26. Jahrgang | Nummer 18 | 28. August 2023

Bocksgesänge. Zur Chronotopie bei Schostakowitsch

von Gerhard Müller

Friedrich Engels konstatierte, als er sich mit den Romanen von Balzac beschäftigte, daß Realismus die Abbildung der Wirklichkeit in den Formen der Wirklichkeit sei. Das war der Artikel 1 im Katechismus des sozialistischen Realismus. Wer gegen ihn verstieß, war ein „Formalist“, eine Todsünde. Nur: Was waren die „Formen der Wirklichkeit“?

Goethes Egmont ähnelt weniger seinem historischen Vorbild als ihm selbst. Auch Carlos, Maria Stuart oder Wilhelm Tell sind keine historischen Illustrationen. Nicht anders verhält es sich mit dem Figurenspiel bei Schostakowitsch. Ihre „Form der Wirklichkeit“ ist eine Verkleidung in einer Raum-Zeit-Relation, die mit ihrer wahren Lebenszeit nicht übereinstimmt, und die Worte sprechen, die sie nie gesagt haben. Der sowjetische Literaturwissenschaftler Michail Bachtin fand für diese Ungleichzeitigkeit den Begriff der „Chronotopie“. Seine Theorien der Zeitverschiebung, des „polyphonen Romans“, der Lachkultur und des Karnevalismus haben seit einem halben Jahrhundert die klassische Literaturwissenschaft auf den Kopf gestellt.

Bachtin war ein Zeitgenosse von Dmitri Schostakowitsch. Einander begegnet sind sie sich wahrscheinlich nie. Schostakowitsch wurde früh ein berühmter Komponist, Bachtin hingegen blieb ein namenloser Volksschullehrer. Beide starben 1975 in Moskau, der eine kaum bekannt, der andere weltberühmt. Bachtin lebte fern von Moskau. 1929 wurde er als angeblicher Terrorist zu fünf Jahren Gulag verurteilt. 1936 war beider Schicksalsjahr. Bachtins Lagerhaft endete, er erhielt einen Lehrstuhl am Mordwinischen Pädagogischen Institut in Saransk. Schostakowitschs blendende Laufbahn als Pianist wie als Komponist endet jäh, als Stalin im Januar 1936 seine Oper „Lady Macbeth von Mzensk“ besuchte und sie ihm außerordentlich mißfiel. Aus dem genialischen Liebling der Moskauer Moderne wurde über Nacht ein No-Name. Seine Werke verschwanden aus den Spielplänen, er fürchtete um sein Leben und war dem Selbstmord nahe. Aber es ging gar nicht um Musik. Stalins Thron wackelte damals. Das Politbüro erwog seine Entmachtung, und die Berufung Tuchatschewskis, des populären Bürgerkriegsgenerals und „russische Napoleons“, als seinen Nachfolger. So rückte Schostakowitsch, der Freund und Schützling Tuchatschewskis, in das Blickfeld Stalins – nicht als Musiker, als möglicher Kronzeuge einer politischen Kabale. Er wurde vorgeladen und verhört. Es ging nicht um musikalische Geschmacksfragen, sondern um einen Staatsstreich. Tuchatschewski wurde ein Jahr später verhaftet und erschossen. Der gegen Schostakowitschs gerichtete Prawda-Artikel „Chaos statt Musik“ war die Initialzündung einer umfangreichen politischen Kampagne, die das künstlerische Leben stigmatisierte und vielen die Freiheit oder das Leben kostete. Für Schostakowitsch bedeutete das einen totalen Bruch mit dem bisherigen Leben. Aus dem waghalsigen Avantgardisten wurde über Nacht ein zurückgezogener, mißtrauischer Musiker. Zu den frühen „karnevalistischen“ Film- und Theatermusiken trat die „Höllenpolyphonie“ der Sinfonik.

