Zwei Schauspieler haben uns 2024 verlassen, die wir seit über 60 Jahren aus Filmen und Serien der Bundesrepublik kannten und von denen fast vergessen war, dass ihre Laufbahnen in der DDR begannen. Der Dresdner Horst Naumann, der im Februar im 99. Lebensjahr starb, feierte 1954 im Kinderfilm „Das geheimnisvolle Wrack“ sein Kino-Debüt. Er stand bis 1957 in zehn weiteren Produktionen vor DDR-Kameras, wovon der Zirkusfilm „Carola Lamberti“ (1954) wohl die populärste war. Politisch fühlte er sich gegängelt. Die Berliner Grenze war noch nicht gesichert. So konnte er 1958 mit klammem Herzen im Westen in seine neue Karriere gehen, wie er in seinen Memoiren „Zwischen Leuchtfeuer und Traumschiff“ erzählte. Nach ungezählten anderen Fernsehaufgaben wurde er mit zwei Arztrollen in den achtziger Jahren zum bundesweiten Publikumsliebling: Dr. Römer in der „Schwarzwaldklinik“ und Schiffsarzt Dr. Schröder im „Traumschiff“. Letzterer war er ab 1983 in 54 Folgen, bis er 2005 mit 85 Jahren in den Arztruhestand ging. Als Bühnendarsteller und Hörspielsprecher hat er bis ans Lebensende gearbeitet.
Mit Anfang 80 spielte Ruth-Maria Kubitschek die Titelrolle in der Romanverfilmung „Frau Ella“ an der Seite Matthias Schweighöfers und nahm damit von ihrem Beruf Abschied. An ihrem Ruhesitz in der Schweiz starb sie im Sommer mit 92 Jahren. Wie Horst Naumann hatte sie ihre Theaterlaufbahn am Theater der Freundschaft in Berlin begonnen, bevor sie an die Volksbühne wechselte und vielfältige Aufgaben übernahm – von Gerhart Hauptmanns „Rose Bernd“ bis zur Bauleiterin in dem Produktionsstück „Beton“, die sich beim Kampf um die Planerfüllung mit den Montagebrigaden der Brikettfabriken herumplagen muss: beides auch im Fernsehen gesendet. Als 1960 ihr letztes DFF-Fernsehspiel „Wasser für Canitoga“ auf den Bildschirm kam, hatte sie die DDR bereits verlassen. Im Westen fand sie schnell Anschluss, stand neben Romy Schneider, Heinz Rühmann und Gustav Knuth vor der Kamera und wurde mit der Titelrolle in dem Krimi-Mehrteiler „Melissa“ 1966 allen Fernsehzuschauern bekannt. Sie war immer präsent, und als Helmut Dietl sie 1983 als „Spatzl“ in „Monaco Franze“ und 1986 als Frau v. Unruh in „Kir Royal“ besetzte, hatte sie die Spitze der Popularität erreicht. Sie schrieb im Alter Romane, die mitunter verfilmt wurden, und esoterische Bücher.
Eine andere Art Literatur vertrat Elke Erb, die im Januar kurz vor ihrem 86. Geburtstag in Berlin starb. Die Lyrikerin, auch als Übersetzerin aus dem Russischen verdient, kam mit 11 Jahren aus dem Rheinland nach Halle (Saale), war Landarbeiterin, Lehrerin und Lektorin. In der Ehe mit Adolf Endler wurde ihr Denken unabhängiger, sie unterstützte die unabhängige Friedensbewegung, protestierte gegen Wolf Biermanns Ausbürgerung, konnte aber weiter publizieren. „Ich bin außerhalb der Form. Und das ist eine Chance und ein Risiko. Die Menschheit geht mit mir ein Risiko ein, ich diene als Risiko“, sagte sie 1978. Ihre Phantasie, ihre Widerborstigkeit und ihr Sprachwitz fanden mit den Jahren immer mehr Bewunderer. So wurde sie 2020 verdientermaßen mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet.
Als Lyriker und Nachdichter vertrat der Germanist Erhard Scherner eine ganz andere Richtung der DDR-Literatur als Elke Erb. Der Neulehrer, der in Leipzig bei Hans Mayer studierte, orientierte sich an der DDR-Politik, schätzte (im Gegensatz zu Mayer) den konformen Autor Kurt Barthel (KuBa), war Mitarbeiter von Kulturfunktionär Alfred Kurella, dessen Archiv er betreute, initiierte 1962 aber auch eine Lyrikwelle unter jungen Leuten. Als Mentor junger Autoren u.a. beim Schweriner Poetenseminar der FDJ machte er sich verdient. Mehrfach reiste er nach China und nahm fernöstliche Motive in seine Texte auf. Der Film „Graben“ (2022) von Sven Boeck umfasst sein Vermächtnis. Mit 95 Jahren starb er im September in Potsdam.
