26. Jahrgang | Nummer 10 | 8. Mai 2023

Bemerkungen

Unbekanntes Usbekistan

Usbekistan umfasst im Wesentlichen die historischen Kulturlandschaften Choresmien, Sogdien und Teile Baktriens, des „Landes der 1000 Städte“, wie es der griechische Geschichtsschreiber Strabon nannte. Der größere „Rest“ Baktriens allerdings liegt hinter den Ketten des Hindukuschs in Afghanistan. Auch Tadschikistan und Turkmenistan haben ihren Teil. Die historischen Kulturräume blieben im Kern erstaunlicherweise über die Jahrhunderte unter stets wechselnden Herrschern einander selten friedlich ablösender Kulturen im Wesentlichen erhalten. Heute sind sie allerdings nur mit Mühen ortbar. Das hat nicht nur mit Verfall, Sanddünen und verheerenden Einfällen von Nomadenvölkern zu tun, das ist auch eine „Leistung“ westlicher Großmächte, zuvörderst Großbritanniens, das der Region südlich von Hindukusch und Himalaya ihre noch heute gültigen Grenzen verpasste. Nördlich davon regelte es das zaristische Russland. Die auch in St. Petersburg und Moskau brachial gezogenen Grenzlinien gelten mit einem anderen völkerrechtlichen Status noch heute.

In Deutschland bekannt sein dürfte die Gegend vor allem als Schauplatz ewiger Konflikte – der Hallenser Orientalist Burchard Brentjes nannte sie den „gordischen Knoten“ Asiens – und im Falle von DDR-Bürgern als touristischer Sehnsuchtsort in Gestalt Bucharas und Samarkands. Nur dass die wie Illustrationen zu „1000 und eine Nacht“ wirkenden Städte mit den genannten historischen Kulturen nichts zu tun haben. Glanz und Ruhm Samarkands sind timuridischen Ursprungs. Aber was war vorher?

In das graeco-romanische Geschichtsbewusstsein trat dieser Raum mit Alexander dem Großen ein. Formal auf der Jagd nach dem Mörder Dareios‘ III. – eigentlich wollte der ländergierige Eroberer nach Indien und benötigte militärische Rückenfreiheit – drang der Makedone 329 v.u.Z. zum Amu-Darja vor und stieß auf heftigen Widerstand. Drei Jahre schlug er sich mit Baktrien herum, ehe der Weg zum Indus frei war. Als Friedenspfand nahm er die baktrische Prinzessin Roxane zur Frau, beim Abzug hinterließ er eine Reihe Burgen. Mit Alexanders Feldzug und seinen Burgen in der Nähe von Termiz beginnt eine faszinierende Sonderausstellung der Staatlichen Museen Berlin, die vor allem dank der Kooperation mit der Taschkenter Art and Culture Development Foundation möglich wurde. Diese Schau hat nichts mit den derzeitigen Verrenkungen der deutschen Außen- und Wirtschaftspolitik in Richtung Usbekistan zu tun. Der jüngste Besuch Präsident Shavkat Mirziyoyevs in Berlin deckt sich mehr zufällig mit der Erstellung dieser Exposition. Die Vorbereitungen für die Ausstellung laufen seit 2019. Allerdings hat sich der Eröffnungstermin wohl absichtsvoll mit dem Staatsbesuch gedeckt.

Die Ausstellung ist hochkarätig bestückt. Und sie gibt Auskunft auf die Frage, was eigentlich vor der islamischen Zeit auf dem heutigen usbekischen Territorium stattfand. Nämlich 800 Jahre spannende, die Menschheitskultur nachhaltig prägende Geschichte, die von einem immerwährenden kulturellen und geistigen Austausch lebte. Ihre künstlerischen Zeugnisse sind von ausgesuchter Qualität und angesichts ihrer Materialität – die Bauplastik beispielsweise aus zutiefst fragilem Ton – in ausgezeichnetem Erhaltungszustand. Als ärgerlich empfinde ich den immer noch durchscheinenden „westlichen“ Blick (Alexanders Hellenen als große Kulturanreger), von dem die Berliner Museen trotz der beschworenen „dringend nötigen Perspektivänderung“ (Matthias Wemhoff) nicht lassen können. Aber dazu später ausführlicher mehr.

