AUKUS? Was käme heraus? JAUKUS? JAUIKUS?“ witzelte die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, auf die Frage eines Journalisten, ob der kürzlich gegründete Militärpakt zwischen Australien, Großbritannien und den USA – AUKUS genannt – durch Japan und Indien erweitert werden könnte. Sie verneinte diese Möglichkeit – konnte aber Bedenken nach einer Verbindung zwischen dem AUKUS-Pakt und der Quad-Gruppierung nicht beiseite räumen.
Es war wahrscheinlich dem Zufall geschuldet, dass innerhalb weniger Tage zwei bedeutende Ereignisse stattfanden, die die Region des Indo-Pazifik betreffen. Doch beide haben das Potential, die Spannungen in dieser Weltregion zu verschärfen, denn sie bringen die gesteigerten Bemühungen der USA zum Ausdruck, Druck auf China auszuüben und dessen wachsender Stärke entgegen zu treten.
Zunächst wurde die Welt am 15. September durch die Ankündigung überrascht, dass die USA und Großbritannien Australien mit atomar betriebenen U-Booten ausrüsten werden. Dieses Vorhaben besiegelten die drei Staaten mit einem militärischen Bündnis, dessen Kürzel AUKUS den Anfangsbuchstaben von Australia, United Kingdom und United States entspricht. Die Bedeutung dieses Paktes wurde bisher von dem Geschrei Frankreichs übertönt, das aus einem bestehenden Vertrag mit Australien ausgebootet wurde.
In der Tat, bisher ist wenig über den Inhalt des Militärpaktes AUKUS und die neue Sicherheitspartnerschaft USA, Australien und Großbritannien bekannt geworden. Die BBC berichtet: „Der Pakt, der auch Künstliche Intelligenz und andere Technologien umfassen wird, ist nach Meinung von Analysten eine der größten Verteidigungspartnerschaften seit Jahrzehnten“. Und die Agentur AFP weiß, dass es über die Lieferung der atomar angetriebenen U-Boote hinaus „ein Vermitteln von sensitiver Nukleartechnologie“ gibt. Auch andere Berichte bezeichnen die Lieferung der Kriegsschiffe als einen ersten Schritt im neuen Bündnis. Dem scheidenden japanischen Regierungschef Suga blieb es vorbehalten, dem Pakt „eine bedeutende Rolle für Frieden und Stabilität im Indo-Pazifik“ zuzuschreiben. Das sehen allerdings einige ASEAN-Staaten, vor allem Indonesien und Malaysia, völlig anders. Sie befürchten eine weitere Militarisierung ihrer Region und einen beginnenden Rüstungswettlauf. Es besteht die Sorge, dass Australien Zugang zu nuklearer Technologie erhält und damit ein weiterer Atomwaffen-Staat entsteht. Zudem wird die Frage aufgeworfen, ob durch den Pakt der Nichtweiterverbreitungsvertrag von Kernwaffen verletzt wird.
Nur wenige Tage später, am 24. September, fand auf Einladung der USA im Weißen Haus in Washington das erste Präsenz-Gipfeltreffen der sogenannten Quad-Gruppierung statt. Diesen Quadrilateralen Sicherheitsdialog(Quad) bilden Japan, die USA, Indien und Australien, die erst vor einem halben Jahr, am 12. März, virtuell auf der Ebene der Regierungschefs über die Aufgaben und Ziele dieser Gruppierung berieten. Damals wurde das erste gemeinsame Dokument verabschiedet, das bisherige Vorgespräche in ein Programm mit erkennbaren Zielen überführte. Jetzt ging man einen bedeutenden Schritt weiter. Es wurden ein umfassendes Gemeinsames Kommunique und ein Maßnahmekatalog beschlossen.
Tanvi Madan, leitende Mitarbeiterin der Washingtoner Denkfabrik Brookings Institution, schätzt in der Times of India vom 25. September ein, dass mit diesem Treffen die Quad den Kinderschuhen entwachsen ist. Die USA sorgten für Tempo und seien bemüht, mit Maßnahmen auf den Gebieten der Hochtechnologie, der Wirtschaft, Schifffahrt, des Gesundheitswesens und des Klimawandels eine stabile, „balancierende Koalition“ in der Region auf der Basis einer „regelbasierten Ordnung“ und „demokratischer Werte“ herzustellen. Dazu gehöre auch eine wachsende Institutionalisierung. So wird es jetzt eine jährlich wechselnde Führung, regelmäßige Treffen von Fachministern und hohen Beamten sowie Arbeitsgruppen geben. Obwohl bei den aufgezählten Tätigkeitsbereichen das Gebiet Verteidigung fehle, enthalten doch viele Bereiche der Hochtechnologie „kritische Sicherheitskomponenten“, so Tanvi Madan. Und weiter die Andeutung: „Darüber hinaus bedeutet ein Fehlen in der Erwähnung keineswegs ein Fehlen in der Aktion.“
Bezeichnenderweise wird in den Dokumenten und Verlautbarungen strikt vermieden, China zu erwähnen. Dagegen wird der auf dieses Land zielende schwammige Begriff der „regelbasierten Ordnung“ benutzt, der erprobte völkerrechtliche Termini ersetzen soll. Und der Bezug auf einen „free and open Indo-Pazifik“ sei – wie die Agentur AFP bemerkt – nichts weiter als der Code, mit dem auf China gezielt werde. Nebenbei bemerkt: „Freier und offener Indo-Pazifik“ ist ein Hohn, wenn man bedenkt, dass das US-Pazifik-Kommando in Hawai über 200 Kriegsschiffe verfügt, darunter fünf Flugzeugträger, von denen zwei sich gerade vor Taiwan aufhalten. In Japan und Südkorea sind Zehntausende US-Soldaten stationiert und die von den USA annektierte Insel Guam ist ein riesiger Stützpunkt für Langstreckenbomber, Atom-U-Boote und Flugzeugträger.
Die USA haben sich neben der Quad-Gruppierung mit dem AUKUS-Pakt zweifelsohne ein weiteres Instrument geschaffen, mit dem sie ihre Politik gegenüber China durchsetzen wollen. Während die Quad vor allem auf politisch-diplomatischer sowie wirtschaftlich-technologischer Ebene wirken soll, ist AUKUS militärisch ausgerichtet. Ashley Tellis, leitender Mitarbeiter der Carnegie Foundation schätzt ein, : „AUKUS ist auf eine Stärkung der australischen Fähigkeiten ausgerichtet, um zu einem militärischen Gegengewicht gegenüber China beizutragen […] Atom-U-Boote zielen auf Chinas größte Verletzlichkeiten.“
Quad und AUKUS sind letztendlich zwei Seiten einer Medaille, trotz aller gegenteiligen Beteuerungen dienen sie dem gleichen Ziel. Die gut vernetzte diplomatische Korrespondentin der Times of India, Indrani Bagchi, nennt am 17.September in einer Betrachtung den AUKUS-Pakt sogar ein Anhängsel der Quad. „Gegenwärtig bewegen sich AUKUS und Quad auf parallelen Bahnen, zukünftig ist eine Vereinigung möglich“, heißt es bei ihr.
Indien und Japan, die beiden Mitglieder der Quad, die nicht dem neuen Pakt angehören, dürften sich diesem für ihre Außenpolitik heiklen Thema nicht anschließen. Der Staatssekretär im indischen Außenministerium Shringla spielte eine derartige Verbindung sogar strikt herunter. AUKUS „hat weder eine Beziehung zur Quad, noch wird er irgendwelche Auswirkungen auf dessen Funktionieren haben“, meinte er. Doch der australische Premier, Scott Morrison, wollte es besser wissen. „Es gab eine sehr erfreuliche Zustimmung für die Ankündigung von AUKUS durch unsere Quad-Partner. Narendra (Modi) und Yoshi (Japans Premier) verstanden und unterstützten total, was wir erreichen wollen. Und sie waren total positiv, wie die Quad vervollständigt wird,“ meinte er am 30. September.
Allerdings scheint sich da der australische Premierminister, der sich nach wie vor in dem Erfolg seines U-Boot-Deals sonnt, zu weit aus dem Fenster gelehnt haben. Indien nutzt zwar die Quad als ein Instrument, um an wichtige Investitionen und Hochtechnologien zu kommen. Es ist auch an einer Ausübung von Druck gegenüber China interessiert – einer Beteiligung an militärischen Allianzen wird es aber nicht zustimmen. Innen- wie auch außenpolitische Zwänge lassen das selbst für eine nationalistisch ausgerichtete Regierungspolitik schwerlich zu.
Kommentatoren weisen im Übrigen darauf hin, dass Indien eine Schwachstelle im indopazifischen, antichinesisch ausgerichteten Konstrukt von Präsident Biden darstellt. Die eingangs erwähnte Tanvi Madan nennt als größte Herausforderung für diese Organisation Probleme, die von innen kommen. Die Covid-Pandemie und das Versagen des indischen Staates, entsprechend den Quad-Beschlüssen vom März massenweise Impfstoffe in bedürftige asiatische Staaten zu liefern, zeige das beispielhaft auf.
China hat auf die neuen Schritte der USA und einiger seiner Verbündeten mit scharfer Kritik reagiert. Bereits früher hatte es sich gegen die Bildung von exklusiven Bündnissen ausgesprochen. Jetzt bezeichnete ein Sprecher des Außenministeriums die neuen Bemühungen als extrem unverantwortlich und engstirnig. Der regionale Frieden würde ernsthaft unterminiert und der Rüstungswettlauf intensiviert.
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