25. Jahrgang | Nummer 2 | 17. Januar 2022

Antworten

Olaf Scholz, Bundeskanzler – Im Bundestag äußerten Sie gerade dieses: Grundkonstante in Europa sei immer gewesen, „dass die territoriale Integrität der Staaten ungefährdet bleibt“. Diese sei mit der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland 2014 verloren gegangen.

Wer allerdings einer Partei angehört, die ebenfalls den Bundeskanzler stellte, als die NATO unter Beteiligung der Bundeswehr erst Serbien völkerrechtswidrig bombardierte und dann das Kosovo von Belgrad separierte, der darf sich nicht wundern, wenn er in Moskau in Sachen Krim vielleicht nicht ernst genommen wird. Bliebe nur noch zu fragen, ob, wer statt echter Zähren bloß Krokodilstränen weint, die Grenze zur Scharlatanerie erst touchiert oder eigentlich bereits überschritten hat …

Ricarda Lang, 27, Grünen-Frontfrau mit Ambition auf den Parteivorsitz – Berufsausbildung haben Sie keine und mit dem Studienabschluss hat es nicht geklappt, denn – so sagten Sie der Berliner Zeitung: „Politik ist für mich nicht einfach ein Beruf, sondern eine Aufgabe. […] Ich stand damals vor der Entscheidung, ob ich mich voll und ganz auf mein Studium konzentriere oder mit meiner gesamten Energie in die Politik einsteige. In diesen Jahren werden die entscheidenden Weichen für die Zukunft gestellt. Dazu will ich meinen Beitrag leisten.“

Wie dürfen wir das verstehen? Ohne richtig was gelernt zu haben, von einer einzigen Stunde klassischer Berufserfahrung ganz zu schweigen, mit voller Pulle an „die entscheidenden Weichen für die Zukunft“ des Landes?!

Da fällt uns doch nur noch Gretchen ein: „Ricarda! Uns graut’s vor dir.“

Werdegänge wie der Ihrige, Teuerste, gehören, mit Verlaub, zum Schutze des Gemeinwohls verboten.

Barrie Kosky, scheidender Intendant der Komischen Oper Berlin – Insbesondere durch Ihre grandiosen Opern- und Operetteninszenierungen sind Sie seit 2012 ein ums andere Mal ein solcher Glücksfall für die deutsche Hauptstadt, wie ihn sich eine Kulturmetropole überhaupt nur wünschen kann. Sie haben zugleich ein waches Auge auf politische Vorgänge in der Stadt – zum Beispiel auf jene um das vom Berliner Antisemitismus-Beauftragten Samuel Salzborn in Auftrag gegeben Gutachten zu Straßennamen mit antisemitischen Bezügen, in dem empfohlen wird, den Namen Richard Wagners von Plätzen und Straßen zu tilgen: „Meine erste Reaktion war […] schallendes Gelächter. Das kommt mir vor, als sei das aus einem Film von Mel Brooks darüber, wie der Deutsche im 21. Jahrhundert mit Richard Wagner und Antisemitismus umgehen soll. Meine zweite Reaktion war Wut. […] Ich finde es grauenhaft, dass jemand im Deutschland des 21. Jahrhunderts Listen macht. Wir haben im 20. Jahrhundert genug von deutschen Listen gesehen. […] Ich kenne Herrn Salzborn nicht, aber ich möchte nicht schon wieder von einem nicht-jüdischen Mann hören, was antisemitisch ist.“ Stattdessen, so Ihr Vorschlag, könnte man am Richard-Wagner-Platz durch eine Info-Tafel für einen Kontext sorgen, denn: „Den Namen einfach zu tilgen, hilft niemandem und rettet kein einziges jüdisches Leben.“

Da sind wir ganz bei Ihnen. Wir befürchten allerdings, dass Ihr Ansatz einfach von zu schlichter Vernunft ist, um als Lösung des Problems infrage zu kommen.

Werner Ruben, ehemaliger Fährmann von Belgern – Viele Jahre lang haben Sie mit Ihrer Fähre, deren Geschichte bis ins 13. Jahrhundert zurück reicht, dem Verkehr über die Elbe gedient. Sogar Ihren Renteneintritt haben Sie aufgeschoben. Kürzlich aber sind Sie in den verdienten Ruhestand getreten und die Stadtverwaltung von Belgern-Schildau musste mitteilen: „Ab dem 01.01.2022 ist der Fährbetrieb bis auf Weiteres eingestellt.“ Bisher habe sich kein neuer Pächter für den Betrieb der Fähre gefunden, und die Festanstellung von Fährleuten – drei wären nach Aussagen aus dem Rathaus erforderlich, um den Verkehr dauerhaft zu sichern – sei aus dem Stadtsäckel nicht finanzierbar. Ihr Arbeitsplatz war eine sogenannte Gierseilfähre, die durch die Strömung des Flusses angetrieben wird, also auf umweltschonende Art. „Bis auf weiteres“ müssen potenzielle Passagiere mit ihren motorisierten Gefährten jetzt für die 90 Meter über den Fluss Umwege von rund 30 Kilometern über die Brücken von Mühlberg oder Torgau in Kauf nehmen. Da sehen Sie, welchen Dienst Sie auch der Umwelt jahrelang geleistet haben. Übrigens ist der Ortsteil Schildau auch als möglicher Herkunftsort der literarischen Schildbürger bekannt. Aber es wäre wohl ungerecht, allein den Stadtvätern die Schuld für diesen Frevel anzulasten.

Johann Wilhelm Ludwig Gleim, Dichter der Aufklärung (1719–1803) – Ihr einstiges Wohnhaus in Halberstadt beherbergt seit Langem ein Literaturmuseum. Dort sammelt man jetzt Vorschläge dafür, was zur „Dummheit des Jahres 2021“ zu erklären wäre. Sie, verehrter „Vater Gleim“, hätten sich zu Ihrer Zeit mit Wunderheilern, Sektengründern und Weltuntergangspropheten beschäftigen müssen, heißt es aus dem Gleimhaus. Journalistenkollegen veranlasste das zu der Frage, ob die Vernunft seit Ihrer Zeit wohl Fortschritte gemacht habe. Durchaus wahrscheinlich aber ist, dass die Gleim-Forscher die Phantasie des vorschlagenden Publikums in eine bestimmte „quere“ Richtung lenken wollten.