15. Jahrgang | Nummer 23 | 12. November 2012

Antworten

Robert McNamara, Ex-Krieger – Im Blättchen Nr. 22/2012 wird Wikipedia zitiert: „War McNamara früher ein Buhmann für die Linke der Vereinigten Staaten, so wandelte er sich in seinen letzten Lebensjahren zu einem pazifistischen Vorbild.“ Es gab und gibt viele Beispiele in den Medien, die Ihre Wandlung demonstrieren sollen. ABER: Es sind hunderttausende Menschen gestorben, die bleiben tot, das kann man nicht wegwaschen. Sie hatten Glück. Nach dem Vietnamkrieg hat man Sie nicht vor ein Tribunal gestellt (das ist wohl ohnehin nicht für US-Repräsentanten gedacht), sondern hat Sie zum Weltbankpräsidenten gemacht und seitdem Ihr Wirken in der Welt glorifiziert. Ihr späteres Wirken und ihre Einsichten in Ehren – Ihr Name wird immer mit dem Bild des kleinen brennenden Mädchens verbunden sein.

Peer Steinbrück (SPD), Immer-mehr-Nebenverdiener – Erst waren es 750.000 Euro, dann 1,25 Millionen, und jetzt nähert sich die Summe Ihrer Nebenverdienste in den vergangenen drei Jahren bereits der Zwei-Millionen-Marke – Endstand: offen. Ihr wiederholter, etwas hilflos wirkender Hinweis auf Ihren „Marktwert“, offenbar einer Lizenz zum Gelddrucken nicht unähnlich, ist in diesem Zusammenhang Teil des Problems, nicht dessen Lösung. Dass dürfte auch Ihnen angesichts abstürzender Umfragewerte – von 37 Prozent im September auf gerade mal noch 26 Prozent derzeit – vielleicht schon schwanen. Aber den Geist bekommen Sie nun natürlich nicht mehr zurück in die Flasche. Eigentlich können Sie sich – getreu dem Motto für verzweifelte Situationen: „If you can’t beat them – join them.“ – nur noch an die Spitze der Bewegung setzen. Loben Sie doch einen Preis für diejenige (oder denjenigen) aus, die die Gesamtsumme Ihrer außerdienstlichen Cash-Offensive am Besten geschätzt hat, bevor Sie den Abschlussstand offiziell bestätigen müssen. Und die Gewinnerin darf Sie dann in der heißen Phase des nächstjährigen Bundestagswahlkampfes persönlich begleiten – bis auf die Tribüne am Wahlabend selbst, wo Sie Ihrer Partei und wen es sonst noch interessieren mag gegebenenfalls erklären, warum es wieder mal nichts geworden ist …

Giselher Spitzer, Dopingforscher – Ihre Forschungsgruppe darf die Ergebnisse der Studie “Doping in Deutschland” nicht vorstellen. Wiewohl vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft in Auftrag gegeben, hat eben diese Einrichtung die Forschungen mit Hinweis auf eine Datenschutzvereinbarung erst stark behindert und dann die Veröffentlichung der Namen von in Dopingaktivitäten verstrickten Personen untersagt, was diese Protokolle gesichtslos und unverständlich mache. Dass es sich hierbei nicht um DDR-Doping und –Doper handelt, versteht sich, gegen deren plakative Offenlegung hatte bislang niemand etwas einzuwenden.

Jacob und Wilhelm Grimm, ewigjunge Märchenonkel – 200 Jahre ist es nun her, dass die von Ihnen gesammelten und aufgeschriebenen „Kinder- und Hausmärchen“ im Dezember 1812 in Buchform erschienen und seit dem als Weihnachtsgeschenk immer und immer wieder auf deutschen Gabentischen liegt. Längst ist die klassische Märchensammlung der Weltliteratur in millionenfacher Auflage gedruckt und in über 160 Sprachen und Kulturdialekte übersetzt worden, zudem gehört sie mittlerweile auch zum Unesco-Weltdokumentenerbe. Nicht nur ein namhafter Kommentator der Erstausgabe wie immerhin August Wilhelm Schlegel lag mit seinem abfälligen Urteil: „Rumpelkammer wohlmeinender Albernheit“ sehr daneben – zum Glück für Millionen Kinder und deren Eltern.

Thomas Heilmann (CDU), Berliner Justizsenator und Talkshow-Erzähler – „Wir tun nicht genug, um kriminelle Karrieren zu stoppen“, räumten Sie kürzlich voller Betroffenheit über einen mörderischen Ausbruch jugendlicher Gewalt am Alexanderplatz auf der Couch von Frau Illner im Fernsehen ein. Stimmt, die Landesregierung, der Sie angehören, tut eine ganze Menge, um Jugendlichen den Einstieg in solche „Karrieren“ zu erleichtern. So kürzt sie in den nächsten Jahren drastisch den Personaletat. Gerupft werden auch die Mittel für die Jugendarbeit. Aber dafür verlängert der Senat die Aufbewahrungszeit der Überwachungsvideos. Knastplätze gibt es ja genug. Demnächst eröffnen Sie eine ganz neue schicke JVA mit ganz vielen leeren Zellen bei Ludwigsfelde. Wir sehen Sie schon „stoppen“…

Gerlinde Krahnert, Linkspartei-Mehrfachvize aus Potsdam – Sie plauderten kürzlich in trautem Kreise über das Innenleben der letzten rot-roten Koalition. „Wir haben die SPD schon ganz schön unter Druck gesetzt“, erklärten Sie den zweifelnden Genossen. „Ihr müsst nicht denken, dass wir pflegeleicht sind.“ Ja, warum denken die Genossen das bloß? Sagten Sie das nun als Vizeregierungssprecherin oder teilte diese kühne These die Vize-Landesvorsitzende der brandenburgischen Linken mit? Unser Rat an Sie: Das menschliche Gehirn, lehrt uns die Anatomie, besteht aus zwei Hälften. Warum soll eine Politikerin das nicht ausnutzen? Sie müssen nur schön darauf achten, dass beide Hälften sich nicht zu offensichtlich miteinander verfitzen. Jedenfalls nicht öffentlich.

Hans-Peter Friedrich (CSU), Innenminister und Liebhaber verschärfter Gangarten – „Nur wer den Fremden kennenlernen und verstehen will, nur wer sich ihm voller Empathie zuwendet, sich um ihn bemüht, handelt wirklich tolerant.“ Das sagten Sie am Reformationstag in der Wormser Dreifaltigkeitskirche. Darob regnete es Beschimpfungen wie „gehobene Heuchelei“ und anderes Unschönes aus Mündern und Federn der üblichen linken Verdächtigen. Wir müssen Sie vor diesen Leuten in Schutz nehmen. Die gehen von der irrigen Annahme aus, sie könnten „den Fremden“ wirklich kennenlernen und verstehen wollen. Warum auch? Residenzpflicht, schnellere Asylverfahren, beschleunigte Abschiebungen sind schließlich auch eine politische Philosophie…

Frank Henkel (CDU), knallharter Berlin-Aufräumer – Im Wahlkampf versprachen Sie, Berlin gründlich auszufegen. Damit fangen schon mal ihre eigenen Behörden an. Vorläufig aber erst in den Arbeitszimmern. Nicht mehr benötigte Ordner werden geschreddert. Dass es diesmal die Akten mit Daten zur rechtsextremen Szene sind ist nur konsequent. Die Verfassungsschützer brauchen die wirklich nicht mehr, der Aufklärungswille in Nazi-Sachen hält sich ja in Grenzen. Allerdings hat sich das Landesarchiv aufgeregt, das die Ordner bereits angefordert hatte. Es hielt diese Akten für historisch bedeutsam. Also stellten Sie ganz rasch „menschliches Versagen“ fest und verkündeten, dass alles versucht werden müsse, „um diese Akten in Abstimmung mit anderen Behörden zu rekonstruieren.“ Gehen wir recht in der Annahme, dass sich hier ungeahnte Perspektiven für die Arbeitsplatzsicherung der Stasi-Unterlagen-Behörde auftun? Die kennen sich doch mit Papierschnippseln aus.

Bernhard Kaster, CDU-MdB – einen „gläsernen Abgeordneten“ dürfe es nicht geben, haben Sie im Zusammenhang mit der dem Bundestag vorgelegten und mit den Stimmen der Regierungskoalition abgelehnten Forderung verlautbart, dass alle Abgeordneten ihre Nebeneinkünfte auf den Cent genau offen legen sollten. Auch aus welchen Branchen die Parlamentarier diese Gelder beziehen, haben Sie und die Ihren abgelehnt mitzuteilen. Es wird Sie nicht wundern, dass wir von dieser Haltung nicht überrascht sind; wir haben halt die Volksvertreter, die wir verdienen.