22. Jahrgang | Nummer 15 | 22. Juli 2019

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Andrea Camillieri, als Krimi-Autor ein spät berufener – Kollegin Cornelia Geißler von der Berliner Zeitung bescheinigte Ihnen „vier Millionen ins Deutsche übersetzte und verkaufte Titel“. So viele hätte es gar nicht gebraucht, um Sie in den Kanon unserer liebsten Schriftsteller aufzunehmen. Dazu hätten Ihre Romane und Novellen um den sizilianischen Comissario Montalbano vollauf genügt. Der erblickte 1994 das Licht der Welt, als Sie bereits 69 Lenze zählten. Was Sie ab da quasi im Jahresrhythmus vorlegten, sind keine Thriller, sondern ganz klassische Kriminal-, also immer auch Gesellschaftsromane. Dass Ihre Weltsicht dabei eine von kommunistischen Idealen geprägte war, hat Ihren Büchern ebenso wenig geschadet wie die Tatsache, dass Sie Ihren Erfolg als Krimiautor ausgenutzt haben, um, wie Sie, der Sie sich einen „Ideenschmuggler“ nannten, selbst es ausdrückten, „bestimmte politische und soziale Ideen unters Volk zu bringen“. In Ihrem Heimatland jedenfalls genossen Sie hohe Anerkennung: Die Verfilmung einer Ihrer Montalbano-Geschichten lockte 2018 elf Millionen Zuschauer vor die Bildschirme, eine Traumquote von 45 Prozent. Auch Ihre historischen Romane fanden ein breites Publikum. Etwa „Die Farbe der Sonne“, als Sie sich das bis dato unbekannte Tagebuch des Hell-und-Dunkel-Genies Caravaggio zuspielen ließen und dessen Leben und Wirken erzählten.
Jetzt sind Sie 93-jährig verstorben. Wir senken unsere Häupter in Trauer und Ehrfurcht! Und sind gespannt auf Ihren letzten Montalbano, den Sie, Fuchs, der Sie auch waren, bereits vor Jahren geschrieben hatten. Zur Veröffentlichung nach Ihrem Ableben.

Ursula von der Leyen (CDU), fortgelobte neue Miss Europa – Dass auch Ihre politische Karriere bisher nach dem Peter-Prinzip verlaufen ist, wonach „in einer Hierarchie […] jeder Beschäftigte dazu [neigt], bis zu seiner Stufe der Unfähigkeit aufzusteigen“, hatten Sie ja als Bundesverteidigungsministerin bereits hinreichend unter Beweis gestellt. Da darf man nun auf die Fortsetzung als EU-Kommissionspräsidentin gespannt sein. Sie wurden nur mit einer knappen Mehrheit von neun Stimmen über dem erforderlichen Quorum von 374 gewählt. Einer der ersten Gratulanten, dem Sie lächelnd die Hand schüttelten, war ausgerechnet Silvio Berlusconi – im Oktober 2012 zu vier Jahren Haft wegen Steuerbetrugs und Schwarzgeldkassen verurteilt. Doch das wollen wir zu diesem frühen Zeitpunkt ebenso wenig bereits als übles Omen werten wie den Sachverhalt, dass Sie ohne die 25 Stimmen der Abgeordneten der eher EU-feindlichen polnischen Alleinregierungspartei PiS den Absprung nach Brüssel verpasst hätten.
Ob Sie allerdings wissen, was Ihnen als nächstes droht? Das hat José Manuel Barroso, der in der gleichen Position wie Sie war, vor 15 Jahren mal so beschrieben: „Ein designierter EU-Kommissionspräsident befindet in einer sehr seltsamen Lage. Eine Kommission zusammenzustellen, das ist fast so etwas wie ein Blind Date, ein Rendezvous mit Unbekannten. Der Präsident muss eine europäische Regierung bilden mit Leuten, die er nicht kennt und die er sich nicht herausgesucht hat. Sie wurden ihm von nationalen Regierungen geschickt. Und mit diesen Leuten muss er sich dann einem Parlament stellen, in dem er nicht unbedingt eine Mehrheit hat. Jeder seiner Kommissare wird im Parlament einzeln angehört und ausgefragt, ein Vorgang, den es in keinem nationalen Parlament in Europa gibt. Stellen Sie sich vor, ein Kanzler oder Premierminister müsste mit Ministern arbeiten, von denen er die meisten nie vorher getroffen hat. Die er sich nicht ausgesucht hat, die er nur unter bestimmten Umständen ablehnen kann, ohne jedoch Einfluss darauf zu haben, wer ihm als Ersatz geschickt wird. Und mit diesen Leuten müsste er sich vor einem nationalen Parlament rechtfertigen. Wie viele Regierungen in Europa würden so etwas überstehen?“

