19. Jahrgang | Nummer 2 | 18. Januar 2016

Antworten

Theo Lehmann, sächsischer Gotteskrieger – WIKIPEDIA schreibt, dass manche Ihrer Anhänger Ihre „klare Verkündigung, die mit viel Humor“ verbunden sei schätzten. Ganz lustig finden Sie offenbar Religionskriege: Sie forderten schon 2004 die Christen auf, „sich auf Zeiten vorzubereiten, in denen Christsein nicht mehr geil, sondern gefährlich ist. Was wir brauchen, sind bibelfeste, KZ-fähige Christen.“ Klar doch, Schwule passen natürlich nicht in Ihr Kreuzfahrerklischee. Die kriegten den rosa Winkel verpasst und erwiesen sich als gar nicht „kz-fähig“. Logisch, dass dementsprechend auch für Sie „praktizierte Homosexualität mit der Heiligen Schrift nicht vereinbar“ sei. Soviel gottesfürchtiger Humor verschlägt selbst uns die Sprache.

Timotheus Höttges, Telekom-Häuptling – Es ist immer schön, wenn sich Spitzenmanager aus durchdigitalisierten Branchen kritische Gedanken machen. So auch Sie: „Meine persönliche Meinung ist: Nicht alles, was technisch möglich ist, sollte gemacht werden.“ Zum Beispiel? „Die komplette Überwachung des Einzelnen, die Registrierung aller persönlichen Daten, kein Recht auf Vergessenwerden im Internet.“ Wird aber bereits gemacht! Was fällt Ihnen dazu ein? … Schweigen im Walde.
Zweiter Versuch – Silicon Valley: „Ich habe von Unternehmen gehört, die allen Ernstes sagen: Das, was wir technologisch können, machen wir, auch wenn es Gesetze gibt, die dem widersprechen.“ Das hat man Ihnen ins Gesicht gesagt? „Ja, die Valley-Unternehmen sind […] überzeugt von ihren großen Ideen […] Google […] Amazon […].“ Und, geben Sie den Valley-Unternehmen recht? Die „sagen, der Kunde steht mit seinem Nutzen wirklich im Vordergrund. Und deswegen bin ich ambivalent.“
Merci vielmals! Präziser hätten wir es von Ihnen auch gar nicht erwartet.
Bleibt die Frage, ob sich bis zur Politik hierzulande schon herumgesprochen hat, dass man mit so kreativ gesetzestreuen Branchen wie der Internetwirtschaft vielleicht doch nicht nur wie Bundesjustizminister Heiko Maas vor einigen Monaten mit Facebook – ergebnislose Gespräche führen sollte …

Gerhard Ludwig Müller, Kardinal und Nachfolger Josef Ratzingers als vatikanischer Oberhüter der reinen Lehre – Die von Ihnen geleitete Institution, die zu ihren Hochzeiten der europaweiten Ketzer- und Hexenverfolgung, respektive -verbrennung auf eindrucksvoll lodernden Scheiterhaufen (ab dem 13. Jahrhundert) den glorreichen Namen Inquisition trug, darf zwar nicht mehr zündeln, aber immer noch Häretiker jagen und nennt sich heute ganz unmartialisch Glaubenskongregation. Ihr Vorsteher gilt unverändert als einer der mächtigsten Amtsträger der katholischen Kirche.
Jetzt soll es in Ihrem Hause im Zusammenhang mit dem immer noch dubiosen Finanzgebaren des Heiligen Stuhles eine Hausdurchsuchung gegeben haben, bei der die Fahnder im Schreibtisch Ihres Verwaltungschefs Mauro Ugolini hinter einer alten Dose Wiener Würstchen einen Stapel Banknoten gefunden haben sollen. Zwar nur 20.000 Euro, also Peanuts, aber immerhin … Auf die Frage der Zeit, ob diese Darstellung den Tatsachen entspreche, replizierten Sie: „Die investigativen Fantastereien in der Yellow Press sind haltlos und dienen nur der Störung unseres eigentlichen Auftrags. Bezeichnend ist, wie bereitwillig das Lächerliche statt des Erhabenen geglaubt wird.“
Ein Dementi in bestem Politikersprech – ohne die gestellte Frage an sich auch nur zu touchieren. Und mit selbstbewusster Chuzpe äußerten Sie überdies: „Ich bin nicht zum Präfekten der Glaubenskongregation berufen worden, um mich um ein sekundäres Thema wie die sogenannten Finanzen des Vatikans zu kümmern.“
Ein Herzensangelegenheit ist Ihnen demgegenüber aber die Ökumene, also dass „Christen verschiedener Konfessionen das Gemeinsame entdecken und zusammen Zeugen für Jesus Christus sind“. Dass der Papst den Protestanten jüngst einen Abendmahlskelch geschenkt hat, ist Ihnen „ein Zeichen der Hoffnung, dass der Tag komme, an dem die volle Einheit der sichtbaren Kirche erreicht ist: im Glaubensbekenntnis, in den sakramentalen Heilszeichen und in der bischöflichen Verfassung mit dem Papst an der Spitze“.
Hören wir richtig? Die Protestanten sollen sich allesamt dem Papst subordinieren?
„Volle Einheit der Kirche ist nach katholischem Verständnis nur mit dem Bischof von Rom als Nachfolger Petri möglich.“
Danke für diese kompromissaffine Klarstellung. Da muss vor der „vollen Einheit der sichtbaren Kirche“ ja nun wirklich niemandem bange sein.

Max Uthoff, der einem das Lachen im Halse stecken lässt – Bisweilen kann der Ritterschlag auch durch Springers Welt erfolgen, die Sie einen geschniegelten Brettl-Stalinisten nannte. Regelmäßige Seher der ZDF-„Anstalt“ dürften dieser Adelung schwerlich widersprechen. Ihr Credo: „In einer Zeit, in der Günther Jauch ungestraft die Berufsbezeichnung Journalist tragen darf, in der sich das Kapital benimmt wie Rotz am Backen und Hartz IV oft nur die Fortsetzung von Stirb langsam III ist, gilt mehr denn je: Wer über den Tellerrand sieht, sieht viel mehr von der schmutzigen Tischdecke.“ Und wie schmutzig die ist, hatte man vor Ihrem aktuellen Programm „Gegendarstellung“ vielleicht gar nicht so genau wissen wollen, dann aber hätte man dieses Programm nicht besuchen dürfen. Dies als Warnung zumindest für all diejenigen, die noch die Chance haben, nicht hinzugehen. Das sind – angesichts ständig ausverkaufter Vorstellungen – gottseidank die meisten. Denen entgehen damit allerdings auch Ihre treffsicheren Kurzcharakteristiken hiesiger Politstatisten – wie etwa: „Sigmar Gabriel – das wohl fröhlichste Ende der Nahrungskette“. Oder: „Alexander Dobrindt – der ja äußerlich immer wirkt wie der größte Fan der Stadtsparkasse Dingolfing.“

Martin Zingsheim, Kölner Lästermaul – Sie sind nicht nur der Träger des Deutschen Kleinkunstpreises 2015, Sie kamen auch auf die abgefahrene Idee, sich die 185 Seiten des geltenden Koalitionsvertrages unserer amtierenden Regierung von tagesschau.de auf Ihr Smartphone herunterzuladen, um dort mit Hilfe der Suchmaske SPD-typischen Einsprengseln in diesem Konvolut längst vergessener Resultate durchverhandelter Tage & Nächte auf die Spur zu kommen. Zum Beispiel durch Eingabe der Stichwörter Zeitarbeit (Treffer: Null), Spitzensteuersatz (Null), Rüstung (35), Wachstum (mehr als 100), Wirtschaft (deutlich mehr als 100), Gleichberechtigung (1). „Ich finde“, so Ihr Fazit, „hier ist eine klare sozialdemokratische Handschrift zu erkennen.“
Man müsse im Übrigen auch das Positive an der Koalitionsvereinbarung sehen: „Hitler – […] null Treffer!“
Und: Politik machen sei ein bisschen wie dirigieren, nur eben – dirigieren zu ‘ner CD. Die Wirtschaft sei die CD, und die laufe ja eh, aber die Politik dirigiere da schon sehr schön zu. „Das ist ein feines Hobby, aber halt komplett folgenlos.“
Alles nicht unscharf beobachtet!

Anton Hofreiter, außenpolitischer Brainstormer mit kognitiver Insuffizienz – Fraktionschef der Grünen im Bundestag sind Sie ja bereits. Nun visieren Sie offenbar den Ritterschlag zum außen- und sicherheitspolitischen Vordenker an und bringen sich damit womöglich zugleich für Höheres in einer nächsten Bundesregierung in Stellung. Wir „brauchen bei der Vielzahl paralleler Krisen einen echten Vize-Außenminister. Der oder diejenige müsste […] mit eigenem politischen Gewicht und Standing ausgestattet und weisungsbefugt sein, um den Außenminister vollwertig zu vertreten“, formulierten Sie jüngst eine Idee, die man so noch nicht gehört hatte, und waren gar nicht mehr zu bremsen: Der Diplomatische Dienst müsse ausgebaut werden – Frankreich habe 275 Auslandsvertretungen, Berlin hingegen begnüge sich mit etwa 230! Und: „Wenn wir mehr politische Verantwortung übernehmen, dann auch richtig und modern – mit Krisenprävention, mit ziviler Konfliktbearbeitung und mit ausreichend diplomatischen Kapazitäten.“
Gut gebrüllt, Löwe – könnte man meinen. Aber die desaströsen Debakel diverser westlicher Militärinterventionen seit 9/11 mit ihren katastrophalen Langzeitfolgen nennen Sie nicht beim Namen. Stattdessen bescheinigen Sie den Verantwortlichen lediglich, dass die Ergebnisse im „‚War on Terror‘ […] extrem bescheiden“ seien, um dann windelweich zu folgern: „Deshalb muss man genau hinschauen, ob die Wiederholung der immer gleichen Methoden wirklich zum Ziel führt.“ Werter Herr Hofreiter, wer nach Afghanistan, Irak, Libyen und Syrien immer noch nicht begriffen hat, dass „die Wiederholung der immer gleichen Methoden wirklich“ nicht zum Ziel führt, der mag zwar als Löwe springen, landen wird er aber allenfalls als Bettvorleger.