15. Jahrgang | Nummer 5 | 5. März 2012

Antworten

Jens Knorr, Autor – Sehr geehrter Herr Knorr, wir haben leider – und das ist natürlich unser Fehler – gerade erst realisiert, dass Sie Stamm-Autor der JUNGEN FREIHEIT sind. Toleranz ist uns ein hohes Gut, aber sie hat Grenzen. Hier ist eine überschritten: Autorenschaften dort und bei uns schließen sich aus. Wir bitten daher, von weiteren Zusendungen abzusehen.

Christian Wulff, Ex-Bundespräsident und Schnäppchen-Jäger – Nun steht es endlich fest, dass Sie aus politischen Gründen Amtsverzicht geleistet und damit Anspruch auf knapp 200.000 Euro Ehren-Apanage jährlich haben. Bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 78 Jahren für Männer Ihrer Altersstufe, die wir Ihnen von Herzen gönnen, also die Lebenserwartung, kommen da etwa fünf Millionen Euro auf Sie zu. (Am Rande bemerkt: Aus dem allgemeinen Steuersäckel – aber das sind Sie uns allemal wert!) Vielleicht sollten Sie, wie das bei anderen Rentenversicherungen ja auch möglich ist, einmalige Kapitalabfindung wählen und sich auf die alten Tage wenigstens ein anständiges Domizil zulegen. Man gönnt sich ja sonst nichts. Zum Leben wird es schon trotzdem reichen, und zur Not – wozu hat man Freunde?

John Maynard Keynes, einstiger Weltökonom – Ihr  analytisch-definitorisches Komprimat in Sachen Kapitalismus gehört immer mal wieder wiederholt, was hiermit also geschieht: „Der Kapitalismus basiert auf der merkwürdigen Überzeugung, daß widerwärtige Menschen aus widerwärtigen Motiven irgendwie für das allgemeine Wohl sorgen werden.“ Präziser geht’s wirklich nicht.

Rick Santorum, US-republikanischer Präsidentschaftskandidat – Sie haben Obama den Religionskrieg erklärt. Als „Jesus-Kandidat“ kämpfen Sie im Gefolge dieser Selbsterhöhung gegen Sex außerhalb der Ehe, gegen Abtreibung, gegen die Schwulenehe und überhaupt gegen alles, was Sie nicht aus der Bibel ableiten können. Wobei, Sie erinnern unsereinen an jene Passagen der Heiligen Schrift vor und nach der Sintflut, die da lauten: „Der Herr sah, wie groß die menschliche Bosheit auf Erden war, und daß jegliches Gebilde ihrer Herzensgedanken allzeit nur böse war. Es reute ihn, den Menschen gemacht zu haben auf Erden, und er bekam Kummer in seinem Herzen.“ Vor der Sintflut: (Genesis 6,5/6,6). Und: „Ich will fortan nicht noch einmal die Erde verfluchen um des Menschen willen; denn der Trieb des menschlichen Herzens ist zum Bösen geneigt von Jugend an.“ – Nach der Sintflut: (Genesis 8,21). Seither hat der HERR es wohl aufgegeben, seine missglückte Schöpfung selbst auszurotten; er hat es längst ihr selbst überlassen; wie´s scheint, mit zumindest langfristigem Erfolg. Sollten Sie je gewählt werden, Rick Santorum, ist Ihnen ein Anteil daran vermutlich gewiss.

Volker Pispers, Kabarettist – Sie sind der Auffassung, dass SPD und Grüne in dem Glauben, Joachim Gauck sei einer der ihren, mit dessen erneuter Nominierung folgerichtig weniger die Kanzlerin vorgeführt als vielmehr sich selbst entlarvt haben: „Joachim Gauck hat Hartz IV gelobt, Thilo Sarrazin als mutig bezeichnet und die Proteste der Occupy-Bewegung gegen die Banken und den das Leben von immer mehr Menschen ruinierende Kapitalismus als lächerlich und albern abgetan.“ Da wisse man doch, woran man ist. Wir wollen Ihnen da gar nicht widersprechen.

Christa Luft, Ruferin in der Wüste – „Abschied zu nehmen gilt es vom Ideenabsolutismus. Ein Ende muss die Verkündung ewiger Wahrheiten haben. Es geht um das Angebot mobilisierender alltagstauglicher Alternativen“, haben Sie einen ND-Beitrag über Alternativen zum Realkapitalismus beschlossen. Das klingt wohltuend hoffnungsvoll, dürfte in einer Kirche, zu dem als Marxismus die Marxisten Marx gemacht haben, allerdings auch weiterhin ein zeitraubender Prozess bleiben.

Die Rote Fahne, sozialistische Zeitschrift – „Sektierst Du noch oder kämpft Du schon? Raus aus dem Sekten-Ghetto!“ fordern Sie auf Ihrer Homepage entschlossen. Das Anklicken des gleichlautenden Links leitet dann weiter auf das Impressum und in dem ist dann folgender Satz zu lesen: „Tragen Sie aktiv dazu bei, Die Rote Fahne als führendes antiimperiales Pressemedium und Kommunikationsplattform im deutschsprachigen Raum zu stärken.“ Schön, wenn die eigene Führung schon mal feststeht, und ganz gewiss ohne jedes Sektierertum.

Siegfried Jacobsohn, Gründer und Herausgeber der Schaubühne und der Weltbühne – Sie halten in Ihrem Briefwechsel mit Kurt Tucholsky immer wieder Erkenntnisse, Erfahrungen, Verhaltensweisen und Managementkniffe bereit, die auch uns Nachgeborenen frommen. So Ihre Art, resignativen Anflügen von Autoren zu begegnen. Unter dem Datum 21. Juni 1924 stellten Sie an Tucholsky die rhetorische Frage, warum er einen bestimmten Beitrag nicht schreiben wolle. Und fuhren anschließend fort: „Weils nicht hilft? Was hat denn schon geholfen? Wenn das der Maßstab wäre, dürfte ich kein Heft mehr erscheinen lassen.“ Wir halten es auch diesbezüglich ganz mit Ihnen.