26. Jahrgang | Nummer 5 | 27. Februar 2023

Antworten

Annalena Baerbock, hat schon wieder einen geschossen – Auf der Münchner Sicherheitskonferenz gaben Sie präzise Auskunft darüber, ob die Ukraine jemals wieder sicher sein könne, also unter welcher Voraussetzung: wenn Putin sich „um 360 Grad“ drehe.

Nun kommen Sie zwar aus dem Völkerrecht und nicht aus der Geologie, äh, Geografie, pardon, Geometrie, aber trotzdem gilt: Wer sich um 360 Grad gedreht hat, steht genau wieder an dem Punkt, an dem er gestartet ist.

Da muss man nun allerdings nicht gleich loshämen wie die Plattform journalistenwatch.com: „Die Frau wäre zum Brüllen, wenn sie mit ihrer Unfähigkeit und Dummheit nicht so brandgefährlich wäre.“ Wir machen Ihnen lieber ein faires Angebot: Rechnen Sie einfach nochmal nach. Am besten mit den Fingern …

James Vincent Forrestal, vormaliger Verteidigungsminister der USA – Als Sie sich am 22. Mai 1949 aus dem 16. Stock des Marinehospitals in Bethesda (Maryland) stürzten, sollen Sie den Ruf „Hilfe, die Russen kommen!“ ausgestoßen haben. Ärzte bestätigten Ihnen seinerzeit schwere Depressionen. Solche wollen und können wir dem derzeitigen Präsidenten der USA und seinen Militärchefs nicht attestieren, aber frei von Hysterie scheinen sie bisweilen nicht zu sein. Wie sonst wären die Abschüsse dreier Flugobjekte zu erklären, von denen sie argwöhnten, darin sei chinesische Spionagetechnik verborgen. Hinterher musste Präsident Biden zugeben, dass seine Geheimdienste diesbezüglich keinerlei Erkenntnisse gewonnen hätten. Am wahrscheinlichsten sei es, dass die Objekte zivilen Zwecken wie der Wetterforschung dienten. Englisch heißt das „to use a sledge-hammer to crack a nut“ (eine Nuss mit dem Vorschlaghammer knacken). Besser passt wohl die deutsche Wendung „mit Kanonen auf Spatzen schießen“. Aber warum schießt man überhaupt auf Spatzen?

Heribert Prantl, als Jurist und Journalist Kritiker auch der eigenen Zünfte – in Ihrer Wochenschau erinnerten Sie jüngst an den sogenannten Spiegel-Skandal des Jahres 1962, der – wie Sie richtigerweise anmerkten – eigentlich ein Strauß-Skandal war. Der damalige bundesdeutsche Verteidigungsminister Franz Josef Strauß wollte den Spiegel mit dem Vorwurf des „Landesverrats“ ans Zeug. Redaktion und Verlag wurden von der Polizei durchsucht, die leitenden Redakteure und Herausgeber Rudolf Augstein wurden in Untersuchungshaft genommen. Der Bundesgerichtshof schlug das Strafverfahren jedoch nieder: keine Beweise. Strauß musste sein Amt quittieren. Die Verfassungsbeschwerde des Spiegels gegen Durchsuchung und Beschlagnahme wurde vom Bundesverfassungsgericht zwar zurückgewiesen, die Richter stellten jedoch zugleich fest: „Eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte, keiner Zensur unterworfene Presse ist ein Wesenselement des freiheitlichen Staates; insbesondere ist eine freie, regelmäßig erscheinende Presse für die moderne Demokratie unentbehrlich … in ihr artikuliert sich die öffentliche Meinung …“ Ihre Schlussfolgerung: „Heute, in den Ukraine-Kriegszeiten, müssen sich Spiegel und Co überlegen, was das von ihnen verlangt. Publizisten auf dem Kriegspfad sollten sie jedenfalls nicht sein. Das wäre kein Landesverrat, aber ein Medienverrat.“ – Nur zu berechtigt ist Ihre Mahnung.

David Ensikat, Tagesspiegel-Redakteur – Als gedienter NVA-Gefreiter durften Sie in Ihrer Zeitung – um den Schein der Ausgewogenheit zu wahren – immerhin Ihre Meinung zum „Manifest für den Frieden“ äußern. Vorsichtig fragten Sie: „ … darf man eine Haltung unterstützen, die Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer haben?“ und setzten fort: „Sie sind mir nicht sympathisch, na und? Sie geben einer Haltung eine Stimme, die offenbar die wenigsten meiner Kolleginnen und Kollegen im deutschen Journalismus teilen – soweit sie sich zu Wort melden. Es ist auch meine Haltung.“ Die Art, wie darauf reagiert wurde, nämlich „herablassend, falsch lesend, unterstellend“, habe Sie in dieser Haltung eher noch bestärkt. Alle Achtung! Im Übrigen aber bestimmen nach wie vor die anderen den Tenor im deutschen Journalismus. Mainstream eben.