Antonio Skármeta, der im Oktober mit fast 84 Jahren die Welt verließ, war Chilene und Anhänger Pablo Nerudas, der im Mittelpunkt seines Romans „Mit brennender Geduld“ stand, der auch verfilmt wurde. Die ersten deutschen Übersetzungen seiner Werke erschienen ab 1976 im Aufbau-Verlag. Obwohl Skármeta nach dem faschistischen Putsch in Chile 1975 nach Westberlin kam, war er doch für die Solidarität, die ihm und vielen Leidensgenossen in der DDR entgegengebracht wurde, dankbar. Für das DDR-Fernsehen schrieb er den Film „Die Spur des Vermißten“, den Joachim Kunert 1980 inszenierte. Nach Chiles Rückkehr zur Demokratie wurde der Schriftsteller zu Beginn des neuen Jahrtausends als Botschafter nach Berlin entsandt.
Gleich von der Schauspielschule weg wurde Alexander Lang ans Berliner Maxim-Gorki-Theater geholt, wo ihn kurz darauf Ruth Berghaus ans Berliner Ensemble abwarb. Schnell aber wechselte er zum Deutschen Theater, das für viele Jahre sein Stammhaus wurde. Hier entwickelte sich der Schauspieler zum anerkannten Regisseur, der seit den achtziger Jahren im ganzen deutschsprachigen Raum und darüber hinaus gefragt war. Daneben fand er nur selten Zeit für Filmarbeiten, die ihn aber beim Publikum bekannt machten. 1976 sah man ihn als Sasportas in der Anna-Seghers-Adaption „Das Licht auf dem Galgen“, einem historischen Abenteuerfilm um die Ideen der französischen Revolution. Für Lang war dies eine seiner wenigen großen Kinorollen. Unter Regisseur Helmut Nitzschke hatte er bereits einen jungen Kriminalisten in dem in der Nachkriegszeit angesiedelten Film „Leichensache Zernik“ gespielt. Unvergessen sein Philosoph Ralph in dem gegenwartskritischen Film „Solo Sunny“ von Konrad Wolf und Wolfgang Kohlhaase. Zu Unrecht vergessen sind heute seine Fernsehfilme „Eine Anzeige in der Zeitung“ nach Günter Görlich und „Der Leutnant Yorck von Wartenburg“ nach Stephan Hermlin. In historischen wie in Gegenwartsrollen traf er immer den Nerv der Zeit. Nach schwerer Krankheit starb er Ende Mai mit 82 Jahren.
Wenn man aus Baden bei Wien stammt, Rechtsanwalt ist und in der DDR satirische Texte veröffentlicht, sucht man sich besser ein Pseudonym. Das tat auch Felix Ecke und nannte sich Ralph Wiener. Er schrieb seit den fünfziger Jahren für Eulenspiegel und Weltbühne, belieferte das Kabarett Distel, dessen Sketche auch die DEFA auf die Leinwand brachte. Wiener war als Kind zu den Großeltern nach Eisleben gekommen und blieb dort sein Leben lang (mit Ausnahme einer Zeit im Krieg, als er sich wegen Hitlerparodien von Mitschülern denunziert in Wien verstecken musste). Für die Kultur in Eisleben hat er sich ebenso verdient gemacht wie für die Aufarbeitung der Jurisprudenz bei den Nazis und der Kabarettgeschichte. Bis 2021 veröffentlichte er heitere Bücher als „Wiener´s G´schichten“ und starb im Januar im 100. Lebensjahr.
Eine enge Verbindung zu Wien, wo er zeitweise als Professor für Film wirkte, hatte auch Thomas Heise. Die nach Wien führende Familiengeschichte erzählte er 2019 in seinem letzten großen Film „Heimat ist ein Raum aus Zeit“. Wenn man ihn einen Dokumentarfilmer nennen wollte, wäre es sicher ungenau. Viele seiner Filme sind Essays, und auch auf dem Hörspielsektor war er erfolgreich. Dem Sohn des Philosophen Wolfgang Heise wurde es an der Filmhochschule in Babelsberg schwer gemacht, weil er eigene Ideen hatte und sich nicht anpassen wollte. Seine Filme und die Konzepte für Filme, die nicht zustande kamen, waren nicht gefragt. Er war selbstbewusst genug, sein Studium kurz vorm Diplomabschluss 1982 hinzuschmeißen. Dank Bekanntschaft mit Heiner Müller war es ihm möglich, Meisterschüler an der Akademie der Künste bei Gerhard Scheumann zu werden und Filme für die Staatliche Filmdokumentation (SFD) zu drehen. Ab 1990 hat Heise Theater inszeniert und wurde für seine sozial genau beobachtenden Filme vielfach ausgezeichnet. Noch bei der Berlinale 2024 hat er sich in einer Jury engagiert, ist aber im Mai mit 68 Jahren gestorben.
