Heide Simonis (SPD, Aufrechte – Menschen wie Sie scheitern immer an den Grenzen, die Kleingeister und ewig Gestrige im Halbdunklen ziehen. Beliebt sind dabei Stiche von hinten in den Rücken. 2005 mussten Sie das im Kieler Landtag erfahren. Dass Sie nach dem unglücklich agierenden Björn Engholm der SPD im Land zwischen den Meeren wieder zu Ansehen und Profil verholfen hatten, zählte nichts. Ihren Gegnern war das alles zu emanzipatorisch, zu links zudem … Jetzt haben Sie die Walstatt, auf der Menschen wie Sie nur verlieren können, endgültig verlassen. Wir bedauern das sehr. Sie standen für politische Glaubwürdigkeit. Das ist heute ein sehr seltenes Spurenelement geworden.
Bruno Kahl, BND-Chef, mithin oberster Schlapphut der Republik – Laut Medienberichten soll Ihr Job zur Disposition gestanden haben, weil Sie im Juni dieses Jahres das Kanzleramt und andere Informationsberechtigte über den Operetten-Putsch in Russland („Prigoschins Marsch auf Moskau“) erst informierten, als die Ereignisse bereits über die Ticker liefen.
War das bloß Ausdruck eines eigenwilligen Verständnisses des Begriffes Geheimdienst („hält geheim, was er nicht weiß“) oder war es einfach nur so wie immer (also so wie zum Beispiel während des gesamten Kalten Krieges): Sie haben im inneren Zirkel der Macht in Moskau nun mal niemanden, der Ihnen steckt, was gerade Phase ist?
Jetzt ist der Kelch zwar noch einmal an Ihnen vorübergegangen. Wahrscheinlich wollte Olafs Gurkentruppe der Dramödie um das Heizungsgesetz nicht gleich noch eine Vorstellung folgen lassen. Doch die nächste Krise, von der Ihre Schlapphüte wieder erst hinterher berichten, kommt bestimmte. Was halten Sie daher davon: Statt als Bauer über die Klinge zu springen oder als Opfer einer Affäre in der Versenkung zu verschwinden, setzen Sie sich doch an die Spitze der Bewegung – demissionieren Sie selbst und werden Sie anschließend Vorkämpfer für eine allgemeine Abschaffung Ihres Metiers. Das wäre allemal ehrenvoller als, wie Ihr Amtskollege Hans-Georg Maaßen, der vormalige Verfassungsschutzpräsident, ständig Gefahr zu laufen, rechts außen aus der Kurve zu fliegen …
Robert Sesselmann (AfD), inzwischen als verfassungstreu amtlich bestätigter Landrat – Sie hielten kürzlich eine Rede auf dem Schulhof von Mengersgereuth-Hämmern – für Nicht-Ortskundige: das kommt gleich hinter dem „Kaufland“ von Sonneberg … – und lösten damit einen Sturm der Entrüstung aus. Sie wiesen ihre Zuhörer darauf hin, dass man bei Nicht-Zufriedensein mit der Regierung sein Kreuz auch „an der richtigen Stelle machen“ könne. Was die „richtige“ Stelle ist, sagten Sie nicht. Damit verstießen Sie natürlich nicht gegen § 56 (3) des Thüringer Schulgesetzes, wie einige Landespolitiker meinen. Der sagt nur, dass Werbung für (konkrete!) politische Parteien „in der Schule grundsätzlich nicht zulässig“ sei. Dass Demokratie bedeutet, man könne durchaus auch die Opposition wählen, wird dagegen – hoffentlich! – auch an den Schulen des Freistaates Thürigen gelehrt.
Allerdings könnte man solche Auftritte auf Schulhöfen auch grundsätzlich untersagen. Das träfe dann aber alle anderen auch. Ob die das wirklich wollen? Höchstens nach den nächsten Wahlen. Keine Frage hingegen, dass man mit verbaler Kraftmeierei nicht nur in Thüringen gegen Ihre Partei nichts mehr ausrichten kann. Nach den jüngsten Umfragen wäre derzeit nach Landtagswahlen keine Regierungsbildung mehr ohne die AfD (34,0 Prozent) möglich. Es sei denn, alle anderen gehen irgendwie zusammen. Zwingend wäre jedoch in jedem Falle eine Koalition mit CDU und Linkspartei in einem Boot …
Wie wäre es aber, die Damen und Herren in der Landesregierung erinnerten sich an den Doktor Luther – der ist wirklich keine Erfindung der Abteilung Tourismusförderung des Wirtschaftsministeriums! – , schauten dem Volk aufs Maul und änderten ihre Politik? Viel Zeit ist nicht mehr.