Beide Begriffe – Karnevalismus und Höllenpolyphonie – stammen aus dem theoretischen Arsenal von Michail Bachtin. Der lebte zu Beginn der 30er Jahre als unbekannter Linguist fern von Moskau in Kasachstan, wohin man ihn verbannt hatte wegen angeblicher volksfeindlicher Aktivitäten. Er schrieb heimlich über Dostojewski und Rabelais und „auf Befehl“ über „Erfahrungen beim Studium des Kolchosbauernbedarfs“ – eine karnevalistische Realsatire. „Wenn ich schon nichts zu lachen habe“, sagte er sich in einer Art Galgenhumor, „dann will ich wenigstens über das Lachen schreiben!“ Er ging nicht ins Kabarett oder zum Tingeltangel. Er ging zu Dostojewski und Rabelais. Deren Werke bildeten die Vorlage für seine weitreichenden Überlegungen zum „polyphonen Roman“ und zur „volkstümlichen Lachkultur“. Das klingt akademisch, aber bei näherem Zusehen erwiesen sich seine Gedanken als äußerst brisant und umstürzlerisch. Mit karnevalistischem Gelächter und Spott, so lautete seine These, reagiere das Volk auf die offizielle restriktive Ideologie des Staates und der Religion und verlache deren angebliche „höhere Werte“.

„Alle menschlichen Beziehungen sind nunmehr erfüllt von Heuchelei und Lüge. Die gesunden, natürlichen Funktionen des Menschen realisieren sich auf gleichsam gesetzwidrige und rohe Weise, weil die Ideologie sie nicht heiligt. Dadurch gelangen Unaufrichtigkeit und Zwiespältigkeit in das menschliche Leben. Alle ideologischen Formen – Institutionen – sind heuchlerisch und verlogen geworden, und das reale Leben, dem die ideologische Sinngebung fehlt, hat tierisch-brutale Züge angenommen. In Fabliaux und Schwänken, in Farcen und in satirisch-parodistischen Zyklen wird gegen den feudalen Hintergrund und die schlechte Konventionalität, gegen die Lüge, die alle menschlichen Beziehungen durchdrungen hat, angekämpft“, schrieb er.

Das Wort der Renaissance wird umgefärbt in die Terminologie des 19. Jahrhunderts, in die Sprache des „Hessischen Landboten“ Georg Büchners oder des „Kommunistischen Manifests“. Seinen damaligen – sicher nur wenigen – Lesern muß es die Sprache verschlagen haben (Michail M. Bachtin, Untersuchungen zur Poetik und Theorie de Romans, Berlin und Weimar 1986, S. 359 ff.). Jedem mußte klar sein, wovon hier geredet wurde. Narren, Tölpel und Schelme rief dieser Bachtin als die neuen Helden der Zeit auf: Gargantua und Pantagruel, Eulenspiegel oder Falstaff sind die Kronzeugen einer „verkehrten Welt“, der unsrigen, nicht einer fernen Vergangenheit. Die Renaissance in Frankreich des 15. Jahrhunderts wird in die sowjetische Gegenwart geholt. Die monologische Chronotopie – das Raum-Zeit-Verhältnis – zerfällt in zwei räumlich wie zeitlich getrennte Zeitalter, und die historische Zeit wird in die „polyphone“, vielstimmige Gegenwart implantiert. Bachtin setzt ihr eine Narrenkappe auf. Er ist der „Neinsager“ inmitten des Chores der „Jasager“.