Jetzt erst einmal meine Empfehlung: hingehen!

Wolfgang Brauer

Archäologische Schätze aus Usbekistan, Museumsinsel Berlin – James-Simon-Galerie und Neues Museum, bis 14. Januar 2024; Katalog im Kadmos-Verlag (Museumsausgabe 39,00 Euro).

Was zusammengehört …

Otto Nagel gehört neben Hans Baluschek, Heinrich Zille und Käthe Kollwitz zu den bedeutenden Berliner Künstlern der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Aus vielfältigen Gründen gelang es nach dem Tod des Künstlers Jahr 1967 nicht, sein Werk in den wesentlichen noch vorhandenen Beständen zusammenzuhalten. Schluss- und Höhepunkt der Zerfaserung seines Nachlasses bildete 1995 die Schließung des Otto-Nagel-Hauses durch die Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Die folgenden Jahre waren eher durch Eigentums- und Nutzungsrechtsstreitigkeiten denn durch ernsthafte Bemühungen gekennzeichnet, das Werk möglichst wieder zusammenzuführen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Zu den Instituten, die über einen größeren Bestand an Nagel-Arbeiten verfügen, gehört das Stadtmuseum Berlin. Es verwahrt 23 Gemälde, 82 Zeichnungen und Pastelle sowie zehn Archivalia. Auch diese Bestände waren vor Jahren Objekt eines heftigen Rechtsstreits. Jetzt teilt das Museum mit, dass ihm aus dem Kunstbesitz der Berliner Sparkasse neben anderen grafischen Blättern weitere 40 Pastelle und Gemälde Otto Nagels – überwiegend Ansichten aus dem Wedding und der im Bombenkrieg und durch die sozialistischen Innenstadtplanungen untergegangenen Berliner Altstadt – übergeben wurden. Die Werke waren bereits 2022 dem Museum als Schenkung übereignet worden. Damit verfügt das Berliner Stadtmuseum über einen der bedeutendsten Otto-Nagel-Bestände überhaupt. Dessen Sammlungsleiterin Sophie Plagemann erklärte, damit sei „die Sammlung für kommende Projekte“ bereichert worden. Diese dürfen mit Spannung erwartet werden. 2024 jährt sich Nagels Geburtstag zum 130. Male. Den 125. Geburtstag hatte das Museum, ebenso wie die Nationalgalerie, schlicht ignoriert.

WB

Wie es war und ist, eine Schwarze Frau zu sein

Ein fast vergessener Klassiker US-amerikanischer Literatur aus der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts erscheint jetzt erstmals auf Deutsch. Der Manesse Verlag hat ihn gerade herausgegeben, den einzigen Roman der Pulitzer-Preisträgerin Gwendolyn Brooks, die als erste Schwarze Frau diesen Preis für ihren Lyrikband „Anni Allen“ im Jahre 1950 erhielt. 1976 wurde sie außerdem als erste Schwarze Autorin in die American Academy of Arts and Letters aufgenommen.

Diese bedeutende, aber bisher hierzulande weitgehend unbekannt gebliebene Schriftstellerin beschreibt wunderbar leichtfüßig in vierunddreißig bunten Momentaufnahmen und angelehnt an ihre eigene Biografie das Leben einer starken Schwarzen Frau.

Maud Martha Brown ist ein unscheinbares Mädchen. Klug, still und zurückhaltend wächst sie in den 1940er Jahren in der South Side von Chicago auf, zwischen verfallenen Kneipen und verwilderten Gärten, dennoch behütet und mit Träumen von einer heiteren Zukunft. Wir begleiten sie ins Erwachsenenalter, bei einschneidenden Erlebnissen im familiären Umfeld und der Erkenntnis, das weniger geliebte Kind ihrer Eltern zu sein. Wir erleben ihre erste Verliebtheit, ihre Hochzeit, sehen sie beim Einrichten ihrer ersten winzigen Wohnung, die eigentlich nur eine Küchenzeile ist, und in Eheszenen mit ihrem hellerhäutigen Mann, der eigenen Träumen nachhängt. Sie wird Mutter einer Tochter und übersteht die Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs auf ihre Familie.