Die Chance für Filme in der SFD gab Heise deren damaliger Chef, der aus dem Erzgebirge stammende Wolfgang Klaue, ein Mann, dem die internationale Filmgeschichtsforschung viel zu verdanken hat. Nach einem Philosophiestudium kam er schon mit 22 Jahren ans Staatliche Filmarchiv der DDR, das er ab 1969 leitete. Er setzte den Bau neuer klimatisierter Filmbunker durch, die international Maßstäbe setzten, sprach mit großen Regisseuren über die Möglichkeiten der bestmöglichen Restaurierung ihrer Filme – etwa mit Fritz Lang zu „Metropolis“. 1979 wurde Klaue zum Präsidenten der Internationalen Filmarchiv-Vereinigung gewählt und später mit einem Ehrenpreis der UNESCO ausgezeichnet. Obwohl es ihm nach 1990 schwergemacht wurde, setzte er sich für die Einrichtung der DEFA-Stiftung ein, deren erster Vorstand er 1999 wurde. Er ging im Februar und wurde 88 Jahre alt.
Heises Meister Gerhard Scheumann gab auch dem bis dato als Verleger und Fernsehprogrammdirektor tätigen Walter Heynowski eine neue Richtung. Sie gründeten 1969 das Studio H&S und schufen als Enthüllungsjournalisten weltweit anerkannte (gelegentlich auch umstrittene) Dokumentarfilme. Der aus Ingolstadt gebürtige Journalist Heynowski avancierte mit 22 Jahren als Chefredakteur der Satirezeitschrift Frischer Wind, die 1954 in Eulenspiegel umgetauft wurde und noch heute existiert. Im gleichen Jahr wurde Heynowski für kurze Zeit Chef des neugegründeten Eulenspiegel-Verlags. Dort erscheinen nun seine Erinnerungen, der letzte Band „Mäander der Erinnerungen“ postum, denn er hatte noch bis zu seinem Tod im November daran gearbeitet. Heynowski wäre im selben Monat 97 geworden.
An weitere Verstorbene des Jahres 2024, die in der Öffentlichkeit wirkten, soll hier chronologisch erinnert werden: Am Neujahrstag ging die Hallenserin Hedda Gehm vier Tage vorm 81. Geburtstag von uns. Seit 1967 hatte die Theaterwissenschaftlerin als Dramaturgin großen Anteil an den oft preisgekrönten Produktionen des DEFA-Trickfilmstudios in Dresden und brachte ihre Expertise auch ab 1992 als Filmreferentin im sächsischen Kulturministerium ein. – Der Berliner Historiker Wolfgang Triebel (93) starb im Januar. Der Sohn des Charakterkomikers Axel Triebel war Theater- und Politikwissenschaftler, lehrte an der Humboldt-Universität und machte Sozialismustheorie und Friedensforschung zu seinen Hauptthemen. Als seine Hoffnungen auf eine bessere DDR 1990 zerstoben, arbeitete er publizistisch im marxistischen Sinne weiter und galt als einer der besten Kenner des Schaffens von DDR-Ministerpräsident Otto Grotewohl. – „Unsterblich“ hieß der letzte Film mit Hendrik Arnst (73) aus der Reihe „Polizeiruf 110“, der erst nach seinem Tod TV-Premiere hatte, womit er auch ein bisschen unsterblich wurde. Der Schauspielersohn aus Weimar trat u.a. in Anklam, Aachen und an der Berliner Volksbühne auf und spielte bei Film und Fernsehen seit 1974 kleine Rollen, nicht selten als gefährlich oder hintergründig angelegter Hausmeister. Im neuen Jahrtausend nutzten ihn auch internationale Regisseure wie Jean-Jacques Annaud oder Peter Bogdanovich als Typ in ihren Filmen. – Die aus Leipzig stammende Berliner Fotografin Barbara Morgenstern starb Ende Januar vier Wochen vor ihrem 84. Geburtstag. Durch ihren Mann Klaus Morgenstern kam die Krippenerzieherin zur Fotografie, und ab 1964 veröffentlichte sie Porträts, oft von Schriftstellern, und Ereignisfotos für die Tageszeitung Der Morgen, ADN-ZB und andere Auftraggeber. – Kurz nach ihr verließ uns Helga Paris (85). Die Modegestalterin und Gebrauchsgrafikerin begann Mitte