Aber war es auch die Sprache Schostakowitschs? In seinem Wortschatz fehlt sie, nicht aber in seiner Musik. Bis in die 30er Jahre war Schostakowitsch trotz aller spöttischen Distanz auch ein begeisterter Anhänger der neuen Ordnung. Die beiden frühen Chorsinfonien „An den Oktober“ und „Der 1. Mai“ waren Produkte einer positiven Überzeugung, nicht von Verstellung oder Heuchelei. Auch den Prawda-Artikel „Chaos statt Musik“ hielt er zunächst lediglich für ein Mißverständnis und bemühte sich mehrmals, allerdings vergeblich, um eine Audienz bei Stalin, um es aufzuklären. Die erste Welle des „großen Terrors“ begann, sie erfaßte auch Anna Achmatowa, Isaak Babel, Ossip Mandelstam, Wsewolod Meyerhold und ging nur zufällig an Schostakowitsch vorbei. Der Chronotopos – das Raum-Zeit-Verhältnis der Künste – nahm eine gewaltsame, brutale Gestalt an. Während der Raum – der Ort der Veränderungen – sich zum Gulag oder Exekutionsplatz verengte, dehnte sich die Zeit in eine imaginäre, anachronistische Zukunft. Diese Zukunft kam nie, aber aus den sozialistischen Visionen entsprang die klassische Periode der sowjetischen Kunst. Michail Bulgakow entwarf seinen Roman „Meister und Margarita“, Alexej Tolstoi schrieb sein doppelsinniges Roman-Porträt „Peter der Erste“, Sergej Eisenstein und Wsewolod Meyerhold schufen ihre epochalen Film- und Theaterinszenierungen, Sergej Prokofjew das Ballett „Romeo und Julia“, mehr wäre zu nennen. Schostakowitsch antwortete dem Diktator, der ihn nicht empfing, mit seiner 5. Sinfonie. Auf dem Boden des Terrors entsprang eine neue Renaissance der Künste.

In seinem Dostojewski-Buch entwickelte Bachtin in der Gegenüberstellung von Tolstoi und Dostojewski seine ästhetische Theorie des „polyphonen Romans“. Den Begriff „Polyphonie“ verwendete er nicht im musikalischen Sinn. Er bedeutete „Vielstimmigkeit“ als literarische Technik. Fjodor Dostojewski und François Rabelais waren die literarischen Leitfiguren dieser Theorie. Im polyphonen Roman Dostojewskis sind die Figuren nicht Sprachrohre des Autors, sondern selbständige Subjekte mit eigener Stimme, eigenen Standpunkten, die sie mit dem Autor wie mit dem Leser diskutieren. Das unterscheidet diese Romane vom „monologischen“ Roman Tolstois oder Balzacs, in dem der Autor seine Gestalten wie Marionetten dirigiert. In den Augen der offiziellen Literatur-Theorie war das eine Ketzerei. Denn die Vielstimmigkeit der Meinungen und Ansichten konnte kein Prinzip der sozialistischen Literatur sein, weil sie der „Einheit und Reinheit“ der „Partei-Linie“ widersprach. Wer dagegen verstieß, galt als ein Feind des Volkes, des Sozialismus, des Friedens oder wessen auch immer, vor allem aber Stalins selbst, der Symbolfigur der neuen Zeit.

Aber ließ sich das auch auf die Musik anwenden? 1899 schrieb Richard Strauss seine sinfonische Dichtung „Ein Heldenleben“ op. 40, 1937 Dmitri Schostakowitsch seine 5. Sinfonie op.47. Beide Kompositionen porträtieren einen „sinfonischen Helden“. Aber keiner fragt, wer dieser „Held“ eigentlich ist. Das ist absurd. Stellen wir uns vor, einer schreibt über Goethes „Egmont“, aber statt Egmont serviert er eine grammatische Analyse. Der „Held“ des „Heldenlebens“ war kein preußischer General, und Schostakowitschs „neuer Mensch“ war kein „Stachanowez“. Beide Kompositionen waren Eulenspiegeleien und subversiver Spott auf die geläufigen Heldenbilder. Strauss serviert uns als neue Heldentaten seine eigenen Kompositionen. Schostakowitschs Held war ein prügelnder „Kunstlump“, dessen wirklichen Namen man damals zwar erraten, aber nicht aussprechen durfte.

Die 5. Sinfonie ist kein Klagelied, keine moderne „Pathétique“, sondern eine Streitschrift in Noten. Was die Menschen jener Jahre bedrückte, was sie verfluchten, und was sie erhofften, wird hier Klang. In Leningrad und Moskau klatschten die Hörer fast eine Stunde lang. Sie bemerkten die warnende Botschaft, die „…Leid und Schmach und blutgen Strafen, Hunger, Aufruhr, TyranneiSieg des Bösen, Tod des Braven“ ankündigte wie es in einem Gedicht von Alexander Blok heißt, das Schostakowitsch ebenfalls vertonte (Sieben Gedichte von Alexander Blok, op. 127, Nr. 2 Gamajun, der Prophetenvogel).

