27. Jahrgang | Nummer 25 | 2. Dezember 2024

Trumps Personal

von Erhard Crome

Das Übergangsteam von Donald Trump hat am 23. November mitgeteilt, die Liste des Regierungspersonals sei nun „offiziell vollständig“. Die deutschen Medien wiederholen derweil ihre absurde Praxis von vor der Trump-Wahl, sie konnotieren die meisten Ernennungen pejorativ. Die Kandidaten seien „umstritten“ oder „besonders umstritten“, „eignungsfrei“, „Politnewcomer“, ihre Empfehlung „zweifelhaft“. Das übliche Vokabular, seit sich das deutsche Medienwesen dazu versteht, nicht mehr einfach zu informieren, sondern die hiesige Bevölkerung erziehen zu wollen. Dabei plappern deutsche Medien wieder nur nach, was Lautsprecher der Demokratischen Partei in den USA vorgeben: die von Trump Ernannten seien „unqualifiziert“ oder „gefährlich“. Für wen eigentlich? Für die Politik der Washingtoner Globalisten?

Die Entwicklungen in den USA haben einschneidende weltpolitische Konsequenzen. Trumps Personalentscheidungen sind jedoch nicht überraschend. Sie sind Umsetzung seines Wahlsiegs und seines Versprechens am Ende des Wahlabends, er werde – im Unterschied zu den anderen Politikern – das umsetzen, was er im Wahlkampf versprochen hat. Da die Republikaner zugleich die Mehrheit in beiden Kammern des Parlaments errungen haben, steht dem konstitutionell nichts entgegen. Im Senat, der für die Bestätigung des Spitzenpersonals zuständig ist, verfügen die Republikaner über eine Mehrheit von 53 Senatoren gegenüber 47 der Demokraten (darunter 2 „Unabhängige“). Außerdem ist die Republikanische Partei, die jetzt diese Position innehat, eine „Trump-Partei“, nicht mehr eine Ansammlung unterschiedlicher Konservativer. Insofern ist mit grundstürzenden Ablehnungen nicht zu rechnen.

Zur Bewertung der ersten Präsidentschaft Donald Trumps gehört der Befund, dass er eigentlich selber kaum mit seinem Wahlsieg gerechnet hatte und sich bei der Auswahl seines politischen Personals auf Washingtoner Insider verlassen musste. Die häufigen Auswechselungen, Entlassungen und Neuberufungen waren eine Folge dessen. Jetzt ist Trump bestens vorbereitet. Intellektuelle Vorarbeiten leisteten nicht nur die konservative Heritage Foundation, sondern auch das America First Policy Institute, 2021 zur Vorbereitung der neuerlichen Trump-Präsidentschaft gegründet.

Als zu Zeiten George Washingtons die Verfassung der USA kreiert wurde, war Europa monarchistisch verfasst. Das idealtypische Vorbild des Präsidenten war der konstitutionelle König in Europa, durch die Checks and Balances mittels Parlaments ausbalanciert. Daher sind die direkten Machtbefugnisse des Präsidenten der USA größer als die jedes anderen Staats- oder Regierungschefs in einer bürgerlichen Demokratie.

Trump war schon immer ein Meister der symbolischen Politik. Insofern zelebriert er seine Ernennungen wie ein König: Trump – mit oder ohne MAGA-Mütze – empfängt den Kandidaten, umarmt ihn, klopft ihm auf die Schulter, der steht in devoter Haltung vor ihm und empfängt den Ritterschlag, bedankt sich. Das heißt, zwischen ihnen besteht nicht nur eine institutionelle Beziehung, zwischen dem Präsidenten und seinem Minister, sondern eine persönliche, wie zwischen dem König und seinem Vasallen. Der westliche Spätkapitalismus nimmt symbolisch Formen des feudalen Absolutismus an.

Interessant ist es, sich Personalentscheidungen Trumps genauer anzuschauen. Dabei scheint es nicht sinnvoll, aus früheren politischen Bekundungen der Kandidaten abzuleiten, was für eine Politik sie im Amt machen werden; dem steht das Verhältnis zwischen Lehnsherrn und Lehnsmann entgegen. Wir können heute also nur Vermutungen anstellen.

Außenminister soll Marco Rubio werden. Er ist seit 2011 Senator für Florida, Jahrgang 1971, Kind kubanischer Einwanderer. Er stimmte im Senat gegen die milliardenschweren Hilfsgelder für die Ukraine, betrachtet China als die größte Herausforderung für die USA und gilt als Befürworter der NATO, unter der Voraussetzung, dass die Europäer größere militärische und finanzielle Lasten tragen. Als Nationaler Sicherheitsberater wurde Mike Waltz benannt, Abgeordneter im Repräsentantenhaus der USA, ebenfalls aus Florida, Jahrgang 1974; er diente als Offizier in der Eliteeinheit Green Barets, war im Afghanistankrieg in Einsatz. Er sieht die USA im „Kalten Krieg“ mit China und tritt deshalb für ein schnelles Ende des Ukraine-Krieges ein, allerdings aus einer Position der Stärke der USA.

Verteidigungsminister soll Pete Hegseth werden. Er war ebenfalls Offizier in den Streitkräften, war in Guantanamo, im Irak-Krieg und in Afghanistan im Einsatz, Jahrgang 1980. Er arbeitete als Moderator bei Fox News und wird den ultrakonservativen Christen zugeordnet. Die zu „woken“ Militärs im Pentagon will er entfernen. Geheimdienstkoordinatorin soll Tulsi Gabbard werden, Jahrgang 1981; sie diente ebenfalls im Militär, in Irak und Kuweit, und war acht Jahre Abgeordnete im Repräsentantenhaus für Hawaii, bis 2022 bei den Demokraten, jetzt Republikanerin. Während im außenpolitischen Bereich viele weiterer Ukraine-Hilfe kritisch gegenüberstehen, ist die Unterstützung Israels im Grunde Konsens. Botschafterin soll Elise Stefanik werden, Jahrgang 1984, republikanische Kongressabgeordnete für New York. Sie steht offen auf der Seite Israels, ebenso der designierte CIA-Chef John Ratcliffe, der die Biden-Regierung wegen angeblich mangelnder Unterstützung für Israel kritisierte.

Wie schon bei der Nominierung des Vizepräsidenten-Kandidaten, Senator JD Vance, Jahrgang 1984, hat Donald Trump für diese wichtigen administrativen Bereichen Leute ausgewählt, die seine Kinder sein könnten. Sie sammeln jetzt vier Jahre intensive Regierungserfahrungen. Schon die Nominierung von Vance bedeutete: Die von Trump geprägte Regentschaft zielt auf mindestens zwölf Jahre Republikanischer Dominanz.

In den wirtschaftlich relevanten Bereichen gibt es andere Prioritäten. Finanzminister soll der Hedgefonds-Manager und Milliardär Scott Bessent werden. Er soll die protektionistische Politik des „America First“ umsetzen, was heißt: hohe Zölle für Einfuhren aus China, aber auch aus Kanada, Mexiko, Deutschland und der EU, und zugleich Senkung der Steuern in den USA. Handelsminister soll der Milliardär Howard Lutnick werden. Er wäre für die Durchsetzung der Schutzzoll-Politik zuständig.

Eine spezifische Rolle spielt Elon Musk, der als der reichste Mann der Welt gilt. Er hat Trumps Wahlkampf offen unterstützt und dafür etwa 130 Millionen Dollar ausgegeben. Nach der Wahl ist der Börsenwert der Aktien seines Raumfahrtunternehmens SpaceX und von Tesla um mindestens 300 Milliarden Dollar gestiegen. Insofern war dies für Musk ein gutes Geschäft. Zugleich wurde er, gemeinsam mit dem Unternehmer Vivek Ramaswamy (dessen Vermögen „nur“ 600 Millionen Dollar beträgt), beauftragt, ein Department of Government Efficiency, ein Amt für Regierungseffizienz, zu schaffen. Das soll die Zahl der Staatsbediensteten drastisch reduzieren. Ramaswamy sagte, es sei schwierig, einzelne Staatsbedienstete zu entlassen. Wenn man jedoch anordnet, alle Staatsdiener mit einer ungeraden Sozialversicherungsnummer zu entlassen, könne niemand auf Diskriminierung klagen, und zugleich sei der Staatsapparat nur noch halb so groß.

Was hier als Entlastung des Staatshaushalts daherkommt, ist praktisch eine weitere Reduzierung der staatlichen Kontrolle und eine neue Stufe der Privatisierung. Die dies durchsetzen sollen, sind allesamt Multimillionäre und Milliardäre. In diesem Sinne bedeutet die Trump-Regentschaft nicht nur symbolisch, sondern auch praktisch die Feudalisierung des Spätkapitalismus: die Oligarchen lassen nicht mehr die sogenannte Politische Klasse für sich regieren. Sie regieren selbst.