Lars Klingbeil, bis kürzlich „nur“ Co-Vorsitzender der SPD – Statt ob des historischen Debakels Ihrer Partei bei der jüngsten Bundestagswahl in Sack und Asche zu gehen, entschieden Sie sich für ein trotziges „Nun erst recht!“ und kegelten als erstes den über die SPD-Bundestagsfraktion hinaus geschätzten Rolf Mützenich aus seinem Amt. Die Neue Osnabrücker Zeitung meinte dazu: „Man kann es spöttisch Chuzpe nennen. Oder bewundernd Machtinstinkt. Oder schlicht Verantwortungslosigkeit. Genau genommen ist es letzteres, das sogar SPD-Parteichef Lars Klingbeil selbst für sich reklamiert, indem er aus dem katastrophalen Wahlergebnis seiner Partei nur die eine Konsequenz zieht: nämlich gerade nicht Verantwortung zu übernehmen für das Wahldebakel, sondern auch noch nach dem Fraktionsvorsitz zu greifen.“
Mit solchem Führungspersonal muss der SPD um den weiteren Niedergang wahrlich nicht bange sein.
Elon Musk, nicht ganz perfekter Multimilliardär – Ihrem Eifer beim rücksichtslosen Abbau des US-amerikanischen Staatsapparats, insbesondere der Entwicklungshilfebehörde USAID, war auch die Ebola-Prävention zum Opfer gefallen – „versehentlich“ und für kurze Zeit, wie sie offensichtlich amüsiert einräumten. Das Ebolafieber kostet insbesondere im tropischen Afrika immer wieder zahlreiche Menschenleben. Um Ausbrüche einzudämmen sind schnelle medizinische Maßnahmen und Forschungen unabdingbar, die haben Sie zumindest vorübergehend verhindert. „Wir machen auch Fehler“, sagten Sie provokant lachend, „wir werden nicht perfekt sein.“ Fehler seien bei so großen Einsparungen unvermeidlich. Bei Ihrem Selbstbewusstsein kommt Ihnen selbstverständlich nicht in den Sinn, dass Sie selbst fehl am Platze sein könnten.
Jeffrey Preston „Jeff“ Bezos, Amazon-Gründer und Zeitungsbesitzer – Als sie die traditionsreiche „Washington Post“ kauften, versicherten Sie, dass die Zeitung redaktionell unabhängig bleibe. Inzwischen aber machen Sie Ihrem Blatt einschneidende Vorgaben. „Ich schreibe Ihnen, um Sie über eine Änderung auf unseren Meinungsseiten zu informieren“, ließen Sie die Redaktion und die Öffentlichkeit auf X wissen. „Wir werden jeden Tag schreiben, um zwei Säulen zu unterstützen und zu verteidigen: persönliche Freiheiten und freie Märkte […] Gegensätzliche Standpunkte überlassen wir der Veröffentlichung durch andere.“ Der bisherige Ressortleiter verlasse die Zeitung. Das Motto kommt uns bekannt vor: Wem’s nicht passt, der kann ja gehen! Persönliche Freiheit eben.
Nicolas Butylin, ketzernder Fragesteller – In der ob Trumpscher Eskapaden auf dem NATO-europäischen Hühnerhof herrschenden Hysterie mit ihrem Stakkato an Debatten, Konsultationen, Kommentaren, Verlautbarungen, Gipfeln und Leitartikeln hat sich zumindest eine Gewissheit schon klar herauskristallisiert: wie dem bereits gierig am Firmament kreisenden russischen Raubzeug Paroli zu bieten ist – mit „nie dagewesenen Investitionen“ (O-Ton Noch-Außenamtschefin Baerbock) NATO-Europas für die Verteidigung.
Sie aber, Geopolitik-Redakteur der Berliner Zeitung, grätschen dazwischen, dass man damit „auf dem Weg ist, zu einem Rüstungsmoloch zu mutieren“. Zugleich dränge sich „hier […] eine kritische Frage auf: Wie lange braucht es, solche NATO-ähnlichen Kapazitäten aufzubauen? 20 bis 25 Jahre? […] Agiert Europa also glaubwürdig genug? Oder handelt es sich […] um ein unrealistisches Vorhaben, das mehr Symbolpolitik als substanzielle Sicherheit für den Kontinent bietet?“
Es gab Zeiten, da war dergleichen strafbewährt – als Wehrkraftzersetzung!
Auch damals übrigens schon vor allem aus einem Grunde: Derartige Fragen zu stellen heißt, sie zu beantworten.
Jürgen Klopp, lebend zur „Trainerlegende“ erklärt – Der Deutsche Olympische Sportbund und der Verband Deutscher Sportjournalisten haben Sie jüngst mit dem Fair Play Preis des Deutschen Sports 2024 ausgezeichnet – für Ihren „Rücktritt mit Größe“. Trotz großer Erfolge, eines laufenden Vertrags und der Unterstützung durch den Verein (FC Liverpool) seien Sie nach der Saison 2023/24 aus freien Stücken gegangen, weil Sie keine Energie mehr spürten, hieß es zur Begründung, das bedürfe „einer großen Ehrlichkeit zu sich und seinem Umfeld“. Sie hätten persönlichen Belange hinter die Ihres Vereins zurückgestellt „und damit fair, transparent und authentisch gehandelt“. Nicht, dass Ihnen die Ehrung zu neiden wäre, nur provoziert sie unwillkürlich den Gedanken: Wenn die Aussicht auf einen Preis jemanden zum freiwilligen Rücktritt bewegen könnte, gäbe es noch so manchen Preiswürdigen.
Carola Tunk, kommt auf den Punkt (pardon wegen des Knittelreimes) – E-Scooter, diese Hinterlassenschaft von Maut-Millionengrab-Bundesverkehrsminister Andreas (be-)Scheuer(-t) (CSU), so pamphletierten Sie dieser Tage, „sind für Großstädte das, was Windkraftanlagen für die Provinz sind. Sie verschandeln die Landschaft, stehen im Weg herum, stellen eine Gefahr für Lebewesen dar, behindern andere Verkehrsteilnehmer und sind meist ineffizient. Dieser Irrsinn muss ein Ende haben.“
Die Statistik haben Sie allemal auf Ihrer Seite: „So hat die Polizei deutschlandweit im Jahr 2023 9425 E-Scooter-Unfälle mit Personenschaden gezählt – 14,1 Prozent mehr als im Jahr zuvor (8260). Zudem kamen 2023 doppelt so viele Menschen wie im Jahr zuvor bei Unfällen mit E-Scootern ums Leben.“ Überdies ignorieren die Benutzer von E-Scootern „laut einer neuen Untersuchung des ADAC am häufigsten rote Ampeln“.
Ihr Fazit: „E-Scooter sind hochgefährliche Spielzeuge, die im Straßenverkehr verboten […] gehören.“
Mehr ist zu diesem Thema wirklich nicht zu sagen.
Michelangelo Buonarotti, Unerreichter – Sie waren nicht bloß ein, sondern der Großmeister der Renaissance – in gleich drei Disziplinen: Bildhauerei, Malerei und Architektur. (Was Letztere anbetrifft: Die sechzehneckige Hauptkuppel des Petersdomes in Rom, des größten freitragenden aus Ziegeln errichteten Bauwerks der Welt, geht auf Pläne von Ihnen zurück.)
Für uns Nachgeborene sind Sie auch über ein halbes Jahrtausend, nachdem Sie die Decke der Sixtinischen Kapelle bemalten und den David aus Marmor schufen, ein Koloss.
Geboren in Caprese bei Florenz lernten Sie mit 13 Jahren in der Werkstatt des Florentiner Malers Domenico Ghirlandaio und kamen wenig später an den Hof Lorenzo de Medicis, wo Sie, umgeben von Künstlern und Intellektuellen sowie der Kunstsammlung der Medicis, zum Bildhauer heranwuchsen. Bereits mit dreißig Jahre wurden Sie allgemein als einer der herausragenden Meister Ihrer Zeit anerkannt, auf Ihre Weise dem Genie Leonardos ebenbürtig. Man nannte Sie den „Göttlichen“.
Am 6. März hat sich Ihr Geburtstag zum 550. Male gejährt.
Gene Hackman, Leinwandstar ohne Allüren – In unserer nunmehr schon knapp 60 Jahre währenden Kinogängervita in der Liga P14 und aufwärts gehören Sie zu den Unvergesslichen. Ein viel zu kleiner Pork Pie – dieser an den unsterblichen Buster Keaton erinnernde, an sich lächerliche Hut, der nur durch einen außergewöhnlichen Typen darunter zur Stilikone werden konnte – schien Ihrem manischen Drogenfahnder Detective Jimmy „Popeye“ Doyle in William Friedkins „The French Connection“ (1971) geradezu an den Schädel getackert. Der Streifen erhielt 1972 fünf Oscars, darunter als Bester Film und Sie als Bester Hauptdarsteller. Das war – obwohl Sie schon zwei Nominierungen als Bester Nebendarsteller hinter sich hatten; unter anderem 1968 als Gangster Buck Barrow in Arthur Penns „Bonny and Clyde“ – Ihr endgültiger Durchbruch auf der Leinwand: Fast wäre es allerdings nichts geworden, denn beim Casten waren Sie nur zweite Wahl gewesen. Steve McQueen und James Caan mussten die Rolle erst abgelehnt haben, bevor Sie zum Zuge kamen.
Ein zweiter Oscar (als Bester Nebendarsteller) ereilte Sie 20 Jahre später – für Ihren widerwärtigen Sheriff in Clint Eastwoods Spätwestern „Unvorgiven“ („Erbarmungslos“).
Dazwischen sind uns Western wie „Zandy’s Bride“ („Zandys Braut“ von Jan Troell, 1974) und „Bite the Bullet“ („700 Meilen westwärts“ von Richard Brooks, 1975) sowie die Politthriller „The Domino Principle“ („Das Domino Komplott“, von Stanley Kramer, 1977), „Under Fire“ („Unter Feuer“ von Roger Spottiswoode, 1983) und „Mississippi Burning“ (von Alan Parker, 1988; Oscar-Nominierung als Bester Hauptdarsteller) besonders nachhaltig in Erinnerung geblieben.
Vom Starrummel hielten Sie nichts: „Ich habe Schauspielerei gelernt, nicht ein Star zu sein.“ Und: „Ich habe gelernt, wie man Rollen spielt, und nicht, wie man mit Ruhm, Agenten, Anwälten und der Presse umgeht.“ Auf die Frage, wo Sie Ihre Oscars aufbewahrten, bekannten Sie: „Ich bin mir nicht sicher.“ Im Haus seien sie jedenfalls nicht. „Ich bin kein sentimentaler Kerl.“
Beendet haben Sie Ihre Leinwandkarriere nach weiteren Erfolgen erst im Jahre 2004.
Zeitlebens galten Sie als zwar unprätentiöser, aber höchst selbstbestimmter Typ. Jetzt sind Sie, 95-jährig, zusammen mit Ihrer Frau, in Ihrem Haus in Santa Fe, New Mexico, tot aufgefunden worden. Die Behörden haben ein Fremdverschulden ausgeschlossen …
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