15. Jahrgang | Nummer 26 | 24. Dezember 2012

Unsere deutsche „Deutsche Bank“

von Herbert Bertsch

Auch das Zweckbündnis von Macht und Mächtigen ist eben nur das, was es jeweils ist – und auch nur, solange es in dieser Kombination als Erfolgsmodell wirkt. Hermann Josef Abs als Finanzberater von Kanzler Konrad Adenauer soll als politisches Credo das Wort geprägt haben: Was gut ist für die Deutsche Bank, ist gut für die Bundesrepublik Deutschland.
Mit dem Beispiel persönlicher Bekanntschaft der Kanzlerin zu und mit Josef Ackermann wird dies derzeit gern erneut thematisiert. Zu recht im Prinzip – nur trifft es nicht mehr und schon gar nicht dauerhaft so zu, wie es im Beispiel erscheint. Manches funktioniert heute viel direkter, manches subtiler, fast alles aber ist nicht mehr auf Deutschland fokussiert, es sei denn als bad guy.
Jeden Tag erscheinen derzeit irgendwo in der Welt, dies Land eingeschlossen, negative Schlagzeilen zur Deutschen Bank. Fast hat die eindeutig aus den USA gesteuerte veröffentlichte Meinung dabei erreicht, den eigentlichen Verursacher der weltweiten Immobilien- und Finanzkrise in der deutschen Deutsche Bank zu verorten. Auch vergleiche man heutige prächtige Börsenkurse und Geschäftsergebnisse der vor der Pleite gestandenen amerikanische Großbanken mit dem mickrigen Bild der Geschäftsergebnisse und Aussichten der Deutschen Bank, die überdies mit Klagen ohne Zahl (zumeist Gerichtsstand USA!) konfrontiert ist, obwohl sie am Aufpumpen der später geplatzten Immobilienblase in den USA deutlich geringer beteiligt war als die dortigen Bankhäuser.
Aber auch die persönlich-politischen Mauscheleien sind heute nicht mehr das, was sie mal waren. Hierzulande erscheint uns die Deutsche Bank zwar als global player – aber sie wird selbst auch als Übernahmekandidat gehandelt! Die mächtige und große Deutsche Bank agiert global eben nicht vorn, wenn überhaupt in der ersten Liga. Mehr Schein als Sein. Und das möchte die Führung des Hauses gern ändern – in Richtung Sein natürlich und auch vermittels intensiver Nutzung, ja Nötigung der Regierung und des Parlaments. Allerdings steht Josef Ackermann, dessen Name Gerüchten zufolge in seinem früheren Bankhaus nicht mehr genannt werden darf, dafür nicht mehr zur Verfügung, und seinen Nachfolgern ist nicht nur mangels Anlass bisher keine Geburtstagsspeisung im Kanzleramt ausgerichtet worden. Hinzu kommt: Die Deutsche Bank beackert das Terrain nicht allein, und andere Player verfolgen durchaus entgegengesetzte Interessen, so dass auch Anderes vorstellbar ist – nämlich unter Beihilfe der Politik den (internationalen) Konkurrenten Deutsche Bank nach innen und außen weiter zu schwächen, womöglich gar übernahmereif zu machen.
Das Beispiel zeigt durch die Spreizung der Möglichkeiten die potenzielle Volatilität von Interessen und derzeitigen Perspektiven in der heutigen Welt – ganz nach dem Bonmot: Alles ist richtig, auch das Gegenteil.
Der Umstand, dass die Deutsche Bank im globalen Ranking auf Platz zwei der 28 Positionen umfassenden Liste von Instituten steht, die „too big to fail“ seien, bedeutet im Übrigen keineswegs, dass sie „unfallbar“ ist, sondern nur, dass ihr Chrash verhindert werden sollte. Nebenher: Die Liste kommt in deutscher Fassung einem „Gottesurteil“ nahe – da wird nicht von „gefährdeten“, sondern von den „gefährlichsten“ Banken gesprochen! Warnend schrieb in diesem Zusammenhang der Wiener Standard über „den deutschen Bankenprimus“: „Größe allein ist keine Existenzgarantie.“ Was einen User dazu veranlasste, die dem Industriellen Ford zugeschriebene Erkenntnis zu posten: „Würden die Menschen das Geldsystem verstehen, hätten wir eine Revolution schon vor morgen früh.“
Und damit hätten wir den eigentlichen Grund, warum derzeit mit der Deutschen Bank im Fokus soviel Besorgnis herrscht. Einfach Augen zu und durch oder Reparaturen, die dann zwangsläufig das gesamte gesellschaftliche System auf den Prüfstand stellen. Das ist objektiv wirklich die Frage, nur an wen?
Jedenfalls, wo gebrochen werden soll, da braucht es Brechmittel – auch in Gestalt von Parteien, Präsidenten, Medien und Staatsanwaltschaften. Und für diesen Fall besagt das afrikanische Sprichwort: Wenn die Elefanten kämpfen, werden die Blumen zertrampelt. Also: „Hüt’ Dich, schöns Blümelein“. Wobei die Metapher für neurotische Kleinanleger mit zittriger Hand wohl doch etwas blumig ist. Aber es wären ja auch nicht nur Anleger betroffen, wie das extreme Beispiel von Lehman Brothers uns nachhaltig gezeigt hat, selbst wenn manche oder gar viele den Eindruck haben, sie seien doch kaum geschoren davongekommen – „noch“, sagt der Optimist.