Da ist Maira, die Hündin des Ikarios, die sich aus Trübsal über den Tod ihres Herrn in eine Quelle stürzte und darin ertrank. Dionysos, der Gott, erbarmte sich der Anhänglichen und hob sie als hellsten Fixstern an den irdischen Himmel: Sirius (auch Hundsstern genannt), der nun im Sternbild „Großer Hund“ als Hauptgestirn glänzt und funkelt. – Auch Odysseus besaß einen verlässlichen Vierbeiner. Er hieß Argos. Als der Weitreisende sich auf die abenteuerliche Fahrt begab, blieb Argos, der aufmerksame Wächter, im Palast von Ithaka zurück und wartete getreulich viele Jahre auf die Heimkehr des Herumstreifenden. Als dieser vorerst im eigenen Hause unerkannt blieb, war es der alte, lebensschwache Hund, der ein Zeichen des Erkennens von sich gab und dann verstarb. – Und was wäre die stolze Diana ohne ihre schnellen schlanken Jagdtiere? –
Im Hospiz des Großen Sankt-Bernhard in der Schweiz war der Lawinenhund Barry fast wichtiger als die Chorherren, die dort lebten. Über vierzig Menschen soll er aus Schneenot gerettet haben (wenn es zwanzig gewesen sind, so war es dennoch ein hohes Verdienst). Er gab dem Nationalhund der Schweizer nach seinem Tatort den Namen, obgleich er im Erscheinungsbild nur bedingt der heutigen stattlichen Rasse glich. – Wer von Friedrich II. spricht, gedenkt unter anderem der Schlachten, gewonnen oder nicht, der Einführung der Kartoffel in Preußen und des Königs Hundefreundschaften. Er liebte die italienischen Windspiele, zarte, empfindsame, anschmiegsame Wesen. Elf von ihnen begleiteten Friedrichs Leben. Bei einem Besuch von Schloss und Park Sanssouci wird man auf der oberen Schlossterrasse ihre Gräber finden. Die schlichten Grabplatten, soweit lesbar, tragen aparte Namen: Alkmene, Diana, Thisbe, Phillis. Unweit von ihnen liegt auch, wie es der König gewünscht hatte, seine eigene Ruhestätte.
Die kleine sanfte, zierliche Hündin Biche („Hirschkuh“), erklärte Favoritin der Majestät, durfte sich mancherlei erlauben: hin und wieder im herrschaftlichen Bett schlafen und das gepolsterte Mobiliar des Schlosses als Liegestatt benutzen. Der Hofmaler Antoine Pesne porträtierte sie auf einem Wandgemälde im Konzertzimmer von Sanssouci („Das Bad der Diana“). Die Hündin legt ihre Vorderpfoten in Dianens Schoß und blickt zu ihr auf (wer ist die Schönste von uns beiden?) Nach Biches Ableben befiel Friedrich tiefe Trauer. Er schrieb an seine Schwester Wilhelmine: „Ich war beschämt, daß der Tod eines Hundes mir so nahe geht.“ Der König weinte.
Gegensätzlich zu Friedrich II. schwärmte Richard Wagner für die robustere Rasse der Neufundländer. Robber, der große stämmige, der sich Wagner in Riga angeschlossen hatte und ihn auf einer äußerst stürmischen Seereise begleitete, die er besser durchstand als sein neuer Begleiter, verließ ihn in Paris wieder. Robbers Nachfolger wurde – in der Größe etwas zurückgestuft – der King-Charles-Spaniel Peps. Ein musikalisches Talent. Als Richard Wagner am „Tannhäuser“ arbeitete, soll Peps in Rufnähe auf einem Samthocker sitzend, durch seine Reaktionen die Wahl der Tonart beeinflusst haben: Wechsel von E-Dur nach Es-Dur. – Der schwarze Neufundländer Russ, treuer Diener seines Herrn, erhielt den Vorzug, im Park der Bayreuther Villa Wahnfried bestattet zu werden. Auf dem Grabstein ist zu lesen: „Hier ruht und wacht Wagners Russ“. Halte weiter gute Wacht, braver Hund!
Vierbeiner gehörten stets auch zur Familie Thomas und Katia Mann. Die Vorteile: Hunde galten als ideale Begleiter des Hausherrn auf seinen Mittagsspaziergängen und wirkten ermunternd in getrübter Stunde. Schottische Schäferhunde und Pudel genossen den Vorrang. Ab und an erfolgte der Rückgriff auf echte Bastarde, ihrer Verlässlichkeit und Anhänglichkeit wegen. Zwei der Hausgenossen kamen zu besonderen Ehren. Sie wurden „literarisch“. MOTZ, der feinnervige Colli, veränderte sich im Roman „Königliche Hoheit“ in den „schönen, aber entsetzlich aufgeregten“ Perceval (gerufen Percy). Und BAUSCHAN erhielt sogar seine eigene Erzählung „Herr und Hund“. Unter den Pudeln taten sich NICO I und NICO II hervor. Letzterer lief als Geschenk zur Goldenen Hochzeit von Katia und Thomas ins Kilchberger Haus, zur Freude des Jubelpaares. Zwar hasste er den Briefträger, war aber ansonsten sanft und hatte auch die gleichen Othello-Augen wie NICO I in Kalifornien. Deshalb erhielt er denselben Namen.
Der Pudel mit den Othello-Augen (NICO I) entstammte einer französischen Zucht, versetzte seinen Herrn in wechselhafte Gefühle und lag auf seinem Dichterfuß unter dem Schreibtisch. TM: „Er stört mich fürchterlich, aber ich liebte ihn auf den ersten Blick.“ – Seinen Papieren nach hieß er „Gueulard“. Alle Familienmitglieder lehnten den Namen ab. Man rief ihn NICO. Der schwarze Aristokrat war jung und benahm sich flegelhaft. Thomas gewährte ihm großzügig den Aufenthalt in der Bibliothek. Der Neugierige durchstöberte die Bestände und biss sich an der Philosophie fest. Nicht etwa an seinem Artgenossen aus Faustens Studierstube. Er zottelte Ernst Cassierers Schriften aus dem Regal und zerlegte dessen Philosophie von den symbolischen Formen in ihre Grundeinheiten, zerfledderte und zerkaute sie mit Behagen. NICO verstand nicht, weshalb sein Herr außer sich geriet, ihn wild beschimpfte und aus dem Zimmer jagte.
Und wie soll man nun Friedrichs II. Ansicht deuten: „Hunde besitzen sämtliche edle Eigenschaften des Menschen, doch keine einzige ihrer schlechten.“?
Die Passagen zur Familie Mann entstammen dem als E-Book erschienen Buch von Renate Hoffmann „Er konnte ja sehr drollig sein. Anekdoten über Thomas Mann“, erschienen im Eulenspiegel Verlag Berlin innerhalb der Eulenspiegel Verlagsgruppe, erhältlich für 7,99 Euro.
Schlagwörter: Friedrich II., Hunde, Odysseus, Renate Hoffmann, Richard Wagner, Thomas Mann