Mitch McConnell, Führer der Republikaner im US-Senat – Auf Ihrer Homepage findet sich unter dem Datum vom 12. Juni 2023 ein Statement unter der Überschrift: „Hilfe für die Ukraine ist eine Investition in Amerikas Sicherheit“. Darinnen dieses: „Wie ich schon wiederholt gesagt habe, ist die Entsendung tödlicher westlicher Fähigkeiten an die Front eine direkte Investition in Amerikas eigene Sicherheit, und zwar in mehrfacher Hinsicht. Erstens ist die Ausrüstung unserer Freunde an der Front, damit sie sich selbst verteidigen können, ein weitaus billigerer Weg – sowohl in Dollar als auch in amerikanischen Menschenleben –, um Russlands Fähigkeit, die Vereinigten Staaten zu bedrohen, zu verringern. Zweitens lehrt uns die effektive Verteidigung des ukrainischen Territoriums, wie wir die Verteidigung von Partnern, die von China bedroht werden, verbessern können. […] Drittens: Das meiste Geld, das für die Sicherheitsunterstützung der Ukraine bewilligt wurde, geht nicht wirklich an die Ukraine. Es wird in die amerikanische Rüstungsproduktion investiert. Damit werden neue Waffen und Munition für die US-Streitkräfte finanziert, um das ältere Material zu ersetzen, das wir der Ukraine zur Verfügung gestellt haben. Lassen Sie es mich klar sagen: Diese Unterstützung bedeutet mehr Arbeitsplätze für amerikanische Arbeiter und neuere Waffen für amerikanische Soldaten.“
Mr. McDonnell, wir danken erstens sehr für diese Klarstellungen und hätten zweitens eine Bitte: Könnten Sie Ihren Standpunkt gelegentlich unserer Werte und Regeln basierten Außenministerin zur Kenntnis geben? Many thanks in advance!
Laura Nickel und Max Teske, mutige Lehrer aus Burg (Spreewald) – Nach offenbar wochenlangem Psychoterror werfen Sie jetzt entnervt das Handtuch und wollen Ihre Schule verlassen. Sie hatten den Mut, die dortigen Mißstände in Sachen Rechtsextremismus, Sexismus und Homophobie öffentlich zu machen. Das schlug bundesweit Wellen. Nach Ihrer jetzigen Ankündigung ist das Geheule im politischen Raum Brandenburgs groß. Das sei „ein Alarmsignal an die ganze Gesellschaft“ (Petra Budke/Grüne), „es ist verheerend für Brandenburg“ (Ludwig Scheetz/SPD), „Staatsversagen“ (Sebastian Walter/Linke). Merken Sie was? Da sucht mal wieder jeder bei jedem die Schuld dafür, dass ganze Regionen offenbar nach rechts rutschen. Nur nicht bei sich selbst und seinem Verein. Ministerpräsident Dietmar Woidke erklärte mit kraftvollsten Worten: „Allen, die sich mit Engagement und mutig dem Rechtsextremismus entgegenstellen, gilt unsere Unterstützung.“
Unser Rat: Verzichten Sie auf den feuchten Händedruck des Landesvaters. Gehen Sie da weg. Noch hat Rot-Schwarz-Grün in Potsdam eine Mehrheit. Aber die stärkste Partei ist mit 28 Prozent auch hier die AfD (plus 3,0 Prozent in den jüngsten Umfragen). Natürlich hat das mit den Zuständen im Spreewald nichts zu tun. Niemand hat damit zu tun.
Oleksii Makeiev, Melnyk-Nachfolger – Ihrem Vorgänger erweisen Sie sich tatsächlich geistig näher, als wir befürchteten. Jetzt verlangen Sie – nicht als Privatperson, sondern als Botschafter der Ukraine – die Umbenennung des „Café Moskau“ in der Berliner Karl-Marx-Allee in „Café Kyiv“. Eigentlich verbietet sich jedes ernsthafte Eingehen auf solchen Blödsinn. Aber wir wollen mal nicht so sein: Wenn Sie einigermaßen belastbar belegen können, dass Onkelchen Wowa seine Horden aus der Ukraine abzieht, wenn Berlin eine solch furchterregende Umbenennung exekutiert – dann, aber erst dann können Sie unserer Unterstützung für diese Idee sicher sein. Einen Krieg zu beenden, darf man nichts unversucht lassen.