Aber da ist auch der allgegenwärtige Rassismus dieser Zeit in ihrem ohnehin schweren Alltag. Maud Martha konzentriert sich trotz ihrer schwierigen sozialen Situation als Schwarze Frau in einer von Männern geprägten weißen Welt immer auf die guten Dinge in ihrem Leben, zieht mit Gleichmut und Würde ihre Lehren, auch wenn sie begriffen hat, dass sich ihre Träume nicht erfüllen werden.

Die eigentlich hoffnungslos anmutende Geschichte der präsenten Heldin ist in einer zarten, pittoresken Sprache geschrieben. Eine zauberhafte, lyrische Erzählung, die beim Lesen wunderschöne Bilder und überraschende Glücksmomente beschert, so dass ich das Buch sofort noch einmal lesen wollte. Ein sprachlicher Hochgenuss, der auf der Zunge zergeht wie zartbittere Schokolade.

Doris Hauschke

Gwendolyn Brooks: Maud Martha. Roman, aus dem amerikanischen Englisch von Andrea Ott, mit einem Nachwort von Daniel Schreiber, Manesse Verlag; München 2023, 160 Seiten, 22,00 Euro.

Fiktive Zeitreisen von Alexandra Müller-Jontschewa

Triumphierend zeigt die biblische Judith das abgeschlagene Haupt des Holofernes, während dem Kopf von Zeus gerade die Göttin Athene als Hermaphrodit entsteigt. Unter einem Baldachin findet die öffentliche Geburt des späteren Kaisers Friedrich II. statt. Eine geflügelte Rittermarionette überfliegt im goldenen Einrad ein Felsplateau, auf dem Pegasos gerade die Zügel angelegt werden …

Mythen, Menschen und Marionetten sind wohl die wichtigsten Motive der Malerin Alexandra Müller-Jontschewa. Das spiegelt mit faszinierendem Schauwert die große Retrospektive im Panoramamuseum Bad Frankenhausen wider. Anlässlich des 75. Geburtstages der Künstlerin geben 70 Gemälde und 30 Handzeichnungen Einblick in das Schaffen der Künstlerin, die nach ihrem Studium an der Hochschule für Grafik und Buchkunst freischaffend in Leipzig tätig war und seit über 40 Jahren in Thüringen lebt. International anerkannt, nimmt sie eine dominierende Rolle in der weltweit ausstellenden Künstlergruppe „Libellule“ ein, die sich einer Renaissance contemporaine verpflichtet fühlt.

Neben Überlieferungen aus Mythos und Religion begegnet die Malerin auf ihren künstlerischen Streifzügen auch historischen Persönlichkeiten. Fiktive Porträts von Heinrich VIII., Henri Quatre oder dem Staufer Friedrich II. erinnern an fast vergessene, aber folgenreiche Episoden der Weltgeschichte. Es sind die Legenden, das Leben mythischer und historischer Figuren, die bereits die Künstler der Renaissance für einen neuen Geist von Humanismus und Naturalismus in der Malerei nutzten. Dem nachzuspüren und sowohl die eigene Sicht als auch den individuellen Stil einzubringen, das gelingt der Künstlerin meisterhaft. Souverän verwendet sie für ihre Bildkomposition Zitate aus der Kunstgeschichte, die so manches Werk zu einer Hommage an alte Meister werden lässt.

Ihr originäres Marionettensujet steht als surrealistisches Gleichnis für ein differenziertes Bild der Gesellschaft, das auch das Scheitern des Menschen einschließt. Das Spiel ihrer Gliederpuppen lässt den Betrachter ahnen, dass das Rad der Geschichte die Menschen das eigene Schicksal nicht selbst bestimmen lässt. Es ist wohl das Ringen zwischen der Abhängigkeit der Menschen voneinander und dem Bekenntnis zum freien Willen und souveräner Vernunft, das die Künstlerin umtreibt.

Alle Saiten des Seins erklingen, manchmal die Seelenqualen etwas lauter als unsere Sehnsüchte und Hoffnungen auf Liebe, Harmonie und Glück. In der bildgewaltigen „Heimsuchung des heiligen Antonius“ bedrängen dämonenhafte Verführungen auch noch den Menschen der Neuzeit, nicht nur in seinen Alpträumen. In ihrer „Genesis“ scheut sie sich nicht vor dystopischen Konsequenzen: Statt in den Apfel der Erkenntnis zu beißen, verschlingen Adam und Eva die Erdkugel und zerfleischen sich gegeneinander.

