13. Jahrgang | Nummer 8 | 26. April 2010

ANTWORTEN

Marianne Birthler, Aktenkundige – Auf die Frage, wann die innere Einheit Deutschlands vollendet sein werde, haben sie dereinst geantwortet: „Wenn ein Ostdeutscher im Westen so selbstverständlich Minister wird, wie ein Wessi im Osten.“ Nun wird die Brandenburgerin Johanna Wanka Ministerin in Niedersachsen. Sind wir jetzt vereint? Und wenn ja: was nehmen wir uns denn nun vor? – Fragen über Fragen…

Walter Perron, Wirtschaftsstrafrechtler – Deutsche Politiker geißeln derzeit das US-Geldhaus Goldman Sachs, da es die Mittelstandsbank IKB geprellt haben soll. Dummerweise hat auch die Deutsche Bank der IKB Schrottpapiere angedreht. Schon im März 2008 sind Sie deshalb zu dem Schluss gekommen: „Das Verhalten von Mitarbeitern der Deutschen Bank gegenüber der IKB kann den Straftatbestand des Betruges verwirklichen.“ Peer Steinbrück hingegen ließ sich als seinerzeitiger Finanzminister durch seine Staatssekretärin für unzuständig erklären: „Es ist nicht Aufgabe des Bundesministeriums der Finanzen, die Geschäftspraktiken von Banken zu beurteilen. Es ist schon so, wie das Sprichwort sagt: „Pack schlägt sich, Pack verträgt sich“. Zumeist tut es letzteres.

Claus Peymann, Theaterintendant am Berliner Ensemble – Mit jedem toten deutschen Soldaten, so sagen Sie, wachse die berechtigte Empörung über diesen Wahnsinn in Afghanistan, der bisher nicht einmal Krieg genannt werden durfte. Leider gingen, so fahren Sie fort, anders als gegen die Kolonialkriege in Korea und Vietnam diesmal nicht Millionen Menschen protestierend auf die Straße. Sie fragen sich: Wie kann das sein? Zumal die Protestierer im Falle Koreas und Vietnams recht behalten hätten. Warum heute diese Ruhe im Lande? Doch nicht, so meinen Sie, weil wir dieser lachhaften, zynischen These glaubten, daß unsere Freiheit am Hindukusch verteidigt werde. Auch Obama und Merkel wüßten, daß dieser Krieg nicht zu gewinnen wäre. Trotzdem schickten sie unsere Jungs in den Tod. Das verschlage einem fast die Sprache. Warum eigentlich nur fast?

Barack Obama, US-Präsident – Sie selbst wollen Zeuge der Landung einer amerikanischen Raumfähre auf dem Mars sein, haben Sie verlauten lassen. Das ist nicht nur wegen des mit Ihrem Dasein verbundenen Risikopotentials eine tapfere Voraussage. In Anbetracht amerikanischer Haushaltssorgen erinnert das – mit Verlaub – ein bißchen an Erich Honeckers Auskunft in den achtziger Jahren, daß dieser noch den Kommunismus selbst erleben wolle. Der Ausgang dieser Vison und das Schicksal des Visionärs ist bekannt.

Hans Küng, katholischen Kirchenkritiker – Sie haben in einem offenen Brief die Bischöfe weltweit zum Widerstand gegen Papst Benedikt XVI. aufgerufen. Wenn Bischöfe sich mit dem Papst gemein machen indem sie nicht opponieren machten sie sich mit schuldig an dem Vertrauensverlust, dem die katholische Kirche derzeit ausgesetzt ist. Der uneingeschränkten Gehorsamseid gegenüber dem Pontifex Maximus, den die Bischöfe bei ihrer Weihe abgelegt haben, enthebe sie eigenverantwortlichen Handelns nicht, denn „… sie wissen auch, dass uneingeschränkter Gehorsam nie einer menschlichen Autorität, sondern Gott allein geschuldet ist“, schreiben Sie an die Würdenträger. Und: „Was die großen Herausforderungen unserer Zeit betrifft, so stellt sich sein Pontifikat zunehmend als eines der verpassten Gelegenheiten und nicht der genützten Chancen dar.“ Wo Sie recht haben, haben Sie recht!

Rainer Brüderle, Ministerdarsteller – über 20 Prozent befragter deutscher Manager bewerten gegenüber dem Psephos-Institut Ihre Arbeit als „enttäuschend schlecht“ und Ihr Wirken als „eher unauffällig“. Nun weiß man bei letzterem nicht, ob auch das eine Kritik ist oder denn doch ein kontrapunktisches Lob, denn etwas besseres kann die Wirtschaft von einem Politiker doch eigentlich nicht sagen, als daß er nicht stört.

Rainer E., Fensterbauer aus Stuttgart – Wir haben zu danken: Ihre Weigerung, die Buchhalterin Gabriela S. (bis 1988 Berlin-Lichtenberg, tiefste Ex-DDR sozusagen) einzustellen, hat das Arbeitsgericht Stuttgart zu der bemerkenswerten Feststellung veranlaßt, die Ostdeutschen seien keine Ethnie im Sinne des Antidiskrimierungsgesetzes. Die Einrichtung von Reservationen scheidet also weiterhin aus. Überhaupt würden Sie eine Menge Ossis beschäftigen, die gut ausgebildet und selten krank seien. Wir haben Ihren Hinweis verstanden.

Eva Padberg, Modepuppe – Via Reklameplakat verkünden Sie „Stil hab ich, BILD kauf ich.“ Leider bemühen Sie hier die rhetorische Figur des Oxymorons, da sich beide Aussagen gegenseitig ausschließen. Richtig wäre – da wer BILD kauft und damit, neben anderem, seinen geradezu epochalen Mangel an Stil beweist – die Formulierung: „Stil hab ich, kauf Bild nicht“.

Helmuth Markov, Brandenburgs Kassenwart – Ihrer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage aus Oppositionskreisen war zu entnehmen, daß die neue Landesregierung seit Herbst 2009 in Ministerien und nachgeordneten Bereichen rund 230 Menschen neue Arbeitsplätze beschert hat. Eindrucksvoller kann ABM nicht sein, zumal es zumeist um unbefristete Stellen geht.

Deutscher Unteroffizier, unser Beschützer am Hindukusch – endlich habe es mit dem „Oberst-Klein-Syndrom“ ein Ende, das die Ihren mit täglicher Angst vor Fehlentscheidungen a la Kundus gepeinigt hat. Georg Klein, so hat die Bundesanwaltschaft bekanntlich befunden, hat korrekt gehandelt, als er den für über 140 Afghanen tödlichen Luftangriff befahl. „Vor lauter Angst, daß möglicherweise Zivilisten dabei ums Leben kommen, wurde die Luftunterstützung nur noch sehr selten genehmigt“, hatten sich Ihre Kameraden seither geklagt. „Wir hoffen, daß das jetzt wieder anders wird.“ – Keine Bange, je mehr Opfer es in einem Krieg gibt, umso weniger Aufregung wird hierzulande herrschen, wenigstens werden die Erregungszyklen viel kleiner. Es ist schon so, wie Hilde Hildebrand 1943 im UFA-Film gesanglich sinnierte: „Beim ersten Mal, da tut’s noch weh, da meint man noch, daß man es nie verwinden kann. Doch mit der Zeit, so peu à peu, gewöhnt man sich daran.“

Hellmut Königshaus, demnächst Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages – Sie empfehlen mit sicherem Feldherrenblick den Einsatz von schwerem Gerät im afghanischen Kundus: Wer in das Kanonenrohr eines Leopard 2 schaue, überlege sich zweimal, ob er eine deutsche Patrouille angreife. Bis jetzt ist noch niemand auf diese Idee gekommen? Kaum zu glauben! Auf alle Fälle ist es schön zu sehen, dass sich noch jemand wie ein kleiner Junge auf sein neues Amt freuen kann. Vielleicht dürfen Sie dann später auch mal im Panzer mitfahren. Wir drücken die Daumen.