20. Jahrgang | Nummer 6 | 13. März 2017

Antworten

Unbekannter Unterstützer von Wikileaks, verehrter Geheimdienstverräter – Sie lenken das geneigte oder uninteressierte Publikum mal wieder auf die Frage, wie denn die Geheimdienste und insbesondere die CIA heutzutage an ihre Informationen kommen, welches schmutzige Werkzeug benutzt wird, um in unsere angeblich geschützte private Datenwelt einzudringen. Per TV mithören ist doch ne coole Idee. In Frankfurt am Main bündeln sich viele Aktivitäten und Kooperationen und der deutsche Staat wird erneut ganz entschieden vorgehen, fragt sich nur gegen wen.
Eigentlich sind wir ja seit Edward Snowden grundsätzlich informiert – allerdings kommunizieren die meisten fleißig weiter wie zuvor. Sie setzen sich nun wie Ihre Whistleblower-Vorgänger größten Gefahren aus, um den Bürger wachzurütteln, um die Staaten im Staate einer echten Kontrolle zu unterziehen. Unsere große Hochachtung!

Engelbert Lütke Daldrup, BER-Retter (SPD) – Warum in aller Herrgottsnamen geht uns beim Nachdenken über Ihren rasanten Aufstieg vom Abstellgleis der Berliner Senatskanzlei – Sie waren als Staatssekretär mit „Strategien für Berlin“ beschäftigt, toller Job – zum Chef der Berliner Flughafengesellschaft Filmmusik nicht aus den Ohren… Nein, nicht das “Star-Wars“-Getöse von John Williams, immerhin fliegen da auch noch die rostigsten Kreationen. Es ist das Zitherspiel von Anton Karas. Ja, das aus dem „Dritten Mann“.
Sie sind ja nun bereits der Vierte innerhalb von zehn Jahren, der auf dem unbeliebtesten Schleudersitz der Republik Platz nimmt. Dafür kehrt der von Ihrem Vorgänger geschasste Technik-Chef zurück. Allerdings verlieren Sie die wertvolle fachliche Unterstützung der rot-rot-grünen Senatoren im Aufsichtsrat. Aber das macht nichts. Sie haben das richtige Parteibuch. Ihr Partei-Chef setzt ja derzeit auch zu ungeahnten Höhenflügen an. Wie geht doch ein alter Fliegerspruch? „Runter kommt man immer!“ Da fällt uns doch gleich ein anderes Filmchen ein: „Von den Wolken, da komme ich her … Ich bin Arthur, der Engel!“

Janusz Korwin-Micke, polnischer Präsidentschaftskandidat a. D. und leidenschaftlicher Parteiengründer – Weshalb ausgerechnet Sie ihre Tage in einem Parlament verbringen – 2014 erklärten Sie die Demokratie zur „dümmste[n] Regierungsform, die je erdacht wurde – kann wahrscheinlich nur der HERR erklären. Sie bevorzugen die Monarchie, da Sie weder von „Kommunisten“, wie dem aktuellen polnischen Kabinett, noch von Bierbuden-Pennern regiert werden wollen. Jetzt erklärten Sie im Europäischen Parlament Skandalträchtiges: „Natürlich müssen Frauen weniger verdienen als Männer, denn Frauen sind schwächer, sie sind kleiner und sie sind weniger intelligent.“ Die Aufregung vor allem der deutschen Medien können wir nicht nachvollziehen. Mit Ihrem Ausfaller beschreiben Sie bundesdeutsche Realität. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes lag der Gender Pay Gap (damit wird der Abstand der Bruttodurchschnittsgehälter von Frauen zu Männern abgebildet) 2014 bei 22 Prozent: Platz vier im europäischen Frauenfeindlichkeits-Ranking. Der EU-Durchschnittswert liegt bei 16 Prozent. Polen ist deutlich geschlechtergerechter aufgestellt. Dort lag im selben Jahr der Gender Pay Gap bei 8 Prozent. Noch einmal zum Mitschreiben: In Deutschland verdienen Frauen im Durchschnitt 22 Prozent weniger als die Männer, in Polen sind es acht Prozent!

Gabor Steingart, Handelsblatt-Herausgeber und von subtiler Bosnickligkeit – Regelmäßig informieren Sie im via E-Mail zu beziehenden Morning Briefing Ihres Blattes über Ereignisse der aktuellen Zeitläufte, und regelmäßig tun Sie dies unter Verschuss fein ziselierter Giftpfeile.
So etwa am 7. März erst zur Causa Schlecker: „Das war kein Prozessauftakt, sondern eine Beerdigung: Anton Schlecker und seine Familie – die vor den Gläubigern 20 Millionen Euro versteckt haben sollen – erschienen vor dem Stuttgarter Landgericht nahezu komplett in Schwarz gekleidet, schwarzes Kostüm, schwarzer Rollkragenpullover, schwarze Mäntel. Ungerührt hörte die Familie zu, wie die Staatsanwälte sie bezichtigten, rücksichtslos, sittlich anstößig und aus Gewinnsucht gehandelt zu haben. Das zweistündige Schweigen des Schlecker-Clans klang wie eine Selbstbezichtigung. Oder ist es schwarzer Humor?“
Und gleich anschließend zur Causa Opel: „PSA-Chef Carlos Tavares und GM-Chefin Mary Barra haben gestern den Verkauf von Opel nicht nur besiegelt, sondern zelebriert: Gemeinsam hofft man, dass durch die Übernahme ein „europäischer Champion“ entsteht. Doch das würde einem Wunder gleichkommen. Man wünscht es den Opelianern, aber prophezeien darf man es ihnen nicht. Eine Liaison zwischen Helga Feddersen und Didi Hallervorden hätte auch keine Heidi Klum hervorgebracht.“ (Zu letzterer fällt uns allerdings nur der Kalauer ein: „Ich liebt‘ ein Mädchen in Tempelhof, / die war sehr schön, doch etwas doof.“)
Solcher Art kompetenter Sottisen machen einem geradezu Lust auf mehr Handelsblatt!
Die vergeht einem aber sofort wieder, wenn man in demselben zur Kenntnis nehmen muss, was die sicherheitspolitische Flachzange Donate Riedel, Hauptstadtkorrespondentin Ihres Blattes, dem Leser dort regelmäßig zumutet – siehe zum Beispiel den Beitrag „Der Westen & Russland – zum Diskurs“ in der vorliegenden Ausgabe.
So reißt die eine „mit dem Hintern“ wieder ein, was der andere vorn so schön aufgebaut hatte …