20. Jahrgang | Nummer 10 | 8. Mai 2017

Antworten

Götz Aly, zum Hinsehen Verpflichtender – Sie lassen Ihre Leser nicht Abducken ins Gemütliche, immer wieder legen Sie Ihren Finger auf eine schmerzende Stelle. Als im deutschen Blätterwald Ruhe herrschte ob Leningrader Hungeropfer, Millionen ermordeter sowjetischer Kriegsgefangener, erinnerten Sie immer wieder an diese historischen Fakten, die scheinbar keine Rolle mehr spielen im öffentlichen Leben Deutschlands. Sie fordern den Respekt ein für die sowjetischen Soldaten, die ihr Leben ließen bei der Befreiung vom Faschismus.
Weniger allein sind Sie bei den Warnungen vor Antisemitismus, aber auch hier seziert niemand die Wahrheit so schonungslos wie Sie. Wie der deutsche Normalbürger ganz konkret vom Holocaust profitierte durch Sozialmaßnahmen, die durch das Geld der Vertriebenen finanziert wurde, aber auch durch billigen Erwerb der Einrichtungsgegenstände der vertriebenen und ermordeten Juden. Wie Ärzte mitmachten und profitierten … Man versteht erst mit diesen Fakten, wie alles geschehen konnte, begreift auf andere Weise das ganze Ausmaß der Tragödie und auch der Schuld.
Wir danken und wünschen zum 70. Geburtstag nachträglich anhaltend große Streitlust.

Jakob Knab, „Initiative gegen falsche Glorie“ – Schmollen ja immer noch einige ob des vorwurfsvollen Wortes „Führungsschwäche“, das die Bundesministerin im Zusammenhang mit dem Skandal um den offenbar rechtsextremen Oberleutnant Franco A., seine Camouflage als syrischer Flüchtling und den von ihm möglicherweise geplanten Anschlag so frank und frei in den Raum gestellt hat. Und andere fallen wieder einmal aus allen Wolken, wie das am Standort des Jungoffiziers und vorgesetztenseitig nicht habe bemerkt werden können. Ihnen ist das letztere Rätsel allerdings keines, denn Ihre Initiative kämpft seit 30 Jahren für die Umtaufe von Kasernen, die nach Offizieren der Nazi-Wehrmacht benannt sind. Franco A. ist keine einsame Eintagsfliege, eher die Spitze des …, na Sie wissen schon, denn „die Glorifizierung der Wehrmacht ist bei den Traditionalisten in der Bundeswehr leider immer noch sehr weit verbreitet“, wie Sie gerade in einem Interview mit der Berliner Zeitung feststellten. Es sei „völlig bizarr, wenn – wie vor kurzem noch in der Lent-Kaserne in Rotenburg (Wümme) – Bilder von Wehrmachtsoffizieren mit Hakenkreuzen hängen oder Soldaten im Auslandseinsatz Symbole von Rommels Afrika-Korps auf ihre Fahrzeuge kleben.“ Ihnen ist auch klar, warum solches von Vorgesetzten immer wieder geduldet oder, wie im Fall von Franco A., unter den Teppich gekehrt wird: „Ich habe einigen Kontakt zu aktiven Offizieren. Die sagen mir häufig: Natürlich sind die Rechtsausleger in der Truppe ein Problem. Aber diese Leute seien auch besonders einsatzfreudig und tüchtig. Deshalb werden offenbar alle Augen zugedrückt. Wo ist denn die Dienstaufsicht, die es in jeder Kaserne gibt?“ Und dann bringen Sie es auf den Punkt: „In der Bundeswehr gibt es für jede einzelne Schraube an einem Waffensystem eine detaillierte Vorschrift, nur in der Traditionspflege wird Wildwuchs geduldet. Um es in schlichten, bayerischen Worten zu sagen: Dieser Saustall, in dem die Wehrmacht glorifiziert wird, muss endlich ausgemistet werden.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.

Katrin Lompscher (DIE LINKE), Berliner Bausenatorin und Gottesanbeterin – Mit dem Baugott sei nicht zu spaßen, merkten Sie schelmisch und „vorfreudig gestimmt“ anlässlich der Bekanntgabe des Staatsopernbau-Unterbrechungstermins 3. Oktober 2017 (mit Opernpremiere) an. Damit übernahmen Sie nach der Baugrundlegende – der ist in Berlin immer unerwartet schwierig –, dem Knobelsdorffschen Baupfusch, dem DDR-Baupfusch und böswillig insolvent gegangenen Firmen ein weiteres Feigenblatt zur Bedeckung der Blößen zweier unfähiger Berliner Verwaltungen: der Ihrer eigenen und der nicht minder ruhmlosen Kulturverwaltung. Die Götter waren es also … Meinte zumindest der Herr Intendant Jürgen Flimm, der den Teufel in erwähntem Mauerwerk entdeckte. Dass es die größenwahnsinnigen Pläne der Oper selbst waren, die die Sanierung zum Desaster werden ließen, verschweigt Flimm großzügigerweise. Und dass Sie die Arbeitsergebnisse eines Untersuchungsausschusses, in dem Sie selbst mitarbeiteten, nicht zur Kenntnis nehmen – geschenkt. Das ist üblich, wenn Oppositionspolitiker plötzlich auf die Regierungsbank geraten. Aber die Wiederentdeckung bauverantwortlicher Gottheiten verblüfft uns nun doch. Unser Rat an Sie: Lassen Sie sich bitte nicht auch noch dazu hinreißen, künftig, wie vor Jahrhunderten gang und gäbe, „etwas Lebendiges“ wie Hund oder Katze (oder gar politische Konkurrenten) in die Grundmauern einzulassen – zumindest der Tierschutz verfügt in Berlin über die stärkeren Bataillone. Solche Baupolitikerinnen wie Sie aber möge uns der Baugott noch lange erhalten. Worüber sollten wir sonst schreiben?

Ursula von der Leyen, von Wahrheit Bedrängte – Es war nicht zu vermuten, dass wir Ihrem Vorgehen jemals Respekt erweisen würden. Sie sind uns mehr als Aufrüstungsfrau vertraut. Doch nun haben Sie – zwar sehr spät, aber immerhin – beherzt ins Wespennest des Korpsgeistes der Bundeswehr gegriffen und verdecken nicht – wie durchaus üblich – den dumpfen und oft rechten Geist, der in so einigen Kasernen und wohl auch auf Führungsebenen herrscht. Bei allem also, was vielleicht in diesem Fall zugleich Vorneverteidigung Ihrer eigenen Macht sein mag – Respekt.