleramtschef von Adenauer und Kommentator der faschistischen Nürnberger Rassegesetze) oder Hans Filbinger (Ministerpräsident von Baden-Württemberg und verdienter Nazi-Marinerichter mit Todesurteilen.

 

„Sensenmann“ oder MQ-9 „Reaper“ – Sie waren am 14. März, vermutlich von einem US-Stützpunkt in Rumänien kommend, über dem Schwarzen Meer unterwegs, um das zu tun, wofür Sie geschaffen wurden: Militärische Aufklärung und Zielzuweisung. Ihr Name spricht Bände. Zwei russische Kampfjets vom Typ SU-27 gesellten sich zu Ihnen. Bekanntlich seit den Zeiten des Kalten Krieges bedrängen sich russische und amerikanische Piloten gegenseitig im internationalen Luftraum. Nach US-Angaben brachten die Russen die unbemannte Drohne durch Flugmanöver letztlich zum Absturz, was einem Totalverlust von 32 Millionen US-Dollar entspricht. Die andere Seite bestreitet dies natürlich. Südwestlich der Krim sollen Sie (Rumpflänge 11 und Spannweite 20 Meter) jetzt 1500 Meter tief unter dem Meeresspiegel in viele Teile zerschellt liegen. Angeblich begann bereits der Wettlauf beider Seiten um die schwierige Bergung dieser Teile und ihrer Geheimnisse. Ein gutes Ergebnis hat Ihre – abgebrochene –Mission bei allem Ernst des Vorfalls dennoch gezeitigt: Zum ersten Mal seit Oktober 2022 telefonierten die Verteidigungsminister Sergej Schoigu und Lloyd Austin miteinander.

 

Christian Baron, Kollege – Schade, dass die Redaktion von der Freitag (Ausgabe Nr. 11/2023) Ihre Rundumanalyse der Grünen unter anderem in Sachen Krieg und Frieden sowie Soziale Frage, die immerhin die vergangenen 30 Jahre umfasst, nicht online gestellt und frei zugänglich gemacht hat. Denn Ihr Text ist höchst lesenswert. So wollen wir hier wenigstens aus Ihrem Fazit zitieren: „Weder die alten ‚Realos‘ noch die jungen Bundestagsabgeordneten der Grünen setzen sich für die Freilassung von Assange ein. Derweil prangern sie zu Recht die Haftbedingungen des russischen Oppositionellen Alexei Nawalny an. Ähnliches gilt auch für die Grünen-Abgeordneten, die sich als Aktivistinnen in Lützerath inszenierten, im Bundestag jedoch nicht gegen die Räumung des Camps stimmten. Auf den Vorwurf der Doppelmoral antwortete Grünen-Mitglied Luisa Neubauer kürzlich in einem Podcast: ‚Besser Doppelmoral als gar keine Moral.‘ Genau das ist Teil des politischen Kalküls der Grünen. Die Kritik trifft sie nicht, weil sie sich der Zustimmung ihrer Klientel sicher sein können. Die sieht zum einen den Kampf gegen die Klimakatastrophe als individuelle Aufgabe (weniger Fleisch essen anstatt Ende der Massentierhaltung; bestimmte Heizungen verbieten anstatt Enteignung von RWE und Co.). Zum anderen sieht sie in der Nato eine Schutzmacht der ‚westlichen Werte‘, bei der man im Namen der Freiheit aller Menschen – ‚mit Bauchschmerzen‘ – auch mal beide Augen zudrücken müsse.“

Besser hätten wir den Grund, warum aus der Springer-Presse schon lange keine Breitseiten gegen die Grünen mehr zu vernehmen sind, auch nicht auf den Punkt bringen können. Oder kürzer gesagt: Einfach – widerlich.

 

Karl Lauterbach (SPD), Bundesgesundheitsminister – Die einzige längere „Würdigung“, die Sie in diesem Magazin je erfahren haben, fiel im Jahre 2021 reichlich sarkastisch aus (siehe Blättchen 5/2021). Doch nicht trotzdem, sondern eher deswegen wurden Sie nach der letzten Bundestagswahl Bundesgesundheitsminister. Vieles von dem, was Ihr hiesiger Kritiker moniert hatte, verhalf Ihnen in der Öffentlichkeit zu nachgerade überbordender Popularität: Sie – mehr noch als der Virologe Drosten und RKI-Chef Wieler – waren der Leuchtturm in der Pandemie, an dem man sich orientierte! Selbst wenn Ihre jeweils jüngsten Einlassungen nicht immer mit denen der Vortage harmonisierten.

Doch inzwischen ist der Lack ab. Heute gelten Sie in manchen Medien bereits längst als einer, der „darauf beharrte, die Corona-Impfstoffe seien nebenwirkungsfrei“ und der „mit sorgloser Verbreitung falscher Fakten eine Impfpflicht herbeizuzwingen versuchte“ (DIE WELT, 13.03.2023).

Nun auch noch dieses: „Lebenslauf gefälscht?“ fragte die Frankfurter Rundschau dieser Tage und lag dabei nicht mal an der Spitze des Eisberges. Hintergrund: Nach Medienrecherchen sollen Sie 1995 bei der Bewerbung um eine C4-Professur (zur Erinnerung: das waren einmal die mit den besonders fürstlichen Apanagen bei nur minimalen wissenschaftlichen Bringepflichten) an der Universität Tübingen den Eindruck erweckt haben, dass der Uni mit Ihrer Person üppige Drittmittel und staatliche Fördergelder in Aussicht ständen. Die Rede ist von DM-Summen in Millionenhöhe, was einer klammen Uni eine Berufung durchaus schmackhaft gemacht haben dürfte. Die von Ihnen seinerzeit konkret benannten Projekte und Zusammenhänge allerdings sind jetzt von weiland tatsächlich involvierten Zeitgenossen, darunter pikanterweise ihre damalige, ebenfalls im Wissenschaftsmetier tätige Ehefrau, ins Reich der Legenden verwiesen worden …

Vorläufiges Fazit: „Wenn das Kapital eines Wissenschaftlers und Politikers die Glaubwürdigkeit ist, dann ist dieser Gesundheitsminister, wie sich jetzt herausstellt, von Anfang an ein Irrtum gewesen.“ (DIE WELT, 14.03.2023)

Unser Tipp: Halten Sie einfach die Füße still, denn wenn Ihr Dienstherr, der es nun wirklich zur Genüge mit ernsthaften Problemen zu tun hat, Sie nicht schasst, dann können auch Sie sicher am allgemeinen Werte- und Sittenverfall profitieren und dem bewährten Motto folgen: Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich – nicht unbedingt unkomfortabler!