Das scheint aber nicht der Fall zu sein. Sie werden sich wohl mit den Beifallsbekundungen der in Berlin in Scharen vorkommenden Umbenennungsjunkies begnügen müssen.
Mario Czaja (CDU), geschasster Bundesgeschäftsführer – Wir geben es zu: Wiewohl politisch auf einer ganz anderen Seite, genießen Sie dennoch ob Ihres so gänzlich anderen Politikstils unsere stille Sympathie. Und wir haben es nie verstanden, weshalb Sie sich vor anderthalb Jahren ohne jegliche Schutzkleidung – in der Politik wäre das eine hinreichende Vernetzung plus eigene „Hausmacht“ – in das kontaminierte Labyrinth des Konrad-Adenauer-Hauses begaben. Dessen wahre Herren dürften aufatmen. Die stille Bedrohung aus dem Osten ist weg. Die Vasallen des rheinischen Kapitalismus – Stichwort: „In Geldsachen hört die Gemütlichkeit auf!“ – können die bevorstehenden Machtkämpfe wieder unter sich ausmachen. Deren Kreise darf man nicht stören, haben Sie das nicht in der Schule gelernt?
Frank-Walter Steinmeier, Bundespräsident – Als Sie noch Außenminister waren, haben Sie die deutsche Unterschrift unter das sogenannte Oslo-Abkommen gesetzt, das die Herstellung, Lagerung sowie den Einsatz und die Weitergabe von Streumunition untersagt und das im Jahre 2010 in Kraft getreten ist. Streumunition ist heute von einer Mehrheit der Staaten weltweit geächtet, weil sie durch einen hohen Anteil an Blindgängern in ihren Einsatzgebieten noch lange nach Kriegen immer wieder Zivilpersonen verletzt und tötet. Jetzt hat US-Präsident Biden – die USA sind dem Oslo-Abkommen ebenso wenig beigetreten wie etwa Russland und die Ukraine – entschieden, solche Munition an Kiew zu liefern. Dagegen hat sogar die bei Waffenlieferungen an die Ukraine ansonsten nicht zimperliche deutsche Außenministerin ihre Ablehnung ausgedrückt. Und Sie? Haben Ihr Plazet gegeben – im Sommerinterview mit dem ZDF: Die Bundesregierung „kann in der gegenwärtigen Situation den USA nicht in den Arm fallen“.
Natürlich darf auch ein Bundespräsident seine Meinung ändern.
Das American Enterprise Institute for Public Policy Research, ein konservativer US-amerikanischer Think Tank in Washington, hat gerade vorgeschlagen, dass die USA Kiew auch taktische Atomwaffen liefern sollten. Ob Biden dieser Anregung ebenfalls folgt, bleibt abzuwarten. Doch für den Fall, dass … merken wir uns als nicht gänzlich auszuschließende Begleitmusik unseres Bundespräsidenten schon mal vor: „[…] den USA nicht in den Arm fallen.“
Sahra Wagenknecht, Zögerliche – Nun springen Sie endlich! Sie haben das doch gelesen, Sie haben so unendlich viel gelesen: „Vom Erhabenen zum Lächerlichen ist nur ein Schritt“, soll Bonaparte gesagt haben. In Thüringen könnten Sie, meinten selbst die Funke-Medien, die AfD ausbremsen. Die Liebe Ihrer
(Noch-?)-Genossen wird sich allerdings in Grenzen halten. Aber da ist eh nicht mehr viel übrig… Ansonsten: Es gibt die hübsche Fabel vom Schäfer und dem Wolf. Als ersterer zum dritten Male Alarm schrie, kam niemand mehr. Dafür war der Wolf diesmal tatsächlich da. Springen Sie endlich. Oder lassen Sie das Kokettieren mit dem Stöckchen endlich sein.
Schlagwörter: Bruno Kahl, Frank-Walter Steinmeier, Heide Simonis, Laura Nickel und Max Teske, Mario Czaja, Mitch McConnell, Oleksii Makeiev, Robert Sesselmann, Sarah Wagenknecht