16. Jahrgang | Nummer 2 | 21. Januar 2013

Antworten

Günter Rössler, Fotograf – Ihre Aktfotografien waren in der DDR nicht nur Magazin-Lesern eine Begriff und sorgten mit dafür, dass die monatlichen Hefte stets ausverkauft sowie Abos kaum zu haben waren. Gegen die Apostrophierung als „Helmut Newton des Osten“ wehrten Sie sich, nachdem der Playboy 1984 eine Fotostrecke von ihm veröffentlicht hatte; Sie mochten Newtons kalte, artifizielle Stilisierungen nicht, aus denen häufig Macht und Beherrschung, bisweilen Demütigung sprachen. In einem liebevollen Nachruf winkte Ihnen Jutta Voigt in der Berliner Zeitung hinterher. Darin hieß es: „Auf seinen Bildern gibt es keine bösen Mädchen, keine Dominas, keine Sklavinnen. Keine Ware, die sich anbietet, für Parfüm und Rum wirbt. […] Wenn die Fotos des Günter Rössler für das Land stünden, in dem er zwei Drittel seines Lebens verbrachte, dann müsste es ein zärtliches Land gewesen sein, ein offenes Land, ein ehrliches Land. In seinen Bildern gibt es keine Phrasen, keine leeren Versprechen, keinen Verrat.“ Wir hätten es nicht treffender und traurig-poetischer schon gar nicht sagen können.

Kurt Tucholsky, Nicht-vorgestellt-zu-werden-Brauchender – Lieber T., Sie offenbarten ja wirklich seherischen Gaben, als Sie konstatierten: „Nie hat Industrie und Kapital so frech behauptet, Kultur zu spenden, wie heute; nie ist ihnen das so geglaubt worden, wie heute.“ Oder haben Sie damit am Ende gar nicht unsere Zeit gemeint?!

Peer Steinbrück (SPD), Immer-noch-Kanzlerkandidat der SPD – Wir hatten da seit längerem so einen Eindruck, und nun hat ihn Christian Bommarius in der Berliner Zeitung auf den Punkt gebracht: „Es ist nicht nur schwer, es ist unmöglich, über den so genannten SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück keine Satire zu schreiben.“ Ihre offizielle Nominierung durch den SPD-Parteivorstand war zwar erst am 1. Oktober erfolgt, und erst am 9. Dezember hatte ein SPD-Sonderparteitag dazu seinen Segen gegeben, aber trotz dieser knappen Zeitspanne ist Bommarius’ Fazit nicht zu widersprechen: „Als hätte er sich und der SPD versprochen, nur ja keinen Fettnapf auszulassen, mit dem er sich bekleckern kann, tappt er seit Monaten entschlossen von Napf zu Napf. […] Er redet unverdrossen, unermüdlich, unbelehrbar, und fast jedes Wort, das er beim Betreten des nächsten Fettnapfs fallen lässt, macht klar, dass er nicht findet und bis zu Wahl auch ganz bestimmt nicht finden wird, was für einen Kanzlerkandidaten unentbehrlich ist: den richtigen Ton. Er wirkt wie ein Organist, der einer Trauergemeinde mit gedämpften Tönen aufspielen soll, aber nur frivole Marschmusik anzubieten hat und dafür auch noch Beifall erwartet. Peer Steinbrück fehlt die Empathie.“ Was bleibt dem noch hinzuzufügen? Allenfalls der Rat, es doch besser als Kreissparkassendirektor zu versuchen – zumal dieser Job ja auch noch besser bezahlt wird.

Ronald Pofalla (CDU), Chef des Bundeskanzlerinnenamtes – Mögen Sie eigentlich den alternativen Kölner Karneval in Gestalt der legendären Stunk-Sitzung? Wir hätten Verständnis dafür, wenn das nicht der Fall wäre, wird doch in der aktuellen dortigen Session derzeit Abend für Abend behauptet, Sie wären so dumm, dass Sie das Wasser nicht träfen, wenn Sie aus dem Boot fielen …

Bent Flyvbjerg, Professor für Stadtplanung an der Universität Oxford – Ihrem kenntnisreichen Vernehmen nach sind „die meisten Projektmanager sind Dummköpfe oder Lügner“. Um den Zuschlag zu bekommen, würden Baufirmen die Kosten ihres Vorschlags regelmäßig als möglichst niedrig darstellen, den wirtschaftlichen Nutzen als gewaltig und die Bauzeit als minimal. Und Politiker, gierig nach Prestigeprojekten und Fotogelegenheiten beim Spatenstich, würden ihnen nur zu gerne glauben … Wir ersuchen um Nachsicht dafür, dass wir von diesen Analysen in unserem ungeheuchelten Vertrauen in den „Ehrlichen Kaufmann“ und den noch ehrlicheren Politiker schwer erschüttert sind.

Herbert Frankenhauser CSU, stellvertretender Ausschussvorsitzender des Bundestages – „Dass eine Pfeife durch eine stellvertretende Pfeife im Aufsichtsrat ersetzt werden soll, erscheint in Anbetracht der prekären Lage wenig sinnvoll“, haben Sie zum Wechsel an der Spitze des Aufsichtsrates des Berliner Flughafens BER verlautbart. Nun wäre die Tatsachen-Beschreibung dieser in der Tat erbärmlichen Rochade ja tolerabel – aber „Pfeifen“? Ist Ihnen klar, wem dieser Titel allein in der aktuellen politischen Landschaft alles zufiele, wenn man sich denn auf ihn einigt und dem folgt, was er aussagt?

Stephan Ackermann, Bischof von Trier – Die Deutsche Bischofskonferenz hatte das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsens damit beauftragt, die Ausübung sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in der Katholischen Kirche umfassend wissenschaftlich zu untersuchen. Diese Zusammenarbeit wurde nun seitens der Kirche aufgekündigt, und Sie lieferten die offizielle Erklärung dafür: Das Vertrauensverhältnis zum Institutsleiter sei zerrüttet gewesen. Derselbe hingegen ließ verlauten, die Bischöfe hätten die Arbeit des Instituts zensieren wollen. Stets gut informierte Kreise wollen in diesem Zusammenhang erfahren haben, dass die Zerrüttung vornehmlich daraus resultierte, dass das Forschungsinstitut sich nicht hinreichend anstellig gezeigt hätte, den wissenschaftlichen Nachweis zu führen, dass sexueller Missbrauch durch katholische Amtsträger nichts, aber auch gar nichts mit dem Zölibat sowie der Frauen- und Homosexuellenfeindlichkeit der Katholischen Kirche zu tun hätte.