Intelligent, sensibel, farbenprächtig; unter besonderen Bedingungen handzahm; gesellig, von hoher Lebenserwartung, hoch im Preis; Glücksbringer mit positiver Symbolkraft: er steht für Stärke, Ausdauer, Weisheit und Gelassenheit. Das ist er. Der Koi. Japans Nationalfisch. Im Land der aufgehenden Sonne trifft man ihn zur Zier in Teichen, Seen und auch in Flüssen, sofern die Wasserqualität ihm zuträglich ist. – Der Edle ist schlicht ein Karpfen. Die Übersetzung des Namens besagt es. „Koi“ ist die Abkürzung der japanischen Bezeichnung „Nishiki/goi“ („Brokatkarpfen“), eine angemessene Bezeichnung für seine seltene Schönheit. Im System der Fische ist er zu finden als Cyprinus carpio oder auch Cyprinus rubrofuscus.
Die Urheimat der einfarbigen Urkarpfen soll, so wird vermutet, Iran gewesen sein. Von dort aus brachte man sie nach Ostasien, insonderheit nach Japan, wo sie zuerst dem Verzehr dienten. Doch dann entdeckte man die erstaunliche Neigung der Fische zur punktuellen Farbigkeit. Hier ein großer Fleck in Rot, dort ein flächiger Streifen in Gelb, ein breites Band in Schwarz. Das regte die Züchtung an. Und bald entstanden Kois mit schillerndem Farbenspiel, die das Auge entzückten. Die „Brokatkarpfen“ avancierten zum Standessymbol betuchter Leute. Der finanzielle Erwerb der bunten Fische stieg (und steigt) zu schwindelnden Höhen.
Mit zunehmendem Züchtungserfolg entstanden inzwischen 16 Hauptformen und mehr als 100 Untervarianten. Einige der Hauptformen seien genannt: Kohaku – rein weiß mit roten Flecken; Showa – schwarz mit roten und weißen Flecken; Ogon – silbrig, über goldgelb bis orangefarben; Asagi – Zeichnung schwarz bis hellblau.
Sie können sehr alt werden, die Kois; 40 bis 60 Jahre und darüber hinaus sind ihnen zugestanden. Ihr Anspruch auf Haltung und Umgang ist groß. Werden sie im Gartenteich oder in gesonderten Becken gepflegt, so ist auf beste Wasserqualität zu achten und für ausreichende Bewegungsfreiheit zu sorgen. Die „Brokatkarpfen“ lieben die Gemeinschaft (als Einzelgänger werden sie traurig).
Achtung! Die Fische verfügen zwar über bewundernswerte Farben, besitzen aber keine Fressbremse. Alles, was ihnen vor das Maul kommt, wird verschlungen. Deshalb ist man gehalten, den Kois das Futter zuzuteilen, um eine „Brokatkarpfen“- Adipositas zu verhindern.
Von der Fresslust abgesehen, entwickelt der Koi eine außergewöhnliche Eigenschaft. Er ist menschenfreundlich, zutraulich und lässt sich sogar streicheln (was man vom Hering nicht erwarten kann). Dieses Verhalten wird zu Anschauungs- und Werbezwecken genutzt und im Zoohandel, in noblen Restaurants und zu Veranstaltungen angeboten. Neugierige dürfen ihre Hand in das gesonderte Becken tauchen und den Koi berühren, sollte er ihnen vertraulich entgegen schwimmen. Die Vertrauenswürdigkeit wird gefördert, wenn eine beständige Handfütterung durch den Besitzer oder Betreuer geschieht. Es versetzt den Fisch auch in die Lage, bestimmte Personen zu erkennen.
Wer zu den Interessierten am Koibecken gehört, möge Folgendes bedenken: Vorherige gründliche Handreinigung; vermeiden heftiger Wasserbewegungen, sanftes Verhalten ist dem Koi sympathischer. Bitte keinen Lärm verursachen. Das Innenohr der Fische nimmt die feinsten Schallwellen auf. Vielleicht erlaubt dieser physiologische Vorgang den Flossentieren, Christian Morgensterns „Fisches Nachtgesang“ zu hören, was uns nicht gelingt.
Der erste Schnee ist gefallen, die Adventszeit eingeläutet. Man denkt an Geschenke, den Weihnachtsbaum und an den Silvesterkarpfen, der als „Karpfen blau mit brauner Butter, Meerrettich-Creme und Salzkartoffeln“ („Allersteins Kochbuch, 1896“) aufgetischt werden soll. Keinesfalls dazu den teuren „Nishikigoi“ wählen, sondern ein gut gewachsenes einheimisches Exemplar. Möchte man ihm vor dem Auftischen noch einige Lebenstage in der Badewanne gönnen, so sei das Streicheln nicht vergessen. Der Cyprinus carpio wird es dankbar annehmen.
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