der sechziger Jahre, sich mehr und mehr mit Fotografie zu beschäftigen und wurde durch Einzelausstellungen mit ihren Künstlerporträts seit 1978, aber auch mit ihren ungeschönten Stadtansichten vom Prenzlauer Berg oder aus Halle eine der bekanntesten Berliner Fotografinnen. – Der musikinteressierte Polytechniklehrer Fritz Puppel (79), der im Februar die Gitarre für immer weglegte, war 1972 Mitbegründer und blieb bis zum Schluss 2022 Seele der Band City. Hier können die zahllosen Erfolgstitel unter seiner Beteiligung nicht aufgezählt werden, aber „Am Fenster“ und „Casablanca“ sind für die Ewigkeit geschrieben. – Was das Online-Lexikon noch nicht weiß: Die bekannte Theaterwissenschaftlerin Dr. Ruth Freydank (88) ist am 6. April gestorben. Ihr Wirkungsfeld galt dem Museumswesen und besonders dem Märkischen Museum in Berlin. Sie veröffentlichte Schriften über August Iffland, das Rose-Theater und als Hauptwerk in zwei Bänden „Theater in Berlin“. Darüber hinaus konnte sie stolz darauf sein, dass ihr Sohn Jochen einer der wenigen deutschen Regisseure ist, der mit einem „Oscar“ ausgezeichnet wurde. – Ende April starb Schauspieler Jörg Hengstler (67), der sich in den letzten dreißig Jahren der Synchronarbeit verschrieben hatte, aber zwischen 1981 und 1994 in vielen Fernsehfilmen und -serien spielte. Im „Polizeiruf 110“ war er mehrfach entweder als Täter oder als Ordnungshüter zu sehen. – Ebenfalls Ende April verließ Arianne Borbach (61) diese Welt, die ebenfalls im Synchrongeschäft gut zu tun hatte. In Erinnerung bleibt sie aber als „Liane“ (1987) aus dem DEFA-Film nach Daniela Dahns Vorlage. Sie spielte eine Elektronikfacharbeiterin, die sich gegen Ungerechtigkeiten auflehnt, und erhielt dafür 1988 einen Darstellerpreis. Als sie 1992 als neue „Tatort“-Kommissarin etabliert werden sollte, entschieden sich die Gewaltigen der ARD leider anders. – Sie war die kluge und gewitzte Frau hinter einem Star: Angela Gentzmer (94), die im Mai starb, schrieb viele Texte, sowohl Sketche als auch Lieder, für Helga Hahnemann, die das auch immer z.B. in „Helgas Top(p)-Musike“ erwähnte. Gentzmer hielt das Andenken an die Entertainerin hoch und schrieb drei Bücher über sie. – Ein außergewöhnliches Leben für das Theater ging zu Ende, als Gerhard Klingenberg (95) im Juni in Kärnten die Augen für immer schloss. Der Sohn einer Wiener Arbeiterfamilie debütierte am Wiener Burgtheater als Schauspieler, ging in den fünfziger Jahren zu Brecht ans Berliner Ensemble, spielte im Fernsehfunk und inszenierte bei der DEFA. Mit „Was wäre, wenn …?“ von Hedda Zinner drehte er 1960 die erste in der DDR angesiedelte Satire der DEFA. Die Umstände des Mauerbaus im August 1961 gaben ihm zu denken. Bald konnte er im Westen an ersten Häusern inszenieren, wurde auch Burgtheater-Intendant in Wien, Gleiches am Zürcher Schauspielhaus und am Renaissance-Theater im zusammengeklebten Berlin. Auch als Autor und Shakespeare-Übersetzer machte er sich einen Namen. – Im 100. Lebensjahr stand der Dramaturg und Rundfunkautor Alfred Schrader, der am 5. Juli in Berlin starb. Als Dramaturg machte er sich auf dem Gebiet der Kinderhörspiele verdient und vergab auch an Heiner Müller Aufträge, als der es in den sechziger Jahren schwerhatte. Später schrieb er bis 1989 zahlreiche Kriminalhörspiele. – Zwei Wochen vor ihrem 85. Geburtstag verließ uns Celestina Casapietra, eine der großen Sopranistinnen der Deutschen Staatsoper, in ihrer Heimatstadt Genua. Die Sängerin, deren wichtigste Partien in Werken von Mozart, Orff, Gounod und Wagner auch auf Platten