Bei aller Dramatik: Die Ausstellung vergisst nicht den augenzwinkernden, humorvollen Blick der Malerin auf uns Menschen und die unser Schicksal begleitenden Götter. Oder vielmehr, was von ihnen noch in unserem Gedächtnis geblieben ist, wie das „Urteil des Paris“ oder der „Tempel der Aphrodite“.

Der Mensch in seiner unvollkommenen Vollkommenheit wird wohl im Fokus von Alexandra Müller-Jontschewa bleiben. Er steht im Mittelpunkt, er ist das Maß aller Dinge, meinte einst der griechische Philosoph Protagoras. Es wird Zeit, dass er seinen Platz einnimmt, könnte man 2500 Jahre später ergänzen. Solange das nicht der Fall ist, wird Alexandra Müller-Jontschewa weiter malen, der Mensch aber unvollkommen bleiben. Das war das Schicksal einer jeden, nicht nur der mythischen Kassandra; jedoch auch das Perpetuum mobile jeder unsterblichen Kunst.

Der in Bild- und Textqualität herausragender Katalog würdigt die Malerin als Repräsentantin eines altmeisterlichen Manierismus, der kunsthistorisch von bleibender Bedeutung sei.

Klaus Freyer

Alexandra Müller-Jontschewa: Gefährdetes Paradies. Bis 18. Juni im Panorama Museum Bad Frankenhausen

Blätter aktuell

In der Mai-Ausgabe der Blätter für deutsche und internationale Politik sieht Richard C. Schneider Israel 75 Jahre nach der Staatsgründung in einer der schwersten Krisen seiner Geschichte. Angesichts der radikalen Reformvorhaben der Rechtsregierung von Benjamin Netanjahu werde im In- und Ausland nur noch vom möglichen Ende der israelischen Demokratie gesprochen. Tausende Israelis demonstrieren dagegen. Der Autor ist überzeugt davon, dass die Israelis an der ethnischen Basis ihrer Demokratie festhalten werden.
Katajun Amirpur kritisiert die Geschichtsvergessenheit der iranischen Proteste, bei denen viele monarchistische Flaggen geschwenkt werden. Wie könne es sein, dass im Protest gegen die eine Diktatur eine andere verherrlicht wird, fragt sie? Dass sich die Frauen das Kopftuch vom Kopf reißen, sei nicht grundsätzlich islamophob. Es gehe darum, wofür das Kopftuch steht: für die menschenverachtende Auslegung des Islam durch die Islamische Republik. Cédric Wermuth erklärt, warum die Linke bei aller Kritik am Westen die Ukraine unterstützen muss. Andreas Umland und Petro Burkovskiy meinen, Russlands Krieg habe nicht nur fatale Auswirkungen auf Menschen und Infrastruktur der Ukraine. Er sei auch eine Triebkraft für de- wie konstruktive Veränderungen in der ukrainischen Gesellschaft. Frauke Banse analysiert, wie die westliche Entwicklungspolitik den Globalen Süden in eine neue Schuldenspirale treibt. Und Thomas Fuchs plädiert für einen neuen Humanismus der Verkörperung, Lebendigkeit und Ökologie. Titelbestimmend ist Susanne Kaisers Beitrag „Das feministische Paradox“, in dem die Autorin vor einem brutalen Backlash gegen die Emanzipation der Frauen warnt.

Blätter für deutsche und internationale Politik, Berlin, Mai 2023, Einzelpreis: 9,50 Euro, Jahresabonnement: 79,80 Euro (Schüler & Studenten: 62,40 Euro). Weitere Informationen im Internet.

