23. Jahrgang | Nummer 20 | 28. September 2020

Antworten

Michael Gwisdek, Mime und Regisseur – Dass Sie, dieser Tage 78-jährig verstorben, einem jüngeren Publikum vor allem durch Ihre Film- und Fernsehauftritte nach 1990 bekannt sind, liegt auf der Hand. In einem Nachruf heißt es: „Mit Filmen wie ‚Good Bye, Lenin!‘, ‚Boxhagener Platz‘, ‚Nachtgestalten‘ und ‚Oh Boy‘ war er ein Publikumsliebling. Auch im Fernsehen war er oft zu sehen: ob im ‚Tatort‘, bei ‚Bella Block‘ oder in ‚Donna Leon‘.“
Davor, also in der DDR, lagen ab 1973 unter anderem zehn Jahre erfolgreichen Engagements an der Berliner Volksbühne und danach am Deutschen Theater. Und Rollen in Filmen von Rainer Simon wie „Till Eulenspiegel“ oder „Jadup und Boel“. Auch eine Regieleistung (plus Hauptrolle neben Ihrer damaligen Frau Corinna Harfouch) wie der Streifen „Treffen in Travers“, für den Sie 1990 beim Nationalen Spielfilmfestival der DDR den Preis für den besten Film erhielten und bereits ein Jahr zuvor eine Einladung zum Filmfestival Cannes.
Noch in bester Erinnerung ist uns nicht zuletzt Ihr zusammen mit Henry Hübchen, Thomas Thieme, Winfried Glatzeder und Jürgen Prochnow 2017 abgeliefertes schauspielerisches Kabinettstückchen „Kundschafter des Friedens“.
Berühmt-berüchtigt auch fern von Set und Bühne waren Sie überdies für Ihre Berliner Kodderschnauze, mit der Sie lästigen oder begriffsstutzigen Befragern gegebenenfalls Bescheid stießen – wie noch 2019 in einem Interview mit der B.Z.: „Dit reicht mir jetzt! Wenn die DDR irgendwas erreicht hat, dann dass ich Nazis scheiße finde!“
Chapeau!
Sie werden uns fehlen.

Friedrich Merz, CDU-Spitzenamtsbewerber – Ihre Aussage „Wir müssen ein bisschen aufpassen, dass wir uns nicht alle daran gewöhnen, dass wir ohne Arbeit leben können“, hat Ihnen heftige Vorwürfe eingebracht – jedenfalls aus anderen als der eigenen Partei. (Das „Wir“ war ja wohl nicht ernst gemeint, Sie, der Sie sich selber bescheiden untertreibend als Angehöriger der „gehobenen Mittelschicht“ bezeichnen, haben selbstverständlich stets hart dafür gearbeitet.) Dabei haben Sie sich durchaus als würdig für die höchste Position in der CDU erwiesen, stehen Sie doch in der Tradition eines anderen Großen Vorsitzenden: Helmut Kohl warnte 1993 vor Deutschland als „kollektivem Freizeitpark“. Das empörte damals auch so manchen und die Gesellschaft für deutsche Sprache fand, es handele sich dabei um eines der Unwörter des Jahres. Doch Kohl wurde ungeachtet dessen erneut zum Parteichef und zum Kanzler gewählt. Ihre Aufstiegsaussichten – zumindest in der CDU – haben sich also kaum verschlechtert.

Walentina Tereschkowa (83), aus dem Saal gebetene Abgeordnete – Eine tadelndes „nicht“, „gut“, „ja, ja, ja“ mussten Sie sich gleich auf der ersten Herbstsitzung der russischen Staatsduma vom Parlamentsvorsitzenden anhören. Sie mochten dem Ansinnen Wjatscheslaw Wolodins, die Sitzung zu verlassen, um sich vor dem Corona-Virus im Büro in Sicherheit zu bringen, nicht recht Folge leisten. Gewiss, Sie haben 1963 die Erde umkreist und als sowjetische Kosmonautin schon deutlich weiter entfernt ihre Arbeit gemacht. Doch eben deshalb sorgt sich das Hohe Haus: Eine Frau, die als erste ins All flog, gibt es in keinem anderen Parlament der Welt. Hören Sie auf den Vorsitzenden und Ihre Kollegen: Passen Sie auf sich auf!

Nikolaus Blome, journalistischer Wanderer zwischen BILD, Spiegel und RTL – Die taz bestätigte Ihnen unlängst, dass Sie „jetzt auch nicht gerade die intellektuelle Spitze des deutschen Politjournalismus besetzte[n].“ Dafür wurde Ihnen ein eifriges Streben nach Spitzenplätzen im Zitate-Ranking nachgesagt. Beides haben Sie jüngst wieder unter Beweis gestellt. In Ihrer Spiegel-Kolumne „Jetzt erst recht(s)“ lästerten Sie jüngst über Wladimir Putin: „Rein optisch wirkt der russische Staatschef wie ein Opfer fortgesetzt glückloser Gesichtschirurgen.“ Dürfen wir damit rechnen, Sie demnächst als männlichen Kandidaten bei „Germany’s next Topmodel“ zu sehen?