19. Jahrgang | Nummer 26 | 19. Dezember 2016

Antworten

Roland Koch, potenzieller Comebäcker? – Als Angela Merkel auch Ihnen das Wasser auf dem Weg zur gewollten Kanzlerschaft abgegraben hatte, wollten Sie wenigstens noch richtiges Geld verdienen und desertierten in die Wirtschaft. Der Konzern, der Sie zum Vorstandsvorsitzenden machte, merkte gerade noch rechtzeitig, dass politische Alphamännchen zwar alles wollen können, aber noch längst nicht alles können müssen. Deswegen sind Sie jetzt Anwalt in Frankfurt/M. und bisher öffentlich erfreulich unpräsent.
Für den Fall, dass Ihr jüngstes Spiegel-Interview in dieser Hinsicht den höchst unerfreulichen Anfang einer Änderung signalisieren sollte, rufen wir uns schon mal in Erinnerung: „Koch. Koch? War das nicht der, seit dem die Ankündigung ‚brutalstmöglicher Aufklärung‘ – seinerzeit im Kontext der hessischen CDU-Spendenaffäre – als Synonym für ‚wir lügen und verschleiern einfach weiter‘ gilt?“

Antoine Deltour, Whistleblower – Erneut stehen Sie gemeinsam mit Raphael Halet und Edouard Perrin wegen der LuxLeaks vor Gericht. Dem Staatsanwalt hatte Ihre Verurteilung – ein Jahr auf Bewährung plus Geldstrafe – nicht gereicht. Gemeinwohl wird in vielen Regierungskreisen wohl anders interpretiert als Otto Normalverbraucher annehmen sollte. Während Sie auf Steuervermeidung und -hinterziehung aufmerksam machen, dafür Ihre Existenz riskieren – im Interesse der Allgemeinheit –, stehen Sie nun erneut vor Gericht, während der Schöpfer der Steueroase Luxemburg Jean-Claude Juncker Chef der EU-Kommission ist. Ach ja, das hohe Lied der Menschenrechte und der Pressefreiheit wird mit recht falschen Tönen gesungen.

Geld, regiert die Welt – Manche wollen ja immer noch nicht an Ihre gouvernementale Omnipotenz glauben und halten den Vers zum Thema für spinnerten linken Populismus. Dabei ist der Trend in Amerika völlig eindeutig: Waren an George W. Bushs Kabinettstisch (Präsident, Vize, Minister) gerade mal eine schlappe Drittelmilliarde US-Dollar (kumuliertes Gesamtvermögen) und bei Barack Obama auch lediglich zwei Milliarden versammelt, bringt es der Trump-Table auf 15 (fünfzehn) Milliarden. Und Donald selbst mit seinen 3,7 Milliarden ist keineswegs das finanzschwerste Alphatier. Das ist Bildungsministerin Betsy DeVos (5,1 Milliarden Familienvermögen). Regierungsberater Stephen Schwarzman allerdings, CEO der Investmentgesellschaft Blackstone, steckt mit 11,2 Milliarden beide locker in die Tasche.
Man darf gespannt sein, wie respektive für wen diese Damen (es gibt eine zweite in Trumps Kabinett, Elaine Chao, an der Spitze des Verkehrsressorts, mit 17 Millionen Privatvermögen aber der Peanuts-Liga zuzuordnen) und Herren dem Wahlkampfslogan des neuen Präsidenten – „Make America Great Again“ – Leben einhauchen werden.

Max Uthoff & Claus von Wagner, Anstaltsinsassen – Ihrer Sendung vom 6. Dezember haben wir wieder einige bleibende Sottisen zu verdanken. Etwa diese: „Wenn man aus Schaden klug wird – wozu dann Bildungspolitik?“ Oder – angesichts zunehmender Armut und sinkender Lebenserwartung – ein schönes Beispiel für das Gute des Schlechten (quasi reziproker Watzlawick!): „Wer früher stirbt ist kürzer arm.“
Sehr erbaulich auch Ihre Vorwegnahme des Bundestagswahlabends 2017, an dem eine geschlagene Kanzlerin (AfD: 38 Prozent) in der Elefantenrunde und leicht im Knatter den Schröder gibt.
Ihre Neuerung auf dem Wahlzettel allerdings wird naturgemäß an der noch mitregierenden SPD scheitern – die Möglichkeit nämlich einzutragen, wer auf keinen Fall in die Regierung sollen darf. (Sie prognostizieren der SPD für einen solchen Fall: – 14,3 Prozent.)
Interessant wäre, wenn die Demoskopen tatsächlich die Geschwindigkeit zu messen in der Lage wären, mit der sich Wechselwähler von den etablierten Parteien zur AfD absentieren. In der Sendung hieß es: von der SPD mit 25 km/h, da werde der Wechsel gewissermaßen zum Sprint. Letzteres war aber denn doch etwas übertrieben. Da brauchte man für 100 Meter nämlich 14,4 Sekunden und wäre erst im Ziel, wenn Usain Bolt bereits auf dem Treppchen stände!
Doch bevor wir ins Plaudern kommen – man kann die Sendung via Internet jederzeit nachholen, indem man zum Beispiel hier klickt.

Harald Schmidt, televisionäres Fossil – Wir wollen gar nicht verhehlen, dass Sie für die eine oder andere amüsante Sottise immer noch gut sind. Kürzlich für diese:
Alan Posener, Stern: „Was hält Sie davon ab, sich wie Thomas Gottschalk bei ‚Anne Will‘ zu Fragen der Zeit zu äußern?“
Schmidt: „Also, a) ich bin ein Typ für Einzelgespräche. Und b) ich rede nur mit Journalisten.“
Stern: „Wir haben ‚Anne Will‘ gesagt.
Schmidt: „Ja, ich weiß.“
Ansonsten aber hat der Größenwahn Sie offenbar voll in seinen Fängen. So beantworteten Sie die Frage, ob Ihr Hauptjob derzeit Spaziergänger sei, folgendermaßen: „Ja, ich hab aber entschieden, mich ‚Flaneur‘ zu nennen, auch wenn das ein bisschen prätentiös klingt. ‚Flaneur‘, das kommt bei Google immer im Zusammenhang mit Edgar Allan Poe und Walter Benjamin. Und da gehtʼs schon los: Wo finden Sie heute noch ein Publikum, das diese Namen noch kennt?“
By the way – beim Blättchen, Herr Schmidt.
Aber warum nur Poe und Benjamin? Wären Hemingway und Goethe nicht angemessener?
Einem Freund, so erzählen Sie, hätten Sie mal gesagt: „Weißt du, Matthias, ich habe für das deutsche Fernsehen den gleichen Stellenwert wie Brecht für das internationale Theater. Dann habe ich über den Satz nachgedacht und muss sagen, er stimmt.“
Wie wir hörten, lieber Herr Schmidt, ist in Bayreuth gerade ein Zimmer frei. In der Villa Wahnfried. Die soll schon Wagners Megalomanie geerdet haben. Wollen Sie nicht übersiedeln?