von Wolfgang Brauer
Christopher Clark, Untertan der Queen of Australia und Geschichtsprofessor in Cambridge, hielt am 24. Januar den Geburtstagsvortrag für eine 300 (dreihundert!) Jahre alte Majestät in einem Konzerthaus, das einmal ein Schauspielhaus war und schön klassizistisch aussieht, aber in seinem Inneren mit Karl Friedrich Schinkel genauso viel zu tun hat wie das Innenleben der Lindenoper mit Knobelsdorff – rein gar nichts. Das Konzerthaus war allerdings gut gefüllt mit allerlei wichtigen Leuten. Ältere Herrschaften überwogen. Altbürgermeister, Altbundespräsidenten, Altbundestagsabgeordnete, Altsenatoren und Minister a.D., Altadel, Professoren i.R.. Man kannte sich und folgte schmunzelnd dem Festredner, der sich dazu hinreißen ließ, unseren großen König – um Friedrich den Großen natürlich ging es – in einem Atemzuge mit Marylin Monroe und Campbell’s Tomato Soup quasi als Ikone der Pop-Kultur zu würdigen. Weil Andy Warhol FRIDERICUS REX einmal so zu Papier gebracht hatte. Clark sagte auch Ernsthafteres. Der drohenden Wertungsklemme entzog er sich allerdings elegant durch die Würdigung eines Berufskollegen, nämlich des Geschichtsschreibers Friedrich. Und die Staatskapelle Berlin spielte Friedrichs D-Dur-Sinfonie gar hübsch und es gab vier (!!!) Begrüßungsreden. Das Festpublikum wurde begrüßt von Klaus Wowereit, Regierender Bürgermeister von Berlin – böse Zungen nennen ihn „König Klaus“. Der begrüßte gut republikanisch und flüssig alle Anwesenden, dann fiel ihm noch etwas ein (gut einstudiert, kennen wir: „Ach, ich hab da noch einen Zettel!“) und er freute sich noch über die Anwesenheit der Familie Hohenzollern, na und dann hatte er es endlich gesagt: „Georg Friedrich Prinz von Preußen, Chef des Hauses…“ Seinem Kollegen Matthias Platzeck aus Potsdam ging das entschieden leichter von der Zunge – Begrüßung Nummero zwei –, der ist den Umgang mit der Königlichen Hoheit vom Berliner Balkon an der Havel her gewöhnt. „Königliche Hoheit“ hätte er übrigens sagen müssen, einem Prinzen (und potenziellen Thronfolger, weil auf die preußische Krone hatte Wilhelm II. seinerzeit nicht verzichtet, nur auf die kaiserliche) steht das schließlich zu. Dafür erzählte Ministerpräsident Platzeck etwas von der interessanten Spannung an diesem Orte zwischen Kunst (er meinte Honeckers Schinkelinterieur und die ehemalige Hofkapelle) und Polizei. Damit meinte er den Gendarmenmarkt. Der hat allerdings nichts mit Polizisten zu tun. Hier standen einst die Pferdeställe des Kürassierregiments „Gens d’armes“ des Soldatenkönigs. Eine Elitetruppe, in der auch der arme Leutnant Katte, der für Friedrich den Schädel hinhalten musste (DAS BLÄTTCHEN 02/2012), diente. Platzeck äußerte auch, dass die DDR mit Friedrich und den Preußen so gar nichts am Hut gehabt habe – und wurde gleich zweimal korrigiert. Sogar vom hohenzollernschen Hauschef höchstderoselbst, der in seinem Grußwort – Nummero vier im Protokoll – gar possierlich davon erzählte, wie einstmals der DDR-Kulturminister Hans Bentzien die Sarkophage von Friedrich und den seines Papas aus Hechingen wieder nach Potsdam holen wollte. Irgendetwas stimmte da mit der Chronologie nicht, aber die kommunistische Königs-Vereinnahmung scheiterte sowieso am Widerstand des Papas von SKH Georg Friedrich. Dabei hätte die NVA zur Freude des Siegers von Leuthen wohl einen perfekteren Zapfenstreich zu Sanssouci hingelegt als diese schlecht trainierten Menschen der Bundeswehr im Jahre 1991. Selbst der Bundespräsident relativierte die Sache mit der DDR, indem er unterstellte, dass die westdeutschen Kids wohl auch nicht besser über Friedrich Bescheid gewusst hätten als die Klassenkameraden des DDR-Schulknaben Platzeck. Leider verkürzte unser Staatsoberhaupt – Begrüßung Nummero drei im Protokoll –die Begrüßungsformel recht jakobinerhaft auf „hochverehrte Festgäste“. Königliche Hoheit hätte er sich wenigstens abringen können. Schließlich wartete alles auf ein Zeichen präsidialer Demut! Sonst sprach er kluge Dinge aus, die so gar nicht zur Zielbestimmung des staatlichen Aktes durch den Berliner Nachfolger von Majestät passen wollten. Klaus Wowereit meinte nämlich, „wir wollen daran arbeiten, dass das Geschichtsbild sich ändert.“ Das wurde denn auch am 24. Januar 2012 im Konzerthaus zu Berlin getan. Und jetzt sind erstmal die Schlösser und Garnisonskirchen dran. Dann schaun wir mal, Seine Königliche Hoheit sind noch jung …
Schlagwörter: Christopher Clark, DDR, Fridericus Rex, Klaus Wowereit, Matthias Platzeck, Wolfgang Brauer