Im ersten Satz erklingt in der Flöte ein zartes Motiv, es stammte aus der verbotenen 4. Sinfonie. Eine marcia funebre, Gegenstück zu dem Trauermarsch der „Eroica“, weckt Erinnerungen an den den ermordeten Marschall Tuchatschewski. In die Partitur ist ein Datum vermerkt – der 15. Juni 1937. An diesem Tag meldete die Prawda dessen Hinrichtung. „Ich wüsste gern, wer heute Tuchatschewskis Geigen spielt“, wird der Komponist später sagen. „Ich habe das Gefühl, sie müssten einen traurigen Klang haben.“ Den traurigen Klang von Tuchatschewskis Geigen vernehmen wir seiner Musik. 1936 war auch ein „Puschkin-Jahr“, sein 100. Todestag, Schostakowitsch komponierte „Vier Romanzen“ nach Texten von Puschkin (op. 46). Die erste – „Wiedergeburt“ – reflektierte die Verleumdungskampagne um seine Oper . „Es hat ein (Kunstlump) frech willkürlich/das Werk des Meisters überschmiert“, hieß es da. Die Musik transformierte Puschkins Verse in die Gegenwart als Satire auf den „Kunstlumpen“ Stalin. „So weicht die Täuschung, die mich quälte, / Und das Dunkel kann nicht immer sein“, heißt es bei Puschkin. Aber noch herrscht es, das Dunkel, und die Sinfonie endet mit der höhnischen Parodie eines Triumphmarsches. Diese Musik forderte nicht Einverständnis und Hingabe, sondern eine „dialogische“ Reflexion, kritisches Denken. Während Schostakowitsch seinen Zorn in Töne faßte, schrieb Ossip Mandelstam sein Stalin-Epigramm, eine „Höllenpolyphonie“ in Worten.

 

„Schmalnackige Führerbrut geht bei ihm um,
Mit dienstbaren Halbmenschen spielt er herum,
Befehle zertrampeln mit Hufeisenschlag:
In den Leib, in die Stirn, in die Augen, – ins Grab.
Wie Himbeeren schmeckt ihm das Töten –
Und breit schwillt die Brust des Osseten.“

 

Schostakowitsch hat diesen Fluch ebenfalls komponiert, in der Fassung von Apollinaire als achtes Stück in seiner 14. Sinfonie: Es ist die „Antwort der Kosaken an den Sultan von Konstantinopel“.

 

„Der du schlimmer als Barrabas bist
und gehörnt wie ein Höllendrachen,
Beelzebub ist dein Freund, und du frisst
nichts als Unflat und Dreck in den Rachen.“

 

All das gehört zum Panorama dieser Sinfonie und aller ihr folgenden. Mandelstam wurde 1938 verhaftet und verhungerte in einem Lager bei Woronesh, Meyerhold wurde 1940 erschossen. Das und anderes gehört auch in die Chronotopie dieser Jahre, als deren neuer Held der Henker auftritt.

Die 5. Sinfonie ist die erste „polyphone“ Sinfonie mit vielen Subjekten, Stimmen und Meinungen. Alle kommen sie zu Wort, die Erschossenen und Verschleppten, die Demonstranten und Paraden, die Siegeshymnen und die Verhafteten in den Gefängnissen und Arbeitslagern. Wir vernehmen die ungehaltenen Trauerreden, und am Ende erscheinen auch Stalin selbst und sein NKWD-Henker Wassili Blochin, der Tuchatschewski, Isaak Babel und unzählige andere russische Intellektuelle persönlich per Genickschuß hingerichtet hatte. 1954 erhielt er ein Ehrengrab auf dem Friedhof des Donskoi-Klosters in Moskau. Wen meinte Schostakowitsch, als er sagte, er widme seine Sinfonie dem „neuen Menschen“? Vielleicht diesen Blochin?