Sabine Adler, preisgekrönte Deutschlandfunk-Redakteurin – Zum „Interview der Woche“ trafen Sie jüngst Ronald Pofalla, der auf deutscher Seite dem Petersburger Dialog vorsitzt, aber im Gegensatz zu ostdeutschen Ministerpräsidenten die Sanktionen gegen Russland gutheißt. Immerhin hatte Pofalla gewisses Verständnis für eine „andere Position in den neuen Bundesländern“, die er wohlgemerkt nicht teilte.
Einer der Gründe dafür, dass in der ehemaligen DDR ein anderes, auch emotionales Verhältnis „damals zur Sowjetunion, heute zu Russland“ entstanden ist, könne sein, dass in der DDR Russisch die erste Fremdsprache war, mutmaßte Ihr Interviewpartner. Dem wussten Sie vehement zu widersprechen: „Wenn wir uns daran erinnern, an Russisch als erste Fremdsprache, ich komme aus dem Osten, ich habe das also sehr genau in Erinnerung, da war das eine sehr ungeliebte Sprache und der große Bruder war ein ungeliebter Bruder. Er war nämlich nicht nur Besatzungsmacht, er war eben mit all dieser Diktatur, mit den geschlossenen Grenzen und so weiter verbunden. Das heißt also, diese Erinnerung an die damalige Sowjetunion war ja mehrheitlich negativ geprägt, umso mehr muss das doch verwundern, dass es jetzt so eine komische Nostalgie gibt.“
So genau kann Ihre Erinnerung wohl doch nicht sein. Nicht dass wir Ihnen die Millionen-Mitgliedschaft der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft vorhalten wollten. Waren ja alle mehr oder weniger genötigt worden. Auch nicht die Freundschaftszüge und die Freundschaftstreffen, die Festivals und den Studentenaustausch, die Tausenden, die zur Arbeit an der „Drushba-Trasse“ fuhren … (wurden ja gut bezahlt). Der heutigen Bundeskanzlerin aber kann die russische Sprache gar so verhasst nicht gewesen sein, schließlich gewann sie Russisch-Olympiaden „bis hin zur DDR-Ebene“.
Sie könnten einwenden, dass Angela Kasner-Merkel eben nicht zur Mehrheit gehörte. Aber gewiss kennen auch Sie den Zettel, der „nachwendisch“ schmunzelnd weitergereicht wurde. Darauf war in kyrillischen Buchstaben geschrieben: „Wenn du das lesen kannst, bist du kein dummer Wessi.“

Siegmar Gabriel, Ex-SPD-Vorsitzender – Sie barmten dieser Tage: „Ich sehe das mit großer Verzweiflung und auch wachsendem Zorn, wie der Vorsitz der SPD fast schon wie ein infektiöses Kleidungsstück behandelt wird, das sich niemand ins Haus holen will.“
Also, lieber Siegmar, das klingt uns doch reichlich übertrieben. Immerhin haben nach Gesine Schwan nun auch Karl Lauterbach und Nina Scheer gemeinsam ihren Hut in den Ring geworfen! Franz Münteferings Bekenntnis, wonach SPD-Vorsitzender nächst Papst (aber eigentlich noch vor dem, denn der ist ja bloß Stellvertreter) das Schönste sei, was einem auf Erden widerfahren könne, gilt!!
Obwohl – O-Ton Lauterbach: „Der Parteivorsitz ist meiner Ansicht nach nicht der schönste Job neben dem Papst. Aber ich kann sagen, dass es für Nina Scheer und mich das Wichtigste und Wertvollste wäre. Das mag unbescheiden klingen, aber wir trauen uns das auch zu.“

Andreas Scheuer (CSU), Bundesverkehrtminister – Wie man zu der Annahme gelangen konnte, dass eine Pkw-Maut auf deutschen Straßen, die letztlich nur Ausländer zu zahlen hätten, vor dem Europäischen Gerichtshof Bestand haben könnte, wird wohl auf ewig Ihr Geheimnis bleiben. Der EuGH hat Ihr Projekt jedenfalls jetzt krachend scheitern lassen. Seit 2014 waren dafür aber bereits 54 Millionen Euro verausgabt worden. Die sind natürlich futsch. Doch das Ende der Fahnenstange für den Steuerzahler ist damit längst noch nicht in Sicht, denn bereits 2018, also noch vor der endgültigen Rechtssicherheit, waren mit zwei Unternehmen für die vorgesehene Erhebung und die Kontrolle der Maut Betreiberverträge abgeschlossen werden, aus denen der Ausstieg zum Nulltarif schwerlich gelingen dürfte. Laut Presseberichten sollen Ihnen die Firmen bereits Schadenersatzforderungen in Höhe von 300 Millionen Euro für entgangenen Gewinn in Aussicht gestellt haben …
Wahrlich, wer solche Minister wie Sie im Kabinett hat, der braucht gar keine Feinde mehr.

Gabor Steingart, Journalist & Buchautor – Es gebe in Deutschland zu viele Krankenhäuser. 800 der rund 1.400 Kliniken seien überflüssig. So eine Studie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung. Die Autoren des Berliner Instituts für Gesundheits- und Sozialforschung behaupten: „Viele Komplikationen und Todesfälle ließen sich durch eine Konzentration vermeiden.“
Ihr Kommentar: „Immer vorausgesetzt, der akut Kranke erreicht die Zentral-Klinik noch rechtzeitig vor seinem Ableben, um unter Mobilisierung aller Reserven den Check-In-Prozess zu absolvieren.“
Wir haben dem nichts hinzuzufügen.
Außer vielleicht die Anmerkung, dass bei Wiederholungstätern wie der Bertelsmann-Stiftung das höchstmögliche Strafmaß verhängt werden sollte.
Mit anschließender Sicherheitsverwahrung.