von Thomas Behlert
Gotha, das kleine Städtchen am Arsch des Thüringer Waldes, würde zu gern auf Landesebene mitmischen und ab und zu die Richtung vorgeben. Aber leider kann die Stadt, die bis zur Kreisreform noch Kreisstadt ist, weder mit großartigen kulturellen und politischen Leistungen punkten, noch mit hochrangigen Touristen aufwarten. Wer nach Thüringen kommt und Kultur in der Provinz bewundern will, hält sich in Weimar auf oder macht die Landeshauptstadt Erfurt bis 22.00 Uhr unsicher. Sogar der weithin unbekannte Sänger Gunther Emmerich fährt nur durch GTH um schließlich in Tabarz, am Fuße des Inselbergs, seinem dicken Körper etwas Urlaub zu gönnen.
Nun gibt es plötzlich ein Wunder unter den Zombies, und es passiert doch etwas in Gotha. Die Kindersocken, die man hier in langen Nächten gestrickt hat, um sie den Schmarotzern Kate und William zu überreichen, waren trotz aufgesticktem Adelswappen in irgendeiner Tonne nahe des Buckingham Palastes gelandet. Scheiß drauf, sagten sich die Stadtoberen und bewarben sich bei der ehrlich in die Jahre gekommenen Königin Elisabeth. Als Dank für die nervige Beharrlichkeit schickten ihre Diener den Gothaern als Leihgabe einen oberhässlichen gelben Hut zum Anbeten und Ausstellen. Ach, was knieten da der angeblich sozialdemokratische Bürgermeister und sein Hofstaat vor diesem Dings nieder. Ständig vermeldete die Kreispresse neue Ereignisse und zwang die Bevölkerung regelrecht zum Besuch des Hutes.
Und nun ist es wieder soweit: Die Queen will nach zehn Jahren herrlicher Abwesenheit nach Deutschland reisen und in einigen wenigen Gegenden loyal und ahnungslos der Bevölkerung zuwinken. Gothas Bürgermeister wittert die Sensation des Jahrtausends und ließ daher den linken (sic!) Ministerpräsidenten des Landes Thüringen, Bodo Ramelow, einen Bettel- und Einladungsbrief verfassen. So schrieb der Mann, dessen sozialistische Vorgänger nichts mehr hassten als den geldgierigen und arbeitsscheuen Ausbeuter-Adel, unter anderem folgende Zeilen: „Es ist uns eine außerordentliche Ehre, Eure Majestät im Land Ihrer Vorfahren begrüßen zu können.“ Weiter faselt er noch etwas von der schönen Residenzstadt Gotha und über den frommen Ernst I., der sich einfach nicht zurück halten konnte und den Grundstein für viele europäische Königshäuser gefi… hat. Weiterhin meint der rote (?) Bodo, „dass die Stadt das königliche Erbe in Ehren hält“. Und dafür lieber antifaschistische Erinnerungen tilgt.
Die Einladung nach Deutschland stammt natürlich vom Oberpfarrer Joachim Gauck, der den Besuch für den 24. bis 26. Juni geplant hat und die Städte noch ordentlich konkurrieren lässt. Gerne wird in Gotha vergessen, aber bei den Royals hoffentlich nicht, dass die heutigen Windsors nicht umsonst ihren ursprünglichen Namen „Sachsen-Coburg und Gotha“ ablegten, weil Arbeiter und Ingenieure in Gothaer Werkhallen ab 1915 einen zweimotorigen Bomber schufen, der gegen Großbritannien zum Einsatz kam und bis 500 Kilogramm Bomben fasste und auch abwarf. Die Engländer nannten das böse brummende und den Tod bringende Kriegsgerät „The Gothas“. Und außerdem paktierte das Coburger Herzoghaus sehr intensiv mit den Faschisten.
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