Aus anderen Quellen

„Es existiert keine […] Verteidigung gegen die Bombe, und die Möglichkeiten für die Zukunft sind äußerst gering.“ Diese Feststellung hatte Bernard Brodie bereits 1945, wenige Wochen nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki, getroffen. Am damit beschriebenen Sachverhalt hat sich seither nichts, gar nichts geändert, doch die Zeiten, in denen Brodies Diktum zum Allgemeinwissen nicht nur von Experten, sondern einer breiten Öffentlichkeit gehörte, sind längst vorbei. Heute wird in einem Leitmedium wie der Frankfurter Allgemeinen (online, 28.03.2023) nicht nur im Brustton völliger Ernsthaftigkeit die Frage gestellt, „Wie ist Deutschland auf einen möglichen Atomangriff vorbereitet?“, sondern mit der Antwort, „Eine wirksame Verteidigung oder zumindest ein gewisser Schutz sind […] kaum vorhanden.“, auch noch suggeriert, dass man daran, den notwendigen Willen vorausgesetzt, etwas ändern könnte. Das Wissen darum, was Atomkrieg bedeuten würde, ist offenbar weitgehend verloren gegangen …

Klaus-Dieter Kolenda: Nowhere to hide: Was ein Atomkrieg bedeuten würde, telepolis.de, 13.03.2023 / Teil I und 19.03.2023 / Teil II. Zum Volltext hier klicken – Teil I und Teil II.

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Planwirtschaft im real existierenden Sozialismus sowjetischer Prägung war dauerhafte Verursachung und Verwaltung des Mangels und damit einer der entscheidenden Sargnägel des Systems. Im Kapitalismus ist es umgekehrt, ist man verursacht zu kalauern, wenn man auf das auch vom deutschen Wirtschaftsministerium unter Leitung von Robert Habeck planvoll herbeiorganisierte aktuelle Überangebot an Flüssiggas auf dem europäischen Markt blickt. Liudmila Kotlyarova hat es getan und unter anderem diese Zustandsbeschreibung beim US-Nachrichtenportal Bloomberg gefunden: „Mit LNG gefüllte Tanker – eine Notlösung für die ausgefallenen russischen Lieferungen über Nord Stream – hätten jetzt oft Schwierigkeiten, eine Anlandestation zu finden, und würden Wochen im Leerlauf auf See verbringen […].“

Liudmila Kotlyarova: Europa von LNG überschwemmt – Und plötzlich braucht niemand Fracking-Gas aus den USA, berliner-zeitung.de, 18.04.2023. Zum Volltext hier klicken.

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Zur aktuellen Lage in Frankreich bemerkt Théo Bourgery-Gonse: „Nach Schätzungen der Regierung hätte dem Rentensystem ohne die Reform bis 2030 ein Defizit von bis zu 150 Milliarden Euro gedroht. Laut Regierung gab es daher keine andere Möglichkeit, als das gesetzliche Renteneintrittsalter anzuheben und die Franzosen dazu zu verpflichten, zwei Jahre länger zu arbeiten – wenn man das Risiko vermeiden wollte, dass das Rentenniveau sinkt oder die Sozialbeiträge steigen. Und wie Macron seinen Landsleuten ständig in Erinnerung rief, hatten es die Franzosen im Vergleich zu ihren EU-Nachbarn, in deren Ländern das Renteneintrittsalter im Durchschnitt bei 65 Jahren liegt, bisher relativ leicht.“

Théo Bourgery-Gonse: Macrons Rentenfiasko, ipg-journal.de, 21.04.2023. Zum Volltext hier klicken.

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Der von „der Bundesregierung nun forcierte Ausbau der E-Mobilität“ werde, so Burghard Voß und Ulrich Waas, „in den nächsten Jahren zu einem Anstieg der [CO₂-]Emissionen führen“, weil die benötigte Energie für „die gesamte aufzubauende Infrastruktur – von Batteriefabriken, Batterien und Elektroautos bis zu Wind- und Solarkraftwerken mit Stromverteilungen und Ladesäulen – […] noch überwiegend aus fossilen Quellen“ stamme. Dagegen könne eine „Strategie ‚Verbrenner mit synthetischen Kraftstoffen‘ weitgehend auf vorhandene Strukturen zurückgreifen […]. Die Strategie kann deshalb vergleichsweise kurzfristig, also noch in diesem Jahrzehnt, zur Klimaneutralität im Verkehr beitragen.“

Burghard Voß / Ulrich Waas: Walt-Disney-Verkehrswende – Wie Robert Habeck E-Fuels schlechtrechnet, berliner-zeitung.de, 28.03.2023. Zum Volltext hier klicken.

Zusammengetragen von Wolfgang Schwarz