22. Jahrgang | Nummer 17 | 19. August 2019

Antworten

Georg Mascolo, einsamer Rufer in der Wüste – Ihr kürzlicher „Es fehlt eine junge Generation, die sich für Abrüstung einsetzt“ betitelter Kommentar in der Süddeutschen Zeitung war in diesem deutschen Qualitätsmedium – von den anderen ganz zu schweigen – ziemlich singulär.
Sie konstatierten: „Die Angst vor Atomtod, Nachrüstung und Aufrüstung, die in diesem Land noch in den Achtzigerjahren Hunderttausende auf die Straßen trieb, scheint weitgehend verschwunden zu sein.“
Ihre Zentralindizien: „Wie sonst ließe sich erklären, dass das formale Ende des INF-Vertrages […] ohne jeden öffentlichen Protest blieb?“
Und: „[…] keine der inzwischen so vielen schlechten Nachrichten aus der Welt der nuklearen Unvernunft dringt noch wirklich durch: nicht die überall stattfindende Modernisierung der Arsenale, nicht die Entwicklung neuer Hyperschall-Waffen, nicht der wachsende Zorn jener Länder, die den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet haben und damals im Gegenzug ein Abrüstungsversprechen der Nuklearmächte erhielten.“
Sie zitierten auch den Befund des früheren US-Verteidigungsministers William Perry, „heute bekämen die Regierungen von ihren Bürger nicht mehr genügend Druck, sich für atomare Abrüstung einzusetzen, weil Menschen nicht realisierten, wie groß die Gefahr tatsächlich sei“.
Es gibt leider keinerlei Anzeichen dafür, dass sich Letzteres in absehbarer Zeit oder gar grundsätzlich ändern könnte. Doch das soll niemandem als Unterlassung angekreidet werden. Denn wie formulierte schon der polnische Aphoristiker Stanisław Jerzy Lec so zeitlos trefflich: „Nichts fällt einem von selbst zu. Sogar eine Dummheit muss man erst machen.“

Berater, Synonym für Lizenz zum Gelddrucken – Das gilt mindestens für jene Gesegneten, die es in Reichweite des Füllhorns des deutschen Verteidigungsministeriums (BMVg) geschafft haben. Wie jetzt bekannt wurde, haben das BMVg und die ihm nachgeordneten Behörden und Körperschaften allein im ersten Halbjahr 155 Millionen Euro für externe Beratung ausgegeben. Das ist nahezu genauso viel, wie alle anderen 13 Ministerien zusammen (178 Millionen). Das geht, so dpa, aus einer Antwort des BMVg auf eine Anfrage von Matthias Höhn (MdB, Die Linke) hervor.
Und da der Teufel bekanntlich immer auf den größten Haufen schei…t, darf die Riege der BMVg-Berater schon mal die Schampus-Korken knallen lassen – in Erwartung eines nicht minder üppigen zweiten Halbjahres!

Birgit Breuel, frühere Treuhand-Chefin – „Weisheit kommt im Kopf und nicht im Alter“, lautet eine Sottise, die in den Blättchen-Antworten schon des Öfteren zitiert wurde. But exception makes the rule! Sie, bald 82-jährig, bekannten jetzt im Hinblick auf die Ostdeutschen, dass „die durch ihren ungeheuren Mut die Mauer zu Fall gebracht haben. Wir Westdeutschen haben dazu nichts beigetragen. Diese großartige Leistung wurde nicht ausreichend gewürdigt, genauso wenig wie die Leistungen der Menschen im Transformationsprozess. In Westdeutschland wäre es nicht möglich gewesen, den Leuten eine Veränderung dieses Ausmaßes zuzumuten. Sie hätten das nicht durchgehalten, davon bin ich überzeugt.“
Und dann noch diese Selbsterkenntnis: „Ich war die Hassfigur im ganzen Land.“
Na – besser spät als nie!

Christoph Gröner, Chef einer Immobiliengruppe – Von Vertretern Ihrer Branche werden ja üblicherweise nur Verhaltensweisen erwartet, die die verbreiteten Vorurteile über Ihr Gewerbe bestätigen und erhärten. Andererseits sind es gerade die unerwarteten Momente, die haften bleiben.
Es geschah dieser Tage auf einer Charity-Veranstaltung. Das sind diese wiederkehrenden Events, auf denen für wohltätige Zwecke gesammelt wird und stinkreiche Leute so tun dürfen, als würde Geld den Charakter doch nicht gänzlich verderben. An dem betreffenden Abend waren bereits ein Mercedes-Benz GLC2504MATIC für 50.000 Euro, eine Patek Philippe Herrenuhr für 94.000 Euro und Werbeplätze auf den T-Shirts von Cathy Hummels und Franca Lehfeldt für 100.000 Euro versteigert worden. (Die Damen sind Fußballdribbler Mats Hummels und FDP-Fakir Christian Lindner zuzuordnen und werden die T-Shirts beim New-York-Marathon tragen.)
Dann aber wurden 150 mal 120 Zentimeter in Öl aufgerufen: Neo Rauchs Bild „Der Anbräuner“ (siehe dazu den Beitrag von Ingeborg Ruthe im Blättchen 15/2019).
Und Sie waren der Meistbietende – 550.000 Euro. Und griffen anschließend zum Mikrofon, um mitzuteilen, dass Sie 750.000 Euro für angemessener hielten, weswegen Sie noch 200.000 drauflegten!
Das Geld geht unter anderem an ein Kinderhospiz, und das ist eine sehr schöne Sache – wenn man mal kurz darüber hinwegsieht, dass in der wohlhabenden Bundesrepublik Kinderhospize auf solche Almosen angewiesen sind.
Apropos verbreitete Vorurteile gegen die Immobilienbranche: Eine Schwalbe macht zwar noch keinen Sommer, aber wenn Ihr Beispiel Schule machte …
Übrigens – Neo Rauch stellt alljährlich eines seiner Bilder für karitative Zwecke zur Verfügung.