20. Jahrgang | Nummer 5 | 27. Februar 2017

Antworten

Dirk Hilbert (FDP), Oberbürgermeister von Dresden – In Dresden, erklärten sie am 13. Februar, habe die NSDAP Mehrheiten gesammelt, wie in keiner anderen deutschen Stadt. Glauben Sie uns, die Elbflorenz-Mystiker werden ihnen diesen Satz schwer verübeln. Zumal Sie eine Woche zuvor etwas laut gesagt hatten, was man in jeder deutschen Stadt laut sagen darf – nur offenbar in Dresden nicht: Dresden sei während des Dritten Reiches keine unschuldige Stadt gewesen. Seitdem wütet der braune Mob gegen Sie. Natürlich war Dresden keine „unschuldige Stadt“. Keine war das. Eine Entschuldigung für das alliierte Bombardement vom Februar 1945 ist das aber mitnichten. Deutschland hat ein flächendeckendes Nazi-Problem. Ausgerechnet in und um Dresden, naive Menschen hielten Ihre Stadt aus guten Gründen für immunisiert – ein tragischer Irrtum –, scheint es besonders stark zu sein. Herr Oberbürgermeister, wir möchten Sie bestärken – Ihnen gehört unsere Sympathie. Auch wenn Ihre Erkenntnisse verdammt spät kommen.

Cem Özdemir, grüner Hoffnungsträger – „Wir brauchen nicht mehr, sondern mehr fairen Freihandel, weil er zum Wohlstand beiträgt“, erklärten Sie dieser Tage. Damit wissen endlich all diese Anti-TTIP, Anti-CETA und Occupy-Typen, woran sie bei Ihnen sind! Und die Wähler im Ländle begreifen hoffentlich, dass man die FDP wirklich nicht mehr braucht. Für sich selbst forderten Sie im selben Zusammenhang „Beinfreiheit“ (im Wahlkampf natürlich nur…). Damit weiß endlich auch Ihre Partei, woran Sie mit Ihnen ist. Und wir können zukunftsfroh auf einen Politiker verweisen, der endlich einmal sagt, was er wirklich denkt. Chapeau!

Sean Spicer, Sprecher des derzeitigen Throninhabers im Weißen Haus – Nachdem aufgrund des von Ihrem Arbeitgeber verhängten Einreisestopps zusammen mit 108 weiteren Betroffenen auch ein fünfjähriger Knabe stundenlang in Gewahrsam genommen worden war – in Handschellen –, rechtfertigten Sie den schikanösen Vorfall auf einer Pressekonferenz im Weißen Haus: „Anzunehmen, dass jemand nur aufgrund seines Alters oder seines Geschlechts oder was auch immer keine Bedrohung darstellen könnte, ist töricht und falsch.“
Falls es Sie interessiert, wohin man von einem solchen Ausgangspunkt aus ohne weiteres gelangen kann, empfehlen wir etwas deutsche Geschichte. In der wurden am 6. Oktober 1943 im damaligen Posen folgende Wort gesprochen „Es trat an uns die Frage heran: Wie ist es mit den Frauen und Kindern? – Ich habe mich entschlossen, auch hier eine ganz klare Lösung zu finden. Ich hielt mich nämlich nicht für berechtigt, die Männer auszurotten […] und die Rächer in Gestalt der Kinder für unsere Söhne und Enkel groß werden zu lassen.“ Dieser Gedankengang hatte direkt zur industriellen Menschenvernichtung der deutschen Faschisten in Auschwitz und anderenorts geführt, die, als diese Worte gesprochen wurden, bereits in vollem Gange war. Der Sprecher damals hieß Heinrich Himmler.

Claudia Pechstein (45), Kufenwunder – Bei den Einzelstrecken-WM im Eisschnelllauf kletterten sie jetzt in Gangneung (Süd-Korea) zum 30. Male aufs Treppchen (Silber beim 5000-Meter-Rennen). Wir stehen gebannt vor Ihrer andauernden Erfolgskurve und freuen uns auf die Winterspiele 2018. Aber zunächst einmal Glückwunsch – auch zum 45., den sie am 22. Februar feiern konnten!

Frank-Walter Steinmeier, überhitzter Kommentator a.D. – Sie müssten sich „zunächst mal selbst abkühlen, nicht mehr jeden Tag den Alltag der Außenpolitik kommentieren“, sagten Sie nach ihrer Wahl zum Bundespräsidenten. Haben wir da was verpasst? Sie waren Pressesprecher des Auswärtigen Amtes? Obwohl, die deutsche Außenpolitik wurde (und wird) ja von der Kanzlerin gemacht. Warum sollte das bei Angela Merkel anders sein als bei ihrem großen Vor-Vorgänger Otto von Bismarck? Bewährtes setzt sich halt durch. Zum Abkühlen kommen Sie sowieso nicht. Joachim („Jogi“) Löw lud Sie in die Kabine der Fußball-Nationalmannschaft ein. Auch nicht gerade ein kühler Ort. Und Wladimir Putin möchte Sie gerne in Russland empfangen. Putin ist fanatischer Sauna-Gänger. Nichts mit Abkühlen, üben Sie schon mal!

Antje Kapek & Silke Gebel, grünes Berliner Spitzenduo im Doppelpack – Mitte Februar 2017 gerieten Sie über den Zustand Ihrer Koalition ins Grübeln. Sie hätten unterschätzt, teilten Sie mit, „welchen Konfliktstoff eine Regierungsbeteiligung der Linken mit sich bringe“. Deshalb haben Sie jetzt Ideen für eine „grüne DDR-Aufarbeitung“ entwickelt. Das finden wir hübsch. Wenn jetzt alle anderen Parteien auch noch „Aufarbeitungen“ in ihren Farben entwickeln, bekommt man vielleicht eine Annäherung an ein BILD-ähnliches Gebilde hin. Wenn man dann noch eine Idee entwickelte, wie die Hälfte der Bevölkerung, die sich von Vereinen wie dem Ihrigen nun gar nicht mehr vertreten fühlt, irgendwie ihre Meinung auch noch kundtun darf, wird aus der Quersumme der „Aufarbeitungen“ vielleicht sogar ein Bild. Aber da es dem Volke sowieso geziemt, das Maul zu halten, wenn es nicht der Meinung der Regierung ist, sollten Sie endlich mal mit dem anfangen, weshalb Sie überhaupt gewählt worden sind – Regieren zum Beispiel? Ein halbes Jahr hocken Sie nun schon auf Ihren Stühlchen. Die Stadt soll irgendwelche Probleme haben, hört man gelegentlich… Aber fragen Sie doch mal bei den LINKEN nach. Auch die wussten schon immer, welchen Konfliktstoff eine Regierungsbeteiligung der Grünen mit sich bringt. Nur mal so am Rande: Viereinhalb Jahre müssen Sie noch miteinander aushalten.

Martin Schulz, sozialdemokratischer Durchstarter und EU-Parlamentspräsident a.D. – Sie interessiere nicht „das Denken der selbst ernannten Eliten, sondern das der hart arbeitenden Menschen“, werden Sie vom Spiegel zitiert. Lassen wir einmal vollkommen beiseite, dass Sie mit solchen Sprüchen bei jeder PEGIDA- und AfD-Kundgebung tosenden Beifall erhalten würden – in welchem Stahlwerk in Brüssel oder Strasbourg haben Sie eigentlich die letzten Jahre verbracht?

Kelly Slater, Wellenbrettfahrer und Fisch-Feind – Nach dem tragischen Tod eines Sportkollegen vor La Réunion, der Mann liebte die Wellen und ignorierte die Hai-Warnungen, erklärten Sie im Internet, dass es „auf La Réunion […] wirklich ein Abschlachten von Haien geben [müsse], und zwar jeden Tag“. Sollten Sie demnächst im Indischen Ozean irgendwo aufgefressen werden, so werden wir Sie als großen Sportsmann betrauern. Zugleich werden wir aber wissen, dass die Haie offenbar über einen Instagram-Zugang verfügen – und über eine dem Menschen überlegene Intelligenz. Die Gerechtigkeit des Meeres fand schon Herman Melville („Moby-Dick“) atemberaubend.

Carola Bluhm, Spaßmacherin der Berliner Linkspartei, im Alltag Fraktionsvorsitzende – Die Berliner Zeitung wollte in der vergangenen Woche von Ihnen wissen, ob die bevorstehende Klausurtagung Ihrer Fraktion zum Neustart werde. Ihre Antwort: „Als Fraktion befinden wir uns ohnehin im Neustart, und der ist bislang großartig gelaufen.“ Es steht zu vermuten, dass der Kollege Bombosch Sie am Vortage des Erscheinens seines Interviews befragte. Da war Weiber-Fastnacht. Als Büttenrednerin, müssen wir zugeben, wären Sie mit solchen Aussagen unschlagbar. Das ist doch mal eine Anschlussperspektive für die Zeit nach den nächsten Wahlen!