22. Jahrgang | Nummer 18 | 2. September 2019

Film ab

von Clemens Fischer

Sozialkomödien mit lakonischem, typisch britischem Humor und natürlich mit happy ending trotz zunächst ziemlich belämmerter Ausgangslage der Protagonisten sind ja seit langem ein Markenzeichen des UK-Kinos. Diese Streifen sind in der Regel so trefflich besetzt und so hinreißend inszeniert, dass man sich jedes Mal wieder gern unterhalten lässt und von den märchenhaften Volten des Schicksals zugunsten der zunächst gebeutelten Helden wünscht, sie mögen sich doch tatsächlich so vollzogen haben und sich vor allem häufiger wiederholen. Zugunsten der Looser unseres westlichen capitalist way of life. Gern erinnert sich der Besprecher noch an Filme wie „Ganz oder gar nicht“, „Kalendergirls“ oder „The Lady in the Van“, um nur in die jüngere Kinogeschichte zurückzuschauen.
Nun also „Fisherman’s Friends“, auf den alles bereits Gesagte ebenfalls zutrifft und bei dem es nur ganz am Rande um jene Rachenputzer fast gleichen Namens geht, von denen die Werbung behauptet: „Sind sie zu stark, bist du zu schwach.“
Was lässt sich über den Streifen sonst noch sagen, ohne dem Leser, wie bei heutigen Rezensenten leider zunehmend beliebte Unsitte, durch minutiöse Abschilderung der Handlung den Gang ins Kino zu ersparen?
Mindestens dieses:
„Ein kluger Mann hat einmal gesagt, das fiel mir letztens ein, / auch Lesbische, Schwarze, Behinderte können ätzend sein“, singer-songwriterten vor Jahren die Oldenburger Sängerknaben Simon & Jan. Stimmt. Immer noch.
Wenn man sich aus gegebenem feierlichen Anlass sangesfreudige kauzige kornische Küstenfischer zum Absingen einer Hymne einlädt, sollte man ihnen vorsichtshalber den Text, den man hören möchte, in die Hände drücken.
Es empfiehlt sich an den Gestaden Cornwalls keinesfalls, seinen womöglich nicht ganz billigen fahrbaren Untersatz zu nahe bei der See zu parken. Es könnte gerade Ebbe herrschen …
Da sich Sex and Crime in diesem Streifen allenfalls in homöopathischer Dosierung bemerkbar machen, kann man der FSK (ab 0 freigegeben) in diesem Fall durchaus mal trauen und die Kinder ruhig mit ins Kino nehmen.
„Fisherman’s Friends“ – Regie: Chris Foggin. Derzeit in den Kinos.

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Tarantinos achter Spielfilm, „The Hateful 8“, war an dieser Stelle ob seiner ebenso obsessiven wie unappetitlichen Gewaltorgien, die keiner erkennbaren dramaturgischen Schlüssigkeit, geschweige denn Notwendigkeit folgten, verrissen worden. Das ist bei seinem kürzlich in den hiesigen Kinos angelaufenen neuen Streifen nicht erforderlich.
Erzählt wird Tarantinos Version der Vorgeschichte jener Nacht vom 8. auf den 9. August 1969, in der in Los Angeles die hochschwangere Schauspielerin Sharon Tate zusammen mit vier weiteren Personen von der sogenannten Manson Family, einer Hippie-Kommune, viehisch abgeschlachtet wurde. Tates Ehemann, der Regisseur Roman Polanski, entging dem Massaker, da er zu Dreharbeiten in England weilte.
Der Film verpackt die Vorgeschichte der Manson-Morde in eine, wie die Kritik einhellig meint, Hommage an das Hollywood-Kino der späten 1960er Jahre. Allerdings nicht an das große Kino solcher Regisseure wie Stanley Kramer, John Ford, Martin Scorsese oder Steven Spielberg, sondern an jenes der B- und C-Movies, dessen Produktionen es überwiegend nicht bis in europäische Kino schafften und das von zweitklassigen oder schlimmeren Flachzangen vor und hinter der Kamera bevölkert wurde, denen Tarantino durch das nun aber wirklich großartige Agieren von Top-Stars wie Brad Pitt und Leonardo DiCaprio – aber auch von Margot Robbie als Sharon Tate – tatsächlich ein Denkmal setzt.
Der Streifen währt etwas länger als 160 Minuten, was unter anderem mehrfachen ausgedehnten PKW-Fahrten und ähnlichen in die Länge gezogenen Partien geschuldet ist, in denen der Regisseur, der ja stets den Soundtrack seiner Werke ebenfalls verantwortet, seinem Affen – die Popmusik jener Zeit, in der die Filme spielen, wieder aufleben zu lassen – noch üppiger Zucker gegeben hat als bei früheren Gelegenheiten. Und da die Popmusik der späten 60er eine traumhafte war, macht allein dies „Once upon a time …“ für Zeitgenossen im Alter des Besprechers zu einer angenehm-wehmütigen Reminiszenz an die eigene Jugend.
Einzelheiten über den Modus Operandi der Manson-Täter sind hinreichend genug bekannt, dass man sich gar nicht vorstellen mochte, wie der gewaltaffine Tarantino die Morde selbst wohl in Szene gesetzt hätte. Das muss man aber auch gar nicht, denn der Regisseur wäre nicht Tarantino, der (in „Inglourious Basterds“) Hitler bei einem Attentat in einem Pariser Kino einen wohlverdienten Tod finden ließ, wenn er nicht sein ganz eigenes Ende der Nacht vom 8. auf den 9. August 1969 komponiert hätte. Und wenn es in diesem Film bis dahin keine ausufernde Gewaltorgie gegeben hat, dann kommen selbst Hardcore-Tarantino-Fans dabei schließlich doch noch auf ihre Kosten.
„Once upon a time … in Hollywood“ – Buch und Regie: Quentin Tarantino. Derzeit in den Kinos.