24. Jahrgang | Nummer 10 | 10. Mai 2021

Antworten

Julian Assange, das westliche Abschreckungsbeispiel für Whistleblower – Sie haben sich ganz offensichtlich den falschen Gegner in Ihrem Kampf für Transparenz der Politik ausgesucht. Seit Jahren werden Sie gejagt, weil Sie Kriegsverbrechen der USA entlarvt haben. Unterstützung von den „Demokraten“ Europas ist nicht zu erwarten, wie deren bisheriges Schweigen zeigt. Und nebenbei auch die strikte Verneinung eines Asyls für Whistleblower Edward Snowden. Dafür steht die EU einig wie selten auf Seiten der Opposition, wenn es wie im Falle Nawalny gegen Russland geht. Das heute journal hatte vor einiger Zeit Fotos von politischen Gefangenen gezeigt und kommentiert. Sehr gut – es wäre glaubhaft gewesen, wenn auch Ihr Name genannt worden wäre. Aber der fehlte. Dazu passt übrigens auch, dass die Verhandlungen der Großen Koalition über das Gesetz zum Schutz von Whistleblowern in Deutschland geplatzt sind …

Jürgen Habermas, Philosoph und Soziologe – Auch als „weltberühmter deutscher Denker“ (DER SPIEGEL) kann man natürlich nicht immer alles auf dem Schirm haben. Zum Beispiel, dass das Regime in Abu Dhabi eher zu den nicht so appetitlichen gehört („hinter der glamourösen Fassade des Golf-Staates ein repressives Regime“, das sich aber „insbesondere auch im kulturellen Bereich um internationale Anerkennung bemüht“, Berliner Zeitung). Da kann es dann schon mal vorkommen, dass man einen Buchpreis samt Ernennung zur „kulturellen Persönlichkeit des Jahres 2021“ annimmt, der unter der Schirmherrschaft von Sheikh Mohammed bin Zayed bin Sultan Al Nahyan, dem Kronprinzen des Emirats, steht. Auch wenn der Preis mit lediglich 250.000,00 Euro dotiert ist.
Das eingangs zitierte Nachrichtenmagazin fand allerdings mehr als nur ein Haar in der Suppe: „Von dem, was Habermas heilig ist und wofür er mit seinem Lebenswerk steht, kann in den Emiraten kaum die Rede sein. Weder gibt es eine liberale und kritische Öffentlichkeit, noch einen Wettbewerb der politischen Ideen mit Parteien und freien Wahlen, erst recht keine allgemeine, rechtsstaatlich abgesicherte Gleichbehandlung.“ Aber der diese Zeilen verfasst habende Kollege hatte für seine Recherche im Unterschied zu Ihnen ja auch das sehr umfangreiche Archiv seines Blattes zur Verfügung. Sie hatten sich immerhin „mit den letzten vier Preisträgern in meiner Kategorie“ vertraut gemacht und eben „kein Haar in der Suppe gefunden“ …
Nun ja, bevor noch ein Shitstorm hätte so richtig losbrechen können, haben Sie von der Entgegennahme des Preises wieder Abstand genommen: „Das war eine falsche Entscheidung, die ich hiermit korrigiere.“
Immerhin.

Kardinal Reinhard Marx, einem Kreuz Abholder – Frank-Walter Steinmeier, der Bundespräsident, war bereit, Sie mit dem Bundesverdienstkreuz zu dekorieren. Sie haben die Entgegennahme nun zwar nicht expressis verbis verweigert, doch zumindest darauf verzichtet. Einige Mäkler hatten im Vorfeld moniert, dass Ihre Soutane in Sachen Vertuschung sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche wohl doch nicht so unbefleckt sei, wie es einem solchen Anlass eigentlich gebührte.
Ihr Verzicht unterscheidet Sie schon mal grundsätzlich von Ihrem Glaubensbruder Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU, römisch-katholisch), der in vergleichbarem Falle wohl eher geäußert hätte: „Bundesverdienstkreuz? Wieso erst jetzt?“
Der Kabarettist Sebastian Puffpaff hat allerdings gleich noch einen Schritt weitergedacht: „Ein Katholik verzichtet aufs Kreuz. Das geht? Mann, eh, hätte Jesus das doch schon damals gewusst! Uns wär’ die ganze Geschichte des Katholizismus erspart geblieben. Nix hier mit Märtyrer, Hölle, Männer sind die geilsten, nee, wahrscheinlich hätten wir einfach nur einen menschenfreundlichen Verein, in dem es dann geheißen hätte, Kreuz kann, muss aber nicht.“ Und konkret: „Der Richter sagt dann irgendwann: ‚So, Jesus, für dich gibt’s das Kreuz.‘ Und dann hätte Jesus gesagt: ‚Ja, aber das nehm’ ich nicht an.‘ Und der Richter nur: ‚Äh, ja, gut, auch ’ne Möglichkeit.‘“
Na zumindest, dass die Sache mit dem Kreuz und Golgatha damals alternativlos gewesen wäre, kann nach Ihrem Verzicht nun keiner mehr behaupten.

