von Dieter Naumann
Der Deutsche Fernsehfunk (DFF) der DDR sendete vor 50 Jahren am 17. April 1964 erstmals einen UFA-Film im Fernsehen, der 1932 mit Hans Albers in der Hauptrolle produziert wurde: „F. P. 1 antwortet nicht“. Tatsächlich waren es sogar drei Filme: Da Synchronisation damals noch weitgehend unbekannt war, drehte man neben der deutschen Fassung kurzerhand noch eine englische mit Conrad Veith und eine französische mit Charles Boyer in den Hauptrollen. Das Sendejubiläum allein wäre kaum der Erwähnung wert, die Hintergründe des Films und die Umstände der Dreharbeiten sind jedoch interessant genug, um an sie zu erinnern.
Fast bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges wurde sowohl von den Alliierten und als auch von den Nazis fieberhaft daran gearbeitet, die damals noch begrenzte Reichweite ihrer landgestützten Militärflugzeuge durch Flugzeugträger auszugleichen. Für die Alliierten ging es dabei vorrangig um den Schutz ihrer Geleitzüge vor den deutschen U-Booten, die Nazis wollten von Flugzeugträgern oder -plattformen ihre Flugzeuge gen USA starten lassen.
Das wohl skurrilste Projekt trug den Geheimnamen Habbakuk (wohl nach dem biblischen Propheten Habakuk) und beinhaltete die Stationierung eines britischen Flugzeugträgers aus Eis (!) im Atlantik. Eine Länge von 1.200 Metern, eine Breite von 180 Metern, zwölf Meter dicke Bordwände und eine Wasserverdrängung von mindestens zwei Millionen Tonnen waren die geplanten Daten des praktisch unsinkbaren Flugzeugträgers. Im Sommer 1943 wurde auf einem kanadischen See ein 18 Meter langer Prototyp mit einer Wasserverdrängung von 1.000 Tonnen erfolgreich getestet.
Die Idee hatte der britische Journalist und Erfinder Geoffrey Pyke, der durch einen Artikel des österreichisch-amerikanischen Chemikers Hermann Franz Mark auch den richtigen Baustoff fand: Mark hatte zusammen mit einem Kollegen Eis mit Holzspänen vermengt und dabei eine mit Beton vergleichbare Festigkeit erreicht. Beide Wissenschaftler benannten ihr Produkt zu Ehren von Pyke „Pykrete“, eine Mischung aus dem Nachnamen des Briten und dem englischen Wort concrete für Beton.
Ob sich Pyke bei seiner Idee durch Versuche des Deutschen Gerke von Waldenburg im Zürichsee inspirieren ließ, bei denen es 1930 gelungen war, mittels Kühlmaschinen und Wasserpumpen einen künstlichen Eisberg zu schaffen, aus dem später eine schwimmende Insel mit Hafen und Flugplatz werden sollte, ist umstritten.
Wie auch immer, die immensen Kosten und eine Baudauer bis 1945 sowie von den Alliierten vertraglich gesicherte Flugplätze auf den Azoren ließen das Projekt schließlich sterben.
1931 erschien der Science-Fiction-Roman „F. P .1 antwortet nicht“ von Kurt Siodmak, dessen eher dünne Handlung aus Liebe, Eifersucht, Sabotage, Pflichtgefühl und Patriotismus vorrangig auf der „Flugplattform 1“ spielt. Unter der Regie von Karl Hartl entsteht 1932 nach dem Drehbuch von Walter Reisch und Kurt Siodmak der gleichnamige Film, in dem Hans Albers als Pilot Ellissen Hilfe für die durch fremde Mächte mit der Zerstörung bedrohte Plattform herbeirufen kann.
Drehort war neben den UFA-Studios in Neubabelsberg, der Hamburger Howaldt-Werft, einem 11.700 PS starken Schiffsdiesel in Hennigsdorf, der Kasernenanlage „Hohe Düne“ in Warnemünde und Cuxhaven auch die kleine Insel Greifswalder Oie vor Rügen.
Bühnenbildner Erich Kettelhut verkleidete die Insel mit Metallplatten, auf denen tatsächlich ein wagehalsiger Fluglehrer, Robert Förster aus Warnemünde, mit einer Junkers-Maschine spektakulär landen und starten konnte. Hinzu kamen unter Verwendung von Plänen des deutschen Ingenieurs Henniger Filmbauten, die von der Zeitschrift Kinematograph im Dezember 1932 als „pompös und doch von jener technischen Nüchternheit“ charakterisiert wurden, „die derartige Sensationsbauten haben müssen, wenn das ganze Spiel nicht den Stempel der Echtheit verlieren soll“. Kein Wunder, dass die an der Insel vorbeifahrenden Bäderdampfer regelmäßig Schlagseite bekamen, weil die Passagiere möglichst viel von den Dekorationen und Dreharbeiten mitbekommen wollten.
Zum Film gehörte auch das bekannte Lied „Flieger, grüß mir die Sonne“, komponiert von Allan Gray (eigentlich Josef Zmigrod), getextet von Walter Reisch. Da beide jüdischer Herkunft waren, emigrierten sie im Zusammenhang mit der Machtergreifung durch die Nazis nach Großbritannien beziehungsweise in die USA.
Für die Bewohner der Insel Rügen waren die Dreharbeiten und die Anwesenheit der Schauspieler und des Drehstabes natürlich das Ereignis. Wenn sich Hans Albers von Göhren aus zur Greifswalder Oie schippern ließ, gab es stets großen Auflauf an der Seebrücke. Nach wie vor wirbt ein kleines Göhrener Hotel mit dem Aufenthalt von Hans Albers während der Dreharbeiten und auch danach. Hartnäckig hält sich außerdem das Gerücht, dass es noch einen Schuldschein des blonden Hans in Göhren geben soll. Einige Mönchguter verdienten sich mit der Gage von 10 Mark plus 3,50 Mark für Verpflegung pro Drehtag als Statisten ein nettes Zubrot.
Nach den Dreharbeiten wurden die Filmbauten auf der Greifswalder Oie durch die Werft von Moritz Koldevitz in Seedorf abgebaut, die dafür das Holz behalten durfte. Die Metallplatten, mit denen Bühnenbildner Kettelhut die kleine Insel abgedeckt hatte, wurden verkauft. Der Film kann inzwischen als DVD erworben werden, auch das Buch von Siodmak wird hin und wieder angeboten.
Wer heute auf Mönchgut von Thiessow aus in Richtung Klein Zicker geht oder fährt, sieht wenige Meter nach der Surfschule auf der linken Seite zwischen Boddenufer und Straße einen unscheinbaren, gegen die Witterungseinflüsse schwarz geteerten Fischereischuppen, der sich äußerlich nicht von anderen derartigen Bauten unterscheidet. Erst bei näherem Hinsehen ist zu erkennen, dass die Wände des Schuppens aus verschweißten Metallplatten bestehen. Es handelt sich um einige der Platten, die 1932 für kurze Zeit aus der Greifswalder Oie die Flugplattform 1 machten.
Schlagwörter: 2. Weltkrieg, Dieter Naumann, Hans Albers, UFA