Arno Klönne†, ein nun fehlender Streiter – Im Alter von 85 Jahren sind Sie, der unnachgiebige Publizist des Widerspruchs gegen die uns umgebende Inhumanität des Kapitalismus, aber auch gegen linke Abirrungen, von uns gegangen. Langjährig haben Sie als „Linksaußenseiter“ der SPD angehört, bis sie diese 2004 endgültig verlassen haben, um in Paderborn, eine freie Wählergemeinschaft ins Leben zu rufen, die aus dem Stand den Einzug in den Stadtrat schaffte. Zu Ihrer publizistischen Lebensleistung gehören zahlreiche historische und soziologische Büchern und Schriften von bleibendem Wert. Als ruheloser Kämpfer für ein besseres Deutschland gehörten Sie auch zu den Gründern und Herausgebern der Zweiwochenschrift Ossietzky, der Sie jetzt fehlen werden wie allen streitbaren Linken.
Gerhard Zwerenz, Jubilar – Zu den ebenso nüchternen wie hellsichtigen Lagebeurteilungen linken Seins und Werdens, die wir Ihrer Feder verdanken, gehören auch diese, realsozialistisch betrüblich bestätigten Sätze: „Sobald sich zur Lehre ein Zwang gesellt, wird diese Lehre zum Dogma, zur Gewalt, zur neuen Diktatur.“ Und: „Wenn eine Revolution siegreich ist, macht sie aus individuellen Revolutionären kollektive Revolutionäre – das ist der Schlüssel, um an die Macht zu kommen. Damit werden sie selbst leicht zu neuen Unterdrückern. Sie gestatten den eigenen Kampfgefährten nicht mehr, ihr eigenes Ich zu formulieren.“ Nun sind Sie unermüdlicher Streiter für ein besseres als das realkapitalistische Dasein 90 geworden. Das Blättchen, das Sie zeitweilig auch zu seinen Autoren zählen durfte, gratuliert von Herzen.
Arthur Schopenhauer, Hellsichtiger – „Die wohlfeilste Art des Stolzes hingegen ist der Nationalstolz. Denn er verrät in dem damit Behafteten den Mangel an individuellen Eigenschaften, auf die er stolz sein könnte, indem er sonst nicht zu dem greifen würde, was er mit so vielen Millionen teilt“, haben Sie dereinst postuliert. Und hinzugefügt: „Wer bedeutende persönliche Vorzüge besitzt, wird vielmehr die Fehler seiner eigenen Nation, da er sie beständig vor Augen hat, am deutlichsten erkennen. Aber jeder erbärmliche Tropf, der nichts in der Welt hat, darauf er stolz sein könnte, ergreift das letzte Mittel, auf die Nation, der er gerade angehört, stolz zu sein. Hieran erholt er sich und ist nun dankbarlich bereit, alle Fehler und Torheiten, die ihr eigen sind, mit Händen und Füßen zu verteidigen.“ Als jemandem, der vor 155 Jahren verblichen ist, können wir Ihnen mitteilen: Es hat sich nichts verändert.
Maurice de Martin, Schweizer Künstler und Berliner Mutmacher – Zum selben Zeitpunkt, an dem sich „das politische Berlin“ um den Einlass in den Betonklotz mit Kuppel auf dem Berliner Schloßplatz am 12. Juni zum Richtfest drängeln wird, haben Sie vor, den kreativen Rückbau des Unholdtforums einzuleiten. Das ist zukunftsweisend! Sie können auf uns zählen. Und wir fangen schon mal an, Sie mit unseren bescheidenen Mitteln zu unterstützen. Hier der Link zum „Unholdt-Projekt 1 – Förderinitiative Rückbau Berliner Schloss“.
Berliner Zeitung, eigentlich geschätzte – Wenn Ihrer eigentlich sprachgewandten Chefredakteurin der Fauxpas unterläuft, „den Opfern zu gedenken“, mag man das als lässlichen Tageszeitungs-Lapsus durchgehen lassen. Wenn die Zeitung ihre Leser aber im Bemühen um Realgeschichten aus dem Alltag nun zum „storytelling“ aufruft, sträubt sich uns das Gefieder und man verspürt eine Neigung zu einem sprachkulturellem Ganzkörperrümpfen.
Petro Poroschenko, Gerissener – Nicht zuletzt um die leidige Vetternwirtschaft zu beenden, haben Sie den vormaligen Staatschef Georgiens, Michail Saakaschwili, zum Gebietsgouverneur von Odessa ernannt. Stellt man in Rechnung, dass Saakaschwili in seinem Heimatland per Haftbefehl wegen Amtsmissbrauchs und Unterschlagung gesucht wird, darf man Ihnen zu dieser aufschlussreichen und vertrauensfördernden Ernennung herzlich gratulieren; wieder einmal ist ein Bock zum Gärtner gemacht worden.
Ole Kreins, Berliner SPD-Radfahrer – Im Berliner Abgeordnetenhaus erzählten Sie dieser Tage etwas über Radfahren in Berlin. Aufmerksamen Zuhörern kam die Rede bekannt vor. Nun behaupteten böse Zungen, Sie hätten beim Verkehrssenator abgeschrieben. Sie dementierten: „Wenn ihnen die Rede bekannt vorkommt, dann liegt es daran, dass ich die schon zweimal gehalten habe.“ Chapeau, Herr Kreins! Wir sind doch immer wieder beglückt davon, wie ernst unsere Parlamentarier ihre Arbeit nehmen. Konsequenterweise blieben die Regierungsbänke an jenem Tag die meiste Zeit leer. Schließlich hatten die Meisten die meisten Reden ja schon mindestens einmal gehört…
Felix Warneken (Yale) und Alexandra Rosati (Harvard) – Ihr Forschungsteam hat durch Tests herausgefunden, dass Schimpansen Gekochtes lieben und gezielt eine Art Herd nutzen, um genau das zu bekommen. Natürlich ist das hochinteressant, lässt aber auch befürchten, dass in Bälde die Unzahl der Kochsendungen im TV um solche bereichert wird, in denen die Affen den Kochlöffel schwingen. Maximale Einschaltquoten wären jedenfalls wieder sicher.
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