erschienen, gastierte auch an der Mailänder Scala und der Wiener Staatsoper. – Kurz vor seinem 79. Geburtstag starb ebenfalls im August der Bariton Siegfried Lorenz. Er begann seine Laufbahn an Felsensteins Komischer Oper, wurde von Kurt Masur ans Leipziger Gewandhaus geholt und wirkte 1978-92 als 1. lyrischer Bariton an der Berliner Staatsoper. Besonders verdient machte er sich als Liedsänger, etwa mit Mahlers „Kindertotenliedern“. – Musikalisch war auch der Schauspieler Herbert Graedtke (82), der im September in seiner Wahlheimatstadt Radebeul von uns ging. Neben etwa 400 Rollen im Sprechtheater sang er in Musicals wie „Cabaret“ und „My Fair Lady“. Nach dem Debüt im DEFA-Film „Die Glatzkopfbande“ (1962) spielte er auch in den musikalischen Filmen „Der fliegende Holländer“ und „… nichts als Sünde“. – Die Schauspielerin Heidemarie Schneider (80) starb im November. Ihr Name bleibt mit Evelyn Schmidts Gesellschaftsbild „Das Fahrrad“ (1982) verbunden, in dem sie ebenso spröde wie zielstrebig eine ungelernte Arbeiterin mit Kind spielte. Unter ihren drei Dutzend weiteren Film- und Fernsehrollen bleibt die Gemeindeschwester in Loriots Erfolgsfilm „Pappa ante portas“ (1992) in Erinnerung. – Ein Journalist der Berliner Zeitung stand in den sechziger Jahren als Problemfall im Mittelpunkt des Interesses, denn Werner Micke (94), der im November starb, wurde in der BRD widerrechtlich festgehalten. Mit publizistischer Hilfe gelang es, ihn freizubekommen. Ab 1971 arbeitete er fürs Neue Deutschland. – Im Dezember starb der slowakische Pantomime und Regisseur Milan Sládek (86) in seiner Wahlheimatstadt Köln, wo er 1974 das Pantomimentheater Kefka eröffnet hatte. In der DDR gastierte er 1964 bei den Berliner Festtagen, wo er für einen Auftritt in dem DEFA-Film „Fräulein Schmetterling“ engagiert wurde. – Im November war die Opernsängerin Sigrid Kehl 95 geworden, im Dezember starb sie. Seit 1957 lebte die Sopranistin in Leipzig, wo sie bis 1989 im Engagement blieb, aber auch an den Staatsopern in Berlin, Wien und Dresden, in Genf, Moskau, Prag und Venedig gastierte. Heute sind viele ihrer für das Label Eterna entstandenen Aufnahmen auf CD veröffentlicht. – Mit 21 Jahren hatte Eberhard „Addi“ Ugowski (87) sein Studium an der Babelsberger Filmhochschule aufgenommen, mit 36 in Philosophie promoviert. Mit 40 bestimmte er für 13 Jahre die Geschicke von Kino und Film in der DDR als stellvertretender Leiter der Hauptverwaltung Film mit. Schon damals konnte er noch vorsichtig seiner wahren Bestimmung nachgehen und malte farbenfrohe, auch erotische Bilder, auf denen er mitunter als Don Quichotte posierte. Sein erstes Bild kaufte ihm in den achtziger Jahren Kritikerin Margit Voss ab. Seiner ersten Käuferin folgte er kurz vor Weihnachten. – Am Silvestertag verließ uns drei Wochen nach seinem 93. Geburtstag der Theaterregisseur und -intendant Hartwig Albiro. Nach Jahren in Görlitz und Zittau begann seine produktivste Zeit, als er zu Beginn der siebziger Jahre ans Schauspielhaus Karl-Marx-Stadt kam. Von Shakespeare bis zu Volker Braun brachte er viele Autoren auf die Bühne, aber seine besondere Liebe gehörte Carlo Goldoni, von dem er auch einige Stücke neu übersetzte. Er gehörte zu den Künstlern, die sich dafür engagierten, dass Chemnitz europäische Kulturhauptstadt wird. Das kann er nun nicht mehr erleben.
Diesen Künstlern und Aktivisten haben wir viel zu verdanken – und vielen anderen, an die wir uns immer gern erinnern werden!
Teil I dieser Nekrologe ist im Blättchen 1/2025 erschienen.
Schlagwörter: F.-B. Habel, Nekrologe 2024