Der Karnevalismus ist ein bisher weitgehend unterschätztes Element in Schostakowitschs Musik. Er gilt vor allem als ein sinfonischer Tragiker. Die Sinfonien werden als klingende Tragödien erklärt, während man ihre komödischen oder karnevalistischen Momente übersieht oder unterschlägt. „Karnevalismus“ meint hier nicht den Unterhaltungsspuk der Revuen und Schlagerfeste. „Karneval“ meint die Parodierung, Verlachung und Verhöhnung der staatlichen Autoritäten und formierten Meinungen. Respektloses Gelächter durchdringt Schostakowitschs Sinfonik. Einige Beispiele möchte ich nennen. Im zweiten Satz der 13. Sinfonie findet sich eine Apologie des politischen Witzes. Dort heißt es mit den Worten des Dichters Jewgeni Jewtuschenko:

 

„Cäsaren, Regenten und Könige,
die Herren im Rampenlicht,
sie kommandieren nicht wenige,
beim Witz jedoch ging das nicht.“

 

Die Melodie ist ein Selbstzitat, die satirische Ballade von „McPhersons Tanz unter dem Galgenbaum“ aus den sechs Romanzen op. 62. Die 9. Sinfonie von 1945 serviert statt einer heroischen Hymne auf den Sieg einen Foxtrott und verlacht die theatralische Siegerpose. Im ersten Violoncello-Konzert parodiert Schostakowitsch Stalins Lieblingslied „Suliko“, und auch in vielen Liedern, unter anderem in der Puschkin-Romanze „Wiedergeburt“ von 1936, in McPhersons „Tanz unter dem Galgen“, in den fünf Romanzen nach Worten aus dem Satire-Magazin Krokodil und den „Vier Poemen des Hauptmanns Lebjadkin“ vernehmen wir sein Gelächter. In der Operette „Moskau – Tscherjomuschki“ ist es ebenso vernehmbar wie in den beiden Opern „Die Nase“ und „Lady Macbeth von Mzensk“ und in der bösen Posse des „Antiformalistischen Panoptikums“, der Verhöhnung der sowjetischen Kulturpolitik. Schostakowitsch war – auch – ein sowjetischer Jacques Offenbach. Doch sein Lachen ist bitterer.

Nicht geschrieben hat er Festmusiken zu den rituellen Jahrestagen, Staatshymnen trug man ihm an, aber daraus wurde nichts. Keine Stalin-Kantaten, wie sie selbst Prokofjew schrieb, keine Schlachtensinfonien. Auf die „Leningrader Sinfonie“ folgte nicht, wie man erwartete, eine „Stalingrader Sinfonie“, auf das Kriegsende keine Triumphsinfonie. Seine Sinfonien versah Schostakowitsch mit Erklärungen, die die Musik oftmals auf den Kopf stellten. Die 6. Sinfonie kündigte er als eine „Lenin-Sinfonie“ an, aber einen Lenin gibt es da nicht. Die Sinfonie war ein Bocksgesang. Als sie 1939 erschien, fehlte ein der erste Satz, das Lenin-Porträt. Die Sinfonie begann mit einem tragischen Largo, dann folgten zwei Scherzi im lockern Ballett-Stil.

Schostakowitschs Musik ist nicht nur tragisch. Sie ist auch eine Lobpreisung der Welt und der Freude, Verneinung und Bejahung zugleich, eine Form von Freiheit. Sie kennt die Tränen des Vaterlandes, doch auch das Lachen, Bejahung und Lobpreisung der Welt, sie ist ein Forum der Lebensfreude, der Veränderung und Erneuerung der Gesellschaft. Die leichte, unterhaltende Musik, die U-Musik und Pop-Musik dringen fortwährend in sie ein und färbt ihren demokratischen Charakter. „Die Sprache des Lachens war auch die Sprache der freien und angstfreien volkstümlichen Wahrheit“, schrieb Bachtin. Sie war auch eine Sprache von Dmitri Schostakowitsch. Sein Werk ist nicht das Ergebnis der Anpassung, sie entspringt der Überzeugung von der Notwendigkeit der Künste auf dem Weg in eine lebenswerte Zukunft.

Die Form der Wirklichkeit, von der Engels spricht, ist diese Hoffnung.