von Ulrike Steglich
Bitte meiden Sie künftig die Worte „herrlich“ und „dämlich“, beides ist aus feministischer Sicht ganz verboten! Sie verstehen: Herr – herrlich = toll. Dame – dämlich, doof = frauendiskriminierend!
Dass diese Vokabeln tabu sind, hat mir ein „Frauenbeirat Stadtplanung“ beigebracht, der neulich unserer kleinen Stadtteilzeitung einen Leserbrief schrieb: Meine Texte wären ja ganz wunderbar – aber die meines Kollegen unmöglich! Keine geschlechtsneutralen Formulierungen!
Ich staunte. Erstens formuliere ich nicht anders als mein Kollege (wenn es um Anwohner geht, schreiben wir beide „Anwohner“, ohne großes I und auch ohne „Anwohnerinnen“). Ich dachte immer, mit der einfachen Form dürften sich alle angesprochen fühlen. Wir wurden eines Besseren belehrt und gleich mit hilfreichen Sprachvorschlägen bedacht. Man müsse, wenn man das nicht wolle, ja nicht mal das große I verwenden. Eine neutrale Form wie „Studierende“ reiche durchaus.
Ich reichte eine etwas patzige Antwort zurück mit dem Inhalt, dass ich im Osten den Lehrberuf Maler (Anstreicher) gelernt hätte und die Berufsbezeichnung „Malerin“ doch eher irreführend wäre. Daraufhin handelte ich mir beim Frauenbeirat umgehend den Schimpfruf der Ostalgikerin ein. Dabei hatte ich noch gar nicht erwähnt, dass „Malende“ ja noch bescheuerter wäre.
Mein Kollege antwortete den Damen diplomatischer:
„Liebe Lesendenbriefschreibende, leider ist die Zeitung schon bei den Druckenden und wird ab morgen von den Liefernden an die Kleingewerbenden verteilt, die sie dann an die Anwohnenden weitergeben. So könnten wir Ihren Brief frühestens nach den Ferien der Schulbesuchenden veröffentlichen.“ Das erzeugte im Frauenbeirat aber leider auch keine bessere Stimmung.
Das große I fand ich immer schon extrem albern, aber ich kann es gar nicht mehr ertragen, seit wir damit gehörig auf die Schnauze gefallen sind. Es war das einzige Mal, dass unsere ansonsten prima Stadtzeitung peinlich im Hamburger „HOHLSPIEGEL“ auftauchte, weil eine frauenbewegte Autorin mal wieder die Shift-Taste verpasst hatte.
„50% der Mitarbeiterinnen sind weiblich.“ Eine Steilvorlage. Genau so eine Shift-Panne hatte ich immer befürchtet.
Was feministisch angeblich korrekt ist, ist einfach grammatischer Schwachsinn. Zeitformen scheinen für die Frauenbewegten keine Rolle mehr zu spielen. Meine Söhne lernen gerade Partizipien – was sollen sie, bitte schön, aus diesem -enden-Quark lernen? Ein Lesender ist nun mal etwas anderes als ein Leser. Wer schützt Autoren vor diesem Sprachirrsinn? Und warum liest man in feministisch bewegten Foren eigentlich nie von „VerbrecherInnen“?
Kluge Menschen haben jetzt für den politisch korrekten Universitäts- und Medienbereich eine Lösung gefunden. Ins Impressum setzt man einfach die Sätze: „Diese Publikation richtet sich sowohl an Frauen als auch an Männer. Zur besseren Lesbarkeit verzichten wir jedoch auf die jeweils zusätzliche Erwähnung der weiblichen Form.“
Damit, dachte ich, wäre die Sache geklärt. Aber es kam noch besser. Mich erreichte kürzlich der Leserbrief einer Akademikerin („Bachelor of Arts Gender Studies / Europäische Ethnologie / Kulturanthropologie“) mit dem revolutionären Vorschlag: Man solle besser „Leser_innen“ schreiben, weil diese Unterstrichvariante „die korrekte und vor allem gerechte Ausdrucksform ist. Denn diese beinhaltet alle Geschlechter, wohingegen ‚Leser’ eben nur ein einziges Geschlecht, ein männliches, verschriftlicht. Dies aber ist die Schriftform einer rückständigen und unreflektierten Gesellschaft.“ „Leser_in“ würde aber nicht nur Männlein und Weiblein berücksichtigen, sondern auch alle Trans-, Metro- und Intersexuellen. Der Brief schließt flammend mit: „Es ist Zeit. Zeit für Entwicklung. Denn wir ALLE sind Berlin.“
Whaaaa! Es gibt Tage, an denen ich meinen Beruf hasse. Und warum kommen solche Briefe immer auf nüchternen Magen?
Ich weiß nicht, ob bereits akademisch erforscht wurde, inwiefern Trans-, Metro- und Intersexuelle ganz besonders auf Unterstriche ansprechen, es ist ja auch ein relativ neues Zeichen in der Orthographie. Wir ahnen aber dumpf, dass uns für solche Schreibweisen in der Zeitung umgehend alle Lehrer lynchen würden, die mühsam versuchen, Kindern vernünftiges Deutsch beizubringen.
Den Vorschlag meines Kollegen, alle Konflikte zu umgehen, indem man einfach alles auf -i enden lässt (Lesis, Autoris, Schülis, Anwohnis, Arbeitis, Teilnehmis usf.) finde ich eigentlich sehr vernünftig. Davon dürften sich dann sogar Asexuelle nicht diskriminiert fühlen.
Schlagwörter: Frauen, Gendersprache, Männer, Ulrike Steglich