18. Jahrgang | Nummer 7 | 30. März 2015

Antworten

Angela Merkel, Weitsichtige – Bei Ihrem Staatsbesuch in Japan haben Sie einem –aus irgendeinem Grunde zickigen – Roboter die plastene Hand geschüttelt. Wer Sie kennt, weiß, dass dies gewiss mehr als nur ein fotogener Vorgang war. Steht beim derzeitigen Entwicklungstempo künstlicher Intelligenz doch zu vermuten, dass spätestens bei Ihrer 12. Kanzlerkandidatur die Roboter eine eigenständige und respektable Wählergruppierung darstellen werden. Und es wird wohl auch kein Zufall gewesen sein, dass Sie sich mit CDU-Generalsekretären wie Peter Hintze und Ronald Pofalla schon mal mit der Bedienungsanleitung einer der Roboter-Vorformen vertraut gemacht hatten.

Rima Karaki, libanesische Fernsehmoderatorin – In Ihrer Fernsehdiskussion zum Thema „Christen, die sich dem IS anschließen“ äußerte sich ein namhafter Islamist aus London nicht nur ausweichend, sondern immer unflätiger. Nachdem Sie einige Geduld aufgebracht hatten, warfen sie den Gesprächspartner kurzerhand aus der „Schalte“, wofür Sie gebührend gefeiert wurden. Vielleicht könnten Sie Ihren deutschen Kollegen als Vorbild dienen, denn der Rausschmiss all jener, die in Talkrunden – ob leibhaft im Studio oder zugeschaltet – die eigentlichen Fragen nicht beantworten und sich gegenseitig daran hindern, irgendeinen Gedanken zu entwickeln, könnte einen gesprächshygienisch wohltuenden Effekt haben. Allerdings könnte dies auch das Ende der meisten Talks bedeuten.

Manfred Götzl, Vorsitzender Richter im NSU-Prozess – Zu beneiden sind Sie im Puzzlespiel um den NSU wahrlich nicht, da nicht nur involvierte Einzelpersonen, sondern ganze Behörden diese Untersuchungen unterlaufen, wo sie können – aus offenbar gutem, respektive schlechtem Grund. Liefe ein solcher Prozess in Moskau, stünde hierzulande längst fest, dass man es mit staatlich-organisierter Kriminalität zu tun hätte. Wetten, dass …?

Stanton Glantz, Wissenschaftler der University of California in San Francisco – Ihr Team hat nach der Auswertung Hunderter Dokumente nachgewiesen, auf welch massive Weise die Zuckerindustrie Politik und Wissenschaft in den USA beeinflusst und manipuliert hat. Bei Ihrer blindwütigen und absurden Unterstellung von Profit-Interessen, denen – ähnlich wie in der Tabakindustrie – angeblich die Gesundheit der Menschen geopfert wird, haben Sie wohlweislich vergessen anzuführen, wie viele Arbeitsplätze (Zuckerindustrie, Nahrungs- und Genussmittelwirtschaft, Dentisten, Zahltechniker etc.) Sie mit derart widersinnigen Behauptungen aufs Spiel setzen. Wir hoffen sehr, dass Ihnen mindestens die Republikaner auf die Finger klopfen.

Silvio Berlusconi, Ehrengeretteter – Es sind zum Glück nur ganz, ganz wenige Menschen, die an der Unabhängigkeit und Unfehlbarkeit der Justiz Zweifel hegen. Jenen ist aber nun auch das letzte „Argument“ nachhaltig aus der Hand genommen worden: Das Oberste Gericht Italiens hat Ihnen die von uns allen sowieso unterstellte Unschuld in der „Bunga-Bunga“-Affäre bestätigt und Sie verdientermaßen freigesprochen. Vom Feeling her haben wir das gute Gefühl, dass Sie als nunmehr wieder Unbescholtener bald wieder an die Spitze jenes Landes zurückkehren, das Ihnen zu großen Teilen eh schon gehört. Europa, nun freue dich!

John Brennan, CIA-Chef – „Niemand von uns, Russland, die Vereinigten Staaten, die Koalition (gegen den Islamischen Staat), die Staaten in der Region will einen Zusammenbruch der Regierung und der politischen Institutionen in Damaskus“, haben Sie die Welt nach vier Jahren tatkräftigst militärischer Unterstützung der regierungsfeindlichen Kräfte in Damaskus wissen lassen. Man sollte wirklich nie aus dem Auge verlieren, dass es Assads brutale Unterdrückung früher ziviler Oppositionsbestrebungen war, die die Handhabe für das abendländische (und wie immer uneigennützige) Involvement bot. Dass man indes alle jene mörderisch-islamistischen Zauberlehrlinge auf den Plan gerufen hat, die gerade in Syrien in die Suppe der ursprünglichen Interessen spucken, scheint sich nun auch bis Langley herumgesprochen zu haben. Dort agiert ein Heer von Geheimdienstexperten, deren Azubis ein solches Ergebnis hätten wohl voraussagen können, hätte man sie nur gefragt. Ihr oben zitierter Satz erinnert unsereinen im Übrigen ein wenig an Walter Ulbrichts berühmte Versicherung: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen.“

Peter Jung, Wuppertals Oberbürgermeister – Vor zeitgleichen Demonstrationen von Salafisten, Rechtsextremen und Hooligans – Ihr berechtigter O-Ton dazu: „Extremisten” – hatten Sie zu Protesten aufgerufen. Verbieten hätte man diese Demos aber nicht können, denn es sei „eben auch der Preis unserer freiheitlichen Demokratie, dass man solche Aufmärsche letztlich nicht verhindern kann“. Nach diesem Verständnis von einer wehrhaften Demokratie wird es für Extremisten solcher und anderer Couleur in absehbarer Zeit kein Problem sein, unser Gemeinwesen wieder einmal ganz legal zu beherrschen und zu terrorisieren; ihre Demonstrationen sind ja ebenso legal wie die Reichstagswahlen, die als „Preis freiheitlicher Demokratie” dereinst andere Extremisten ans mörderische Ruder gebracht hatten.

Rico Weiler, Regionalliga-Kicker vom KFC Uerdingen – Im Spiel gegen Alemannia Aachen haben Sie etwas getan, was im heutigen Fußball – ursprünglich ein Sport – Denkmalswert besitzt. Beim Spielstand von 1:1 den vermeintlichen und vom Schiri bestätigten Siegtreffer erzielend, haben Sie diese Entscheidung ohne Not mit dem Hinweis korrigiert, dass Sie das Tor unter regelwidriger Zuhilfenahme der Hand erzielt hätten, womit es also ungültig sei. Wir ziehen den Hut und sind stolz darauf, solches noch erlebt zu haben.