15. Jahrgang | Nummer 8 | 16. April 2012

Antworten

Joseph Stiglitz, US-amerikanischer Wirtschaftsnobelpreisträger – Der harte Sparkurs in vielen Ländern verstärke den Abschwung, Europa drohe deshalb die zweite Rezession in kurzer Zeit, haben Sie die fiskalischen Rigorismen in Euroland kommentiert. „Eine Überdosis Sparen macht alles nur schlimmer“, weiß mit Ihnen jemand, der immerhin Chefökonom der Weltbank war. Weltweit gebe es kein Beispiel dafür, dass Kürzungen von Löhnen, Renten und Sozialleistungen ein krankes Land genesen ließen. Schon weil Linke derselben Meinung sind, hat Ihr Appell an die Vernunft der Politik wohl keine Chance.

Margot Honecker, berentete Märtyrerin – man hört und liest immer wieder vom Phänomen der Altersweisheit: Dass diese an Ihnen so völlig vorübergegangen ist, bedauern wir  betrübten Herzens. Würden wir der in Ihren „besten“ Tagen gern gepflegten  Verschwörungstheorie noch frönen, müssten wir vermuten, dass Sie vom „Klassenfeind“ bezahlt werden; gäbe es „standhaft Unerschrockene“ wie Sie nicht, man hätte sie erfinden müssen.

Kim Jong Un, Oberster Führer – die kommode Zeit des Sohn-Seins ist für Sie nun wirklich vorbei. Nun müssen Sie, Ihren Vorvätern gleich, selbst Ihr Volk beglücken. Und damit gar nicht erst Dilettanten den Brei verderben können, laden Sie sich funktionell Last auf Last auf die eigenen Schultern. Außer „Erster Sekretär“ der Arbeiterpartei zu sein, sind Sie nun auch zum Vorsitzenden der zentralen Militärkommission und zum Mitglied des Politbüropräsidiums ernannt worden. Wir hoffen für Sie, dass Sie zu Hause nicht auch noch die Hausordnung übernehmen und den Gehweg fegen müssen.

Philipp Rösler, Wegweisender – Sie hätten, haben Sie verlautbart, die FDP inhaltlich neu ausgerichtet. Gut, dass Sie uns und noch mehr die Ihren dies wissen lassen, könnte es doch sein, dieser Kraftakt wäre sonst unbemerkt geblieben.

Jutta Ditfurth, klassenbewusste ÖkoLinke – Sie haben bei der Auftaktkundgebung zum Europäischen Aktionstag gegen den Kapitalismus eine kämpferische Rede gehalten, bei der der inkriminierte Kapitalismus berechtigterweise nicht gut weg kam. Nur eine Aussage hat uns einen gewissen Schauer über den Rücken gejagt. Der nämlich dass wir uns in einem Stadium gesellschaftlicher Entwicklung befänden, das es nötig und möglich mache „Humanismus radikal zu verwirklichen“. Wir wissen nicht, ob Sie unsere Zurückhaltung verstehen können – aber „radikal verwirklichten Humanismus“ hatten wir Ostelbier schon mal, von noch weiter östlich ganz zu schweigen.

Gerhard Schröder, Gazpromi – Sie fordern, wie zu hören ist, eine Agenda 2030, weil man „nur so“ der Überalterung der Gesellschaft entgegenwirken und Wachstum im Land fördern könne. Nun finden wir es durchaus richtig und notwendig, sich über die Zukunft unserer Gesellschaft weitsichtige Gedanken zu machen. Da der deutsche Otto Normalverbraucher aber erst Ihre „Agenda 2010“ durchleben durfte, sollten Sie nicht mit allzu viel Begeisterung für Ihre vehemente Forderung rechnen.

Handynutzer, in der U-Bahn nonstop plappernd – Du schnatterst seit mehreren Stationen mit Deiner Freundin, die Du – wie für alle zu erfahren ist – ohnehin gleich sehen wirst. Wie es scheint, funktioniert Gespräch auch ohne Inhalt. Ab und an gibst Du immerhin für alle zum Nachprüfen die letzte passierte Station durch. Vermutlich hast Du die Taste zum Ausschalten noch nicht gefunden. Überrasche doch Deine Freundin mal mit einer Gesprächspause (oder mit einem Gedanken).