Annalena Baerbock, grüne Kanzlerkandidatin – Dem Kollegen Küppersbusch, Friedrich, scheinen Sie ja, wie man, wenn man hier klickt, unschwer erkennen kann, schon jetzt gehörig auf den Keks zu gehen. Vielleicht liegt das auch an der erkennbar staatsmännischen, pardon, -fraulichen Attitüde, die Sie inzwischen wie eine Monstranz zu handhaben verstehen. Gleich nach den üblichen Berliner Krawallen zum 1. Mai erklärten Sie: „Barrikaden anzuzünden und gewaltsam auf Polizistinnen und Polizisten loszugehen, ist kriminell und in keinster Weise akzeptabel.“ Recht haben Sie! Allenfalls grüner Bundesaußenminister und Vizekanzler (wie ein namentlich bekannter Aktivist der weiland Putzgruppe in Frankfurt/M.) kann man in solchem Falle dann noch werden …
Apropos: Ist eine solche Karriere – vom Steineschmeißer und Schlimmerem an die Spitze des Auswärtigen Amtes – nun eigentlich Stärke der Demokratie oder eher Schwäche des Rechtsstaates? Was meinen Sie, Annalena?

Aleksander Dzembritzki, SPD-Staatsekretär im Berliner Senat – Nachdem Wassersportler bei Ihnen angefragt hatten, wie die Corona-Vorschriften in ihrem Bereich auszulegen seien, haben Sie als „Ansprechpartner für den Sport in Berlin“ (Eigenwerbung) entsprechende „Hinweise“ gegeben. Unter anderem wollten die Yachtbesitzer wissen, ob sie auch unter den Bedingungen der Ausgangssperre auf ihren Booten übernachten dürften. Das sei zulässig, antworteten Sie, allerdings dürfe das Boot, „welches für die Nacht als Unterkunft benutzt wird“, in der Zeit der Ausgangssperre nicht mehr verlassen werden. „So sind beispielsweise das An- und Ablegen mit Aussteigen aus dem Boot oder die Benutzung von Sanitäranlagen außerhalb des Bootes zwischen 22 Uhr und 5 Uhr unzulässig.“ Unseres Wissens dürfen Hundebesitzer ihren „besten Freund“ auch in der besagten Zeit ausführen. Das hieße also: Hunde dürfen, wenn sie müssen, ihre bootsbesitzenden Herrchen nicht. Vielleicht sucht man in Schilda noch einen „Ansprechpartner für den Sport“.

Richtigstellungen – In der vorangegangenen Ausgabe hatte es in dieser Rubrik eine Antwort an Annegret Kramp-Karrenbauer gegeben, in der ein amüsantes Gedankenspiel fälschlicherweise dem Kolumnisten Jochen Gutsch / Berliner Zeitung zugeschrieben worden war. Tatsächlich aber hatte es dessen Kolumnenkollege Maxim Leo zu Papier gebracht: „Ich frage mich bis heute, ob die Ostdeutschen sich nicht besser mit Frankreich wiedervereinigt hätten als mit den Westdeutschen. Wir wären mit einem Schlag Mitbürger von Sophie Marceau geworden und nicht von Annegret Kramp-Karrenbauer.“
Darüber hinaus war im Beitrag „Aperçus, Bonmots & Sottisen“ in derselben Ausgabe dem von uns hoch verehrten Kurt Tucholsky ein Bonmot zur Dialektik von Klugheit und Dummheit untergeschoben worden, von dem sich herausstellte, dass es wahrscheinlich erstmals in der Weltbühne 11/1981 (unter Bemerkungen sowie ohne Quellenangabe) das Licht der Welt erblickte und erst noch später dem Dichter zugeschrieben wurde.
Wir bitten für die Versehen um Pardon, danken in beiden Fällen unserem aufmerksamen Autor F.-B. Habel für die entsprechende Aufklärung und versichern zugleich, dass wir auch Gutsch eine vergleichbare Sottise und Tucho ein entsprechendes Bonmot durchaus zutrauten.