15. Jahrgang | Nummer 6 | 19. März 2012

Antworten

Thomas Lubanga, kongolesischer Kindermörder – Jahrelang haben auch Sie Kindersoldaten in ihren kongolesischen Separatmilizen verheizt. Nun hat der Internationale Strafgerichtshof Sie dafür nicht nur zur Verantwortung gezogen, sondern auch als Kriegsverbrecher verurteilt, was wir mit tiefer Befriedigung zur Kenntnis nehmen. Dabei nehmen wir auch in Kauf, dass Justitia wieder einmal mit zweierlei Maß misst. Denn es gäbe sehr viel mehr Kriegsverbrechen zu verhandeln und zu ahnden, ob in Irak oder in Afghanistan. Dort wurden zwar keine Kinder als Soldaten missbraucht, um menschenverachtende Machtgelüste ging es aber dort wie im Kongo. Wir würden zu gern auch all die Rumsfelds, Cheneys und Co vor der Schranke des Gerichts von Haag stehen sehen. Ob wir das noch erleben können?

Kurt Tucholsky, Klarsehender – „Politik kann man in diesem Lande definieren als die Durchsetzung wirtschaftlicher Zwecke mit Hilfe der Gesetzgebung“, haben Sie schon 1919 gewusst und dabei die heutigen Verhältnisse zwangsläufig noch gar nicht kennen können. Aktuell zum Beispiel die mehrheitliche Ablehnung der europäischen Politik, Finanzgeschäfte mit einer Finanztransaktionssteuer von maximal (!) einem Prozent zu belasten, um „die Wettbewerbsfähigkeit“ der nationalen Finanz- und überhaupt der Wirtschaft nicht zu gefährden. Und das geht alles, außer medialem Gemaule passiert nix. Deshalb sei nochmals auf Sie zurückgegriffen:“ O hochverehrtes Publikum,/sag mal: bist du wirklich so dumm,/wie uns das an allen Tagen/alle Unternehmer sagen? … / Ja, dann …/Ja, dann verdienst dus nicht besser. (1931)

Martin Winterkorn, VW-Chef Mit fast 17 Millionen Euro haben Sie 2011 so viel verdient wie bisher noch nie ein Chef eines Dax-Unternehmens; Glückwunsch! Da wir uns nicht den Vorwurf einer Neiddebatte einhandeln wollen, verzichten wir auf die Frage, wie viel Arbeit Sie in 24 täglichen Stunden wohl leisten müssen, um – zum Beispiel – die Löhnung des auch nicht eben verantwortungslosen Job einer Regierungschefin, der man einen Jahresverdienst von rund 190.000 Euro nachsagt, um rund 16. 810 000 Euro zu überbieten. Von anderen Leuten, die täglich auch 14 bis 16 Stunden im Milchfass strampeln, auf dass standfeste Butter unter ihren Füßen werde und derer es ein paar mehr gibt als VW-Chefs, ganz zu schweigen.

Alexander Dobrindt, neuerliches Brechmittel – „Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher“, hat Einstein einmal so trefflich festgestellt, und dies, ohne Sie gekannt haben zu können. Ihrer kürzlichen Forderung nach einem Verbot der Linkspartei nachfolgend  haben Sie sich nun Ihrer Aufgabe als wadenbeißender Watschenmann neuerlich als würdig erwiesen, indem Sie Beate Klarsfeld als „frühere SED-Marionette“ bezeichnet haben. Ok – wir nehmen zurück, dass dies mehr aus Dummheit geschah denn aus blankem Kalkül. Jener Kalten Krieger nämlich, die in der politischen Verlängerung der Altnazis wie Kiesinger heute deren Bekämpfer denunzieren – und dies ungestraft von ihren „Parteifreunden“ oder gar der Justiz dürfen. Mit Ohrfeigen dürfte es bei ihnen wohl auch nicht mehr getan sein, obwohl Sie ein dafür geeignetes Gesicht anbieten.

Ilse Aigner, Bundesverbraucherministerin – Ihr Amt ist der heimliche Chefposten in unserem Gemeinwesen, sind wir doch für Politik und Wirtschaft vor allem eins: Konsumenten. Und dazu auch noch fröhliche Schlaraffenländler. Immerhin schmeißt einer Untersuchung zufolge jeder Bundesbürger jährlich 82 Kilo Lebensmittel weg. Per anno werden jährlich knapp elf Millionen Tonnen Lebensmittel als Abfall entsorgt. 61 Prozent stammen aus Privathaushalten, jeweils rund 17 Prozent entfallen auf Großverbraucher sowie auf die Industrie. Die übrigen fünf Prozent fallen im Einzelhandel an – so gut geht’s uns! Nun haben Sie überraschend darauf hingewiesen, dass Lebensmittel kostbar seien und wir es uns nicht leisten können, dass davon so viel auf dem Müll landet; Respekt vor solch konsequentem und vor allem neuem Denken. Produzenten und Konsumenten werden stante pede fürchterlich in sich gehen; wir sind dessen ebenso gewiss wie der Hitze der Ihnen entströmten Luftblase.

Joachim Hunold, golden Behandschlagter – Als Sie im August 2011 von Ihrem Amt als Vorstandschef von Air Berlin zurückgetreten sind, war diese Fluggesellschaft im schönsten Sinkflug begriffen. Am Ende des Jahres standen respektable 272 Millionen Miese zu Buche. Ihnen hingegen ist es gelungen, Plus zu machen. Als „Entschädigung für den Verlust seiner Position“ hat Ihnen Air Berlin eine millionenschwere Abfindung überwiesen – laut Süddeutsche Zeitung mindestens vier Millionen Euro. Dass an dieser Entscheidung Ihr Nachfolger, Hartmut Mehdorn, Anteil haben muss, rundet das Bild vom „ehrlichen Kaufmann“, mit dem wir es heute zu tun haben, neuerlich auf das allerschönste: Leistung